Historical Weihnachten Band 01: Das Geschenk der heiligen Nacht / Die Winterbraut / Licht der Hoffnung
war aus Seide, und es fand sich auch nichts allzu Farbenfrohes darunter.
„Danke“, flüsterte Joan und schickte die Frau fort, dann zog sie das braune Wollhemd und ein schweres, rotbraunes Kleid an. Diese Kleidung war praktisch und hielt sie zudem gegen die Kälte warm.
Letitia regte sich und öffnete die Augen. Offenbar benötigte sie einen Moment, ehe sie sich erinnerte, wer Joan war. Dann hellte sich ihr Gesicht auf, und sie sagte freundlich: „Oh! Ich bin mir sicher, wir finden etwas, das Euch besser steht, Lady Joan.“ Sie stieg aus dem Bett, aber Joan winkte ab.
„Ist schon gut. Ich gehe nach draußen, also ist etwas Wärmendes genau richtig.“
Letitia ließ sich das nicht zweimal sagen, sondern legte sich sofort wieder unter ihre Decken und Felle. „Wenn Ihr nach draußen geht, dann braucht Ihr mehr als das. Ich leihe Euch meinen Pelzumhang. Ich bestehe darauf.“
Joan wollte zunächst ablehnen, tat es dann aber doch nicht. Schließlich war es nur eine Leihgabe, außerdem vermutete sie, dass Lady Blanche schon ein Auge darauf haben würde.
Sie schnürte den Gürtel zu, als Letitia plötzlich fragte: „Was ist zwischen Euch und meinem Bruder geschehen?“
Es war die Frage, die niemand sonst gestellt hatte.
„Ihr wisst, was geschehen ist.“
Letitia schüttelte den Kopf. „Er ist Euretwegen in einer seltsamen Stimmung.“
Joan wollte keinen Ärger verursachen. „Er betrachtet mich als seinem Schutz unterstellt. Er möchte mich nicht an meinen Onkel zurückgeben.“
„Ich hatte gehofft, er könnte sich in Euch verliebt haben.“
Mit einem überzeugend klingenden Lachen antwortete sie: „Das wohl kaum.“
„Liebe folgt keiner Logik. Er sah Euch gestern Abend ein- oder zweimal so an, als ob … nun ja, als ob eben.“
Joan wollte nicht länger über dieses Thema reden, doch es wäre unhöflich gewesen, mitten in der Unterhaltung den Raum zu verlassen. Stattdessen stellte sie eine Gegenfrage: „Seid Ihr nicht verheiratet, Lady Letitia?“
„Ich war verlobt, doch er starb an einer eiternden Wunde.“
Joans Herz setzte einen Schlag lang aus. So etwas konnte jedem widerfahren, einem einfachen Mann ebenso wie einem Adligen. „Es tut mir leid“, sagte sie, während sie am liebsten losgelaufen wäre, um sich davon zu überzeugen, dass Lord Edmund noch wohlauf war.
„Mir auch. Er war ein liebevoller Mann, und einer wie er ist mir seitdem nicht mehr begegnet.“
Von Trauer erfüllt, setzte sich Joan zu ihr aufs Bett. „Wie lange ist es her?“
Letitia drehte sich auf den Rücken. „Zwei Jahre. Mutter führt mir seitdem reiche und gut aussehende Männer vor, als würde sie Zuchtbullen aufmarschieren lassen, doch Edmund lässt nicht zu, dass sie mich zu einer Heirat drängt.“
„Sie möchte, dass Ihr wieder glücklich seid.“
„Sie will auch, dass ich reich heirate. Es ist ihr ganzer Stolz, wenn ihre Nachkommen reich heiraten. Es wird ihr nicht gefallen, dass ihr jüngerer Sohn nun mit Nicolette de Montelan liiert ist.“
„Da gibt es nun keine andere Lösung mehr.“
„Ist Lady Nicolette eine starke Frau?“
Joan wusste, was die Frage bedeutete. „Nicht in diesem Sinne, aber Ed… Lord Edmund sagte, sie würden nach der Hochzeit woanders leben … auf einem seiner kleineren Anwesen.“
„Und niemals zurückkehren. Das wird für sie sehr schwer werden. Und auch für Gerald.“
„Die beiden haben selbst über ihr Schicksal entschieden“, sagte Joan düster.
Letitia betrachtete sie nachdenklich. „Heißt das, es gibt keine Chance, dass Euch ein ähnliches Schicksal erwartet?“
Joan merkte, wie ihre Wangen zu glühen begannen, und stand auf. „Ganz sicher nicht.“
„Oh“, machte Letitia und wickelte sich in ihre Decken. „Wollt Ihr damit sagen, der Goldene Löwe ist für Euch nicht im Mindesten anziehend? Das macht Euch zu einer sehr ungewöhnlichen Frau.“
„Das hat er auch über mich gesagt.“ Joan musterte Letitias verblüffte Miene und begann zu lachen. „Ihr habt völlig recht. Es gibt Naturgewalten, denen sich niemand widersetzen kann. Natürlich liebe ich Euren Bruder, aber meine Hoffnungen in Bezug auf ihn sind völlig vergebens.“
Mit diesen Worten stand sie auf und verschwand aus dem Zimmer.
Die Burg war ihr zwar fremd, dennoch konnte sie sich kaum verlaufen. Im großen Saal nahm sie sich vom Brot und vom Käse, die mit anderen Speisen zum Frühstück angerichtet worden waren, dann betrachtete sie mürrisch das Bethlehem-Banner.
Zwei
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