Historical Weihnachten Band 01: Das Geschenk der heiligen Nacht / Die Winterbraut / Licht der Hoffnung
Verletzungen heilen, deshalb habe ich keinen Grund zur Klage.“
„Ihr könntet Euch erneut verletzen, wenn Ihr heute wieder reitet.“
„Hildebrand, mein Arzt, hat mich gut versorgt, und er glaubt, beim Reiten wird keine der Wunden aufplatzen.“
Sie konnte sich den Schmerz vorstellen, und sie vermutete, dass er all seinem Reichtum zum Trotz auch früher in seinem Leben nicht davon verschont geblieben war. Obwohl sie wusste, welcher Schmerz sie erwartete, wollte sie so schnell wie möglich fort von hier. Dieser Ort war für sie zu prachtvoll und verschwenderisch, und Edmund stellte für sie eine zu große Versuchung dar. Sogar jetzt wollte sie sich zu ihm vorbeugen, um sein Haar zu berühren, seinen Schmerz zu lindern, um von ihm berührt zu werden …
Stattdessen setzte sie sich gerade hin und legte die Hände in den Schoß. „Ihr wolltet mir etwas mitteilen, Mylord?“
„Gestern Abend spracht Ihr davon, dass Ihr mir etwas sagen wolltet, Lady Joan.“
Es waren ernüchternde Worte. Ein alberner Teil ihres Verstands hatte sie glauben lassen, er habe sie zu sich gerufen, weil er sie brauchte, weil er sie aller Hoffnungslosigkeit zum Trotz doch noch ein letztes Mal sehen wollte. Tatsächlich jedoch gewährte er ihr lediglich großzügig ihre Bitte um eine Audienz.
Sie schaute sich um. Die Anwesenden waren zweifellos Männer, denen er vertrauen konnte und vor deren Augen er ständig private Angelegenheiten erledigen musste, dennoch sagte sie: „Ich bitte um ein Gespräch unter vier Augen, Mylord.“
Eine winzige Geste mit der Hand genügte, um jeden der Männer zu einer tiefen Verbeugung zu bewegen, ehe sie dann allesamt den Raum verließen. Joan schaute zu, wie der letzte von ihnen die Tür hinter sich schloss, dann wandte sie sich wieder Edmund zu. „Das muss alles sehr ermüdend sein.“
Er lachte kurz auf. „Und doch kenne ich es nicht anders.“
In seinem Rücken lagen dicke Kissen, die ihm halfen, bequem im Bett zu sitzen. Er trug eine rote Robe, hatte aber die Decke über sich gezogen. Sein volles, welliges goldblondes Haar lag auf seinen breiten Schultern, und da Joan ihn zum ersten Mal in aller Ruhe bei Tageslicht betrachten konnte, stellte sie fest, dass seine Augen gar nicht so leuchtend blau waren, wie sie angenommen hatte. Vielmehr wurde ihr Blau von einem Grau- und vielleicht sogar einem Grünstich gedämpft, was sie sanfter und auf eine unerklärliche Weise beruhigender wirken ließ.
„Was denkst du gerade?“, fragte er.
„Ich denke, dass ich nach der Frage ein unausgesprochenes ‚du elendes Weib‘ gehört habe.“ Als er den Mund zu einem Lächeln verzog, fuhr sie fort: „Und ich hatte gedacht, der Goldene Löwe müsse leuchtend blaue Augen haben. Aber mir gefallen sie besser, so wie sie sind.“
Sie setzte sich links von ihm hin, sodass er eine Hand nach ihr ausstrecken konnte, ohne Schmerzen aushalten zu müssen. Obwohl sie wusste, dass es nicht klug war, legte sie ihre Hand in seine, doch bei der ersten Berührung seiner Finger auf ihrer Haut fühlte sie, wie etwas in ihr dahinschmolz.
„Nicht“, sagte sie, da sie in Tränen auszubrechen drohte, und zog ihre Hand fort.
„Bitte.“
„Nicht einmal eine Berührung?“
„Wenn ich deine Mutter richtig einschätze, wird sie herkommen, sobald sie erfährt, dass wir allein sind. Ich möchte sie nicht verärgern.“
Er dachte einen Augenblick nach, dann lehnte er sich zurück. „Wie du wünschst, meine kluge und dumme Jungfrau. Was wolltest du mir sagen? Ich nehme an, es hat mit dem Banner zu tun.“
Ihm war anzusehen, wie er sich darauf gefasst machte, eine Weigerung auszusprechen – die Weigerung, nachzugeben, seinen Schwur zu brechen. Es war ihm so deutlich anzusehen, dass sie fast ihre Worte zurückgehalten hätte. Er würde nie verstehen, was sie von ihm wollte.
„Sag es mir, Joan. Sag mir deine ehrliche Meinung und benutze deine spitze Zunge.“
Seine Bemerkung bewirkte, dass sie vor Verlegenheit errötete, doch sie hielt seinem Blick stand. „Ich weiß, du wirst mich für verrückt erklären, aber als ich das Banner im Saal hängen sah, da erinnerte es mich an Jesus, wie er am Kreuz hing.“
„Der Rahmen, an dem das Banner hängt, soll tatsächlich an ein Kreuz erinnern“, sagte er ernst. „Er enthält Splitter des echten Kreuzes.“
Sie schüttelte den Kopf. „Das meinte ich damit nicht. Mir kam es vor, als sei das Banner dort … nun, gefangen. Als hätte man es dort hingehängt, um es zu
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