HISTORICAL WEIHNACHTEN Band 01
Pferd, Sir“, erwiderte Giles nervös. „Es ist krank, Sir. Es atmet sehr angestrengt.“
Rafe wurde bleich, sagte aber kein Wort, sondern stürmte aus dem Saal, als sei die Barbarenhorde nun ihm auf den Fersen.
Mit der Medizinschachtel unter dem Arm rannte Katherine hinter ihm her. „Oh, Cassius“, murmelte Rafe, als er seinen armen Hengst sah, der schwer atmend auf dem Stroh in seiner Box lag.
Er kniete neben dem Tier nieder und strich ihm über den Leib, der sich bei jedem angestrengten Atemzug hob und senkte. „Wann hat er sich hingelegt?“, fragte er den Jungen, der sich in seiner Nähe aufhielt und ihn beunruhigt ansah.
„Kurz nachdem Ihr weggegangen seid“, antwortete Egbert im Flüsterton.
Rafe verfluchte sich stumm. Ihm war schon am Morgen aufgefallen, dass etwas mit Cassius nicht stimmte, doch er hatte den rasselnden Atem des Pferdes ignoriert, um sich mit den Bediensteten eine Schneeballschlacht zu liefern und dann mit einer Frau zu schäkern, die so kalt war wie der Schnee. Und die ganze Zeit über hatte sein treues Pferd gelitten.
Eigentlich hätte Cassius schon vor Jahren das Gnadenbrot bekommen müssen. Er war viel zu alt, um noch einen Ritter mitsamt Rüstung zu tragen, und erst recht war er zu alt, um ebendiesen Ritter in Turniere zu begleiten. Hätte er doch bloß Land besessen, dann könnte Cassius seinen Lebensabend auf einer grünen Weide verbringen, wie es für ein edles Streitross angemessen war, anstatt einen Mann kreuz und quer durch England zu tragen, der nur die nächste Gelegenheit suchte, um sich zu beweisen.
Rafe sah zu Lady Katherine hoch, die sich neben ihn stellte. „Es ist eine Anschwellung in seinen Lungen“, erklärte er. „Ich hätte gestern nicht mehr so weit reiten dürfen.“
„Ihr klingt so, als wüsstet Ihr sehr sicher, was ihm fehlt.“
„Ich habe viele Jahre mit Pferden verbracht, Mylady, und auch mit Rittern. Mehr als einmal bekam ich bei Turnieren zu hören, ich sollte doch aufhören damit und stattdessen Pferdehändler werden, weil ich von diesen Tieren mehr verstehe als vom Kämpfen.“
Sosehr ihn diese spitzen Bemerkungen zu jener Zeit auch geärgert hatten, würde er sie auf der Stelle vergessen, wenn sein Wissen ihm helfen konnte, Cassius zu heilen.
Sein Blick fiel auf die Schachtel mit den Arzneien. „Habt Ihr Bergminze?“
„Ihr gebt einem Pferd Bergminze?“, entgegnete sie verwundert.
„Warum nicht? Es löst die verkrampften Atemwege.“
„Ich weiß, aber ich habe noch nie gehört, dass man ein Pferd damit behandelt. Wie viel davon gibt man ins Wasser? Wie oft sollte Cassius davon trinken? Zu viel könnte mehr schaden als gar keine Bergminze.“
„Ich werde Cassius’ Gewicht an dem eines sehr großen, schweren Mannes messen.“
„Ja, das könnte funktionieren“, gab sie beeindruckt zurück – nicht nur von seiner Meinung zur Bergminze, sondern auch von seinem völlig veränderten Auftreten. Von dem Possenreißer war nichts mehr geblieben, an seine Stelle war ein intelligenter, mitfühlender Mann getreten, der eindeutig wusste, was er tat.
„Ich werde ihm das Mittel so geben, wie Ihr es vermutlich Euren Mädchen verabreicht, also bei Sonnenaufgang, zur Mittagszeit und bei Sonnenuntergang.
Notfalls auch öfter, wenn sich seine Atmung verschlechtert.“
Sie nickte.
„Ich kann für die Bergminze bezahlen.“
Sofort versteifte sie sich ein wenig, da er offenbar glaubte, sie würde seinem Pferd die Medizin vorenthalten. „Ich werde Euch die Arznei nicht verweigern, wenn Ihr so verzweifelt seid. Außerdem haben wir bald Weihnachten, und in der Zeit sollte sich jeder gute Christ von seiner großzügigen Seite zeigen.“
Sein Blick wanderte zur Seite. „Verzeiht mir, Mylady. Aber wie Ihr selbst sagtet, ich bin verzweifelt. Ist die Bergminze dort drin?“ Er wollte nach ihrer Schachtel greifen.
Schnell zog sie die Schachtel weg. „Nur ich öffne sie.“ Als sie seine erschrockene Miene sah, redete sie etwas sanfter weiter. „Hier drin befinden sich Mittel, die einen Menschen sehr krank machen können, wenn sie falsch angewendet werden“, erklärte sie ruhiger.
„Gifte, richtig?“
„Nein, etwas Derartiges findet sich nicht in dieser Schachtel“, antwortete sie, stellte sie auf einen Futtertrog in ihrer Nähe und öffnete sie, um die Bergminze herauszuholen. „Es ist nur so, dass ich die Neugier der Mädchen gewohnt bin, die vor nichts haltmacht. Ich werde in die Küche gehen und sofort einen Trank zubereiten.“
Er
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