Historical Weihnachten Band 6
herangewagt, wenn sie sich damit ihre Freiheit erkaufen konnte. „Ja, Onkel, das bin ich.“
„Dann bin ich einverstanden, Giselle.“
Erleichtert sprang seine Nichte auf, verbeugte sich hastig und versicherte: „Ihr werdet sehen, lieber Onkel, alles wird zu Eurer Zufriedenheit verlaufen. Aber jetzt entschuldigt mich bitte, ich habe noch viel zu tun.“
Sir Wilfrid sah ihr nach, wie sie den Saal in Richtung der Großen Halle durchquerte.
Sie war zart und wunderschön, aber auch dickköpfig und eigenwillig. Ihr einmal nachzugeben war ein Risiko, konnte es doch weiteres Aufbegehren Giselles nach sich ziehen. Allerdings – die Gefahr, dass sie Sir Myles Buxton ablehnen würde, wenn sie ihn erst einmal kennengelernt hatte, war verschwindend gering. Keine junge Dame, die noch einigermaßen bei Verstand war, würde das tun. Nicht einmal Giselle.
Ein paar Wochen vergingen, und Giselle stürzte sich mit Begeisterung in ihre neue Aufgabe. Der frostig-feuchte Winter war inzwischen eisig und bitterkalt geworden, und so musste sie mehr Vorräte anlegen als bislang geplant, um die Versorgung der Gesellschaft nicht zu gefährden. Der Niederschlag der vergangenen Tage war in der letzten Nacht zu einer dicken Eisschicht gefroren, die Innenhof und Vorplatz der Burg bedeckte. Etliche Lieferantenkarren waren bereits im Matsch der aufgewühlten Wege stecken geblieben. Einige der Gäste waren wegen des zu erwartenden schlechten Wetters schon früher angereist, andere wiederum würden später als angekündigt eintreffen. Giselles sorgsame Planung hinsichtlich der Unterbringung und der Verköstigung der Besucher drohte allmählich ins Wanken zu geraten, und sie musste improvisieren.
Iestyn, der Küchenmeister, sollte ihr dabei helfen, doch er lamentierte in einem fort nur über die faulen Dienstboten, den Fisch, der seiner Ansicht nach nicht frisch geliefert worden war, und die schwindenden Salzvorräte. Sein Hoheitsgebiet, die Küche, sah aus wie Vater Pauls Beschreibung der Hölle, als Giselle sie betrat. Obwohl die oberen Fensterflügel alle geöffnet waren und kalte Luft von draußen hineinströmte, war es drinnen heiß und stickig.
Auch die Betriebsamkeit der Köchinnen, der Küchenmägde und – jungen hatte beinahe etwas Verstörendes. Ein paar Knaben drängten sich mit Mehl- und Weinfässchen, Obstkörben und Kisten mit gedörrtem Fisch durch die Enge. Zwei weitere drehten die Spieße mit Ochsen- und Hammelfleisch über einer Feuerstelle und gaben dabei sorgsam acht, dass das Fleisch nicht verbrannte und der herabtropfende Saft nicht vergossen wurde. Am Ende des großen Holztisches redeten und lachten zwei Burschen, während sie im Takt mit Mörser und Stößel Gewürzkräuter stampften.
Drei kräftige Mägde mit muskulösen Oberarmen standen in ihren neuen weißen Schürzen neben ihnen vor einer bemehlten Fläche und kneteten verschiedene Teige für Kuchen, Brot und Pasteten. Und in dem ganzen Gewühl schlängelte sich die Küchenkatze mit hocherhobenem Schwanz unter den langen schweren Eichenholztischen hindurch und schlug mit ausgefahrenen Krallen nach einem der Jagdhunde, mit denen sie sich ihr Revier teilen musste.
Alles in allem herrschte eine Atmosphäre höchst konzentrierter, aber unterschwellig freudig erregter Betriebsamkeit. Es war Weihnachten, und wenn die Arbeit erst einmal getan war, gab es zum Lohn ein besonders schmackhaftes Brot, reichhaltigeres Essen und besseren, feineren Wein als sonst. Wenn das Mahl serviert war, würden sie die Küche ganz für sich allein haben und auf ihre Weise mit Musik, Tanz und Spielen feiern können. Eure Herrschaft drückte gern ein Auge zu, wenn sie nur am nächsten Morgen wieder alle frisch zur Stelle waren. Zwölf Tage im Jahr herrschte Ausnahmezustand im Hause. Wenn sie vorüber waren, ging alles wieder seinen gewohnten Gang.
Zunächst aber musste Giselle den aufgeregten Küchenmeister beruhigen. „Fisch und Salz werden heute noch geliefert, Iestyn, mach dir keine Sorgen.“ Der Koch wischte sich mit einem Zipfel seiner Schürze die Schweißperlen von der Stirn. „Ihr wisst, Mylady, der Steinbutt soll heute Abend serviert werden. Er ist der frischeste Fisch, den wir für Geld kaufen konnten.“
„Und so soll es auch sein, mein lieber Iestyn, schließlich soll niemand meinen Onkel für einen Geizhals halten.“
Der Koch brach in brüllendes Gelächter aus und hielt sich den runden Bauch, der dabei wie Gelee wabbelte. „Einen Geizhals, Mylady, der Witz ist
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