Historical Weihnachten Band 6
Gabe bedankt, Sir Myles. Was erwartet Ihr darüber hinaus?“
„Auf keinen Fall die Geringschätzung, die Ihr geruht, durchblicken zu lassen.“
Da konnte er lange warten. Trotzig verschränkte Giselle die Arme vor der Brust.
„Ich bin der Mann, den Ihr heiraten werdet, und ich frage mich, warum Ihr mich unbedingt schon vorher verärgern wollt. Ehrlich gesagt, ich hätte Euch für klüger gehalten.“ Das Tappen seines Fußes auf dem Steinboden verriet, wie gereizt er war, trotzig wie ein kleiner Junge, der seinen Willen nicht bekam. Wenn er sich so unreif verhielt, verdiente er keine ernsthafte Auseinandersetzung. Mit gespielter Reue schlug Giselle sich an die Stirn.
„Oh verzeiht mir! Ich hätte Euch natürlich die Stiefel küssen müssen, den Saum Eures Umhanges! Zu keiner Zeit auf der ganzen Welt hat eine junge Dame je so etwas Wunderbares geschenkt bekommen! Wie konnte ich nur, ich Undankbare! Natürlich“, fuhr sie weniger theatralisch, dafür aber ziemlich ironisch fort, „habt Ihr all die wunderbaren Gaben ganz für mich persönlich ausgesucht und nicht etwa, um Euren Wohlstand und Euren guten Geschmack ins rechte Licht zu rücken.“
„Ich finde den Verlauf unserer Unterhaltung nicht gerade amüsant, Mylady.“
„Ebenso wenig, wie mir Eure Geschenke gefallen, Mylord.“
„Das war nicht zu übersehen.“
„Dann gestattet mir, sie Euch zurückzugeben.“
„Brautgeschenke gibt man nicht zurück.“
„Doch, wenn man gar nicht vorhat zu heiraten.“
Er sah sie verwirrt an. „Was meint Ihr damit, Mylady? Der Vertrag ist bereits gemacht.“
„Aber noch nicht unterschrieben.“
„Das wird in Kürze geschehen.“
Er schien sich seiner Sache so sicher, dass Giselle für einen Augenblick Zweifel kamen. Ihr Onkel hatte sich mit Sir Myles an seinem Ankunftstag hier in seinem Privatgemach getroffen, und wenn man Mary glauben durfte, war es eine ziemlich lange Unterredung gewesen. Was hatten die beiden besprochen? Sir Wilfrid konnte doch unmöglich so scheinheilig sein, das Abkommen, das er mit ihr getroffen hatte, zu ignorieren. Nein, das war nicht seine Art. Er hätte sie von seinem Sinneswandel unterrichtet, wenn er sich auf einmal doch anders besonnen hätte.
„Verlasst Euch besser nicht darauf, Sir Myles.“
Er fuhr von seinem Stuhl hoch und sah aus, als wolle er gleich ein unsichtbares Schwert zücken. „Was ist das für ein Unfug? Euer Onkel hat nichts von einer Änderung unserer Vereinbarung erzählt.“
„Und doch gibt es eine.“ Giselle sah ihm fest in die Augen. Er sollte nicht glauben, dass er sie einschüchtern konnte. „Ich kann die Verbindung ablehnen.“
„Ihr könnt was ?“
„Mein Onkel hat mir ein Mitspracherecht eingeräumt für den Fall, dass ich ernste Vorbehalte gegen Euch habe.“
„Das ist das Lächerlichste, was ich je gehört habe!“, empörte sich Sir Myles, doch Giselle blieb gelassen.
„Mag sein, dennoch ist es wahr.“
Etwas änderte sich schlagartig in seinem Verhalten. Auf einmal schien er nicht mehr erbost, sondern zerknirscht, geradezu entmutigt.
„Dann muss ich also annehmen, dass Ihr mich genauso inakzeptabel findet wie die Geschenke, die ich Euch gemacht habe.“
Es war nicht leicht mit ihm. Erst machte er Giselle wütend, und im nächsten Augenblick appellierte er an ihr weiches Herz.
„Inakzeptabel seid Ihr nicht, Sir Myles“, erwiderte sie langsam. „Ihr seid männlich und gut aussehend, das steht außer Frage. Was ich mit meinem Onkel vereinbart habe, hat nichts mit Euch persönlich zu tun. Ich bin nur noch nicht bereit zu heiraten und wünsche mir jetzt erst einmal ein Leben in Freiheit.“
Er seufzte, ging um den Tisch herum zu Giselles Stuhl und strich mit den Fingern über die hohe Lehne. „Unabhängig von meiner Person also.“
Giselle stand auf, drehte sich zu ihm herum und berührte sanft seinen Arm. „So ist es. Mit Euch hat das nichts zu tun. Das war es, was ich Euch eben erklären wollte. Sie müssen mich verstehen, ich habe zehn Jahre bei Lady Katherine verbracht und bin bei ihr durch eine harte Schule gegangen. Sie hatte höchste Ansprüche an die jungen Adelsfrauen in ihrer Obhut, strenge Maßstäbe, die sie unerbittlich durchgesetzt hat. Wir sind damit zurechtgekommen, denn wir waren nicht allein. Ich hatte Freundinnen, mit denen ich meinen Kummer teilen konnte, die mir unheimlich viel bedeutet haben. Dann aber gingen sie weg, eine nach der anderen, um zu heiraten. Seitdem habe ich sie nie wieder gesehen, auch
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