Historical Weihnachten Band 6
versichert, Weihnachtswünsche würden bestimmt in Erfüllung gehen, besonders für Menschen, die an diesem besonderen Tag Geburtstag haben. Hoffnung stieg in ihr hoch, sie setzte sich auf und wischte sich entschlossen die Tränen aus dem Gesicht. Sollte sie so leicht aufgeben, nachdem sie fünf lange Jahre auf Benedicks Rückkehr gewartet und währenddessen andere Angebote zurückgewiesen hatte?
Aber wollte sie ihn denn überhaupt noch? Noel verzog das Gesicht und dachte über diese Frage nach. Auf jeden Fall hatte er sich als viel grober erwiesen, als sie ihn in Erinnerung hatte, doch unbestritten war er noch immer gut aussehend, trotz der Narben. Obwohl er sehr griesgrämig und ungehobelt zu sein schien, klopfte ihr Herz beim Gedanken an ihn noch genauso ungestüm wie damals. Wahrscheinlich hatte sie sich all diese Geheimnisse hinter seinen dunklen Augen nur eingebildet – aber was, wenn es doch welche gab? Noel überlegte, ob sie nicht eine Möglichkeit finden würde, seine raue Schale zu durchdringen und den Mann zu entdecken, der sich dahinter verbarg. Noel erschauerte. Sie spürte deutlich, dass dieser verborgene Mann noch da war – und vielleicht wollte er befreit werden?
Das ist eine ganz schöne Herausforderung, dachte Noel mit einem Grinsen, denn sie liebte Herausforderungen. Schließlich hatte sie es geschafft, seine finstere Burg in ein behagliches Heim zu verwandeln. Schließlich hatte sie es auch geschafft, hier den Haushalt zu führen, obwohl nichts und niemand sie darauf vorbereitet hatte. Ihr Vater hatte immer behauptet, dass sie wirklich alles erreichen konnte, wenn sie erst einmal dazu entschlossen war. Nicht dickschädelig hatte er sie genannt, sondern willensstark, und das auf eine Weise, als ob es sich um eine Tugend handele. Noel lächelte über die Erinnerung, zog die Knie an die Brust, schlang die Arme darum und dachte über ihre Zukunft nach.
Es war ja noch nicht zu spät. Sie hatte Zeit bis zum Dreikönigsfest, um dafür zu sorgen, dass Benedick seine Ansicht änderte. Geistesabwesend drehte sie eine lange Locke um einen Finger und fragte sich, wie sie diesen gestählten Krieger dazu bringen konnte, sie zu heiraten. Wie er auf seine grobe Art ganz richtig gesagt hatte, brauchte er weder ihre bescheidene Mitgift noch ihr bisschen Landbesitz. Wie die meisten Männer legte er keinen besonderen Wert auf die Fähigkeiten, die man benötigte, um einen Haushalt zu führen, und so wie er aussah, brauchte er auch keine Frau, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, dachte sie errötend. Bei einem Mann wie ihm würden die Damen Schlange stehen, um um seine Gunst zu buhlen.
Wenn sie doch nur etwas verführerischer wäre, nicht so sehr das kleine Mädchen, das er in ihr sah. Noel seufzte. Sich das Unmögliche zu wünschen führte ihre Gedanken wieder zum Weihnachtsfest, und auf einmal riss sie verblüfft die Augen auf.
Sie könnte ihm ein großartiges Fest bereiten!
Noel vermutete, dass er dieses Fest noch niemals hatte genießen können. So wie er sich verhielt, war er noch nie vom Zauber der Weihnachtszeit berührt worden.
Sie beschloss, ihm zwei wundervolle Wochen zu bereiten, das schönste Fest aller Zeiten.
Und wenn sie das schaffte, würde vielleicht auch ihr eigener Wunsch in Erfüllung gehen.
2. KAPITEL
B enedick sah dem davonstürzenden Mädchen kaum nach. Noel war bloß ein Kind und ansonsten nichts weiter als ein Ärgernis. Und was Hardwin betraf … Benedick bemerkte, wie sein Verwalter missbilligend das Gesicht verzog, und warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. Der alte Mann hatte sich während der Abwesenheit seines Herrn einiges herausgenommen. Er sollte sich wegen Benedicks Zorn Sorgen machen, nicht wegen der Tränen eines heimatlosen Frauenzimmers.
Seine geschärften Sinne nahmen das verstohlene Gewisper der Dienerschaft wahr, die er mit einem finsteren Blick zum Schweigen brachte. Offenbar hatte das Mädchen sich hier viele Verbündete geschaffen. Bei dieser Erkenntnis fluchte Benedick leise vor sich hin. Hatte er die Schlachtfelder hinter sich gelassen, nur um hier ein weiteres vorzufinden? Sollte er selbst in seinem Heim keine Ruhe finden?
„Bei den Knochen des Heiligen Bernhard!“ Bei Alards lautem Ausruf beschloss Benedick, seine Abrechnung mit dem Verwalter aufzuschieben, bis er sich in seiner Burg wieder eingerichtet hatte. Trotzdem ließ er den Mann mit einem Blick wissen, dass er weder die Sache mit dem Mädchen noch Hardwins Haltung ihm gegenüber
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