Historical Weihnachten Band 6
warf ihm einen finsteren Blick zu. „Es ist außerdem meine erste Gelegenheit dazu in fünf langen Jahren. Würdet Ihr mir bitte die Aufzeichnungen bringen.“
„Ja, Sir, natürlich, Sir.“ Der Verwalter gab sich beflissen, doch er war rot geworden. „Ich lasse sofort danach schicken.“
Benedick hob die Brauen. „Sie befinden sich nicht in Eurem Besitz?“
Hardwin räusperte sich. „Noel führt jetzt die Bücher und hat auch die Schlüssel.“
Noel.
Nicht „Euer Mündel“. Nicht „Miss Amery“. Noel. Hatte sich denn dieses verdammte Weibsstück in jeden Teil seines Lebens gedrängt? Er verzog das Gesicht, denn die Antwort auf diese Frage kannte er schon. „Dann seht zu, dass Ihr mir alles sofort beibringt“, stieß er durch die zusammengebissenen Zähne hervor.
„Jawohl, Sir!“ Hardwin verließ sich verbeugend rückwärts den Raum, und Benedick saß da und kochte vor Zorn. Sollten die Bücher nicht vollständig in Ordnung sein, würde er das Mädchen wegschicken, ob er ihm nun etwas anderes versprochen hatte oder nicht. Aber vorher wollte er eine plausible Erklärung von ihm haben, warum es sich mit Dingen beschäftigte, die es ganz und gar nichts angingen.
Hardwin kam nach kurzer Zeit mit den Schlüsseln und den Büchern zurück und legte ihm ohne zu zögern die letzte Kladde vor. Benedick überflog die Seiten. Er hatte keine Schwierigkeiten, die kleine wohlgeformte Handschrift und die Ziffern zu lesen. Die Ausgaben waren ebenso sorgfältig aufgeführt wie alle Einnahmen aus Pachten und Verkäufen.
Benedick gab es nur ungern zu, doch er war beeindruckt. Das Mädchen hatte gute Arbeit geleistet.
Er blätterte zurück und registrierte die Anschaffung von zwei Stühlen, robust gebaut, für den edlen Ritter und sein Mündel. Deshalb also konnte er sich nicht an den Stuhl erinnern, auf dem er gerade saß. Benedick kniff die Augen zusammen, als ihm eine kleine Notiz neben dem exorbitanten Preis auffiel, der für die Möbelstücke bezahlt worden war. Er konnte nicht feststellen, ob das ein kleines „n“ oder etwas anderes sein sollte. Und was hatte es zu bedeuten, dass dem Verkäufer sogar noch ein weiterer Betrag zustand?
„Was ist das hier?“, fragte er und zeigte darauf.
Hardwin, der nervös herumstand, kam einen Schritt näher. Er zog die Kladde zu sich heran, beugte sich vor und starrte eine ganze Minute lang auf die Seite.
Benedick beobachtete ihn und kam sich plötzlich wie ein Narr vor, als ihm klar wurde, dass sein Verwalter längst kein junger Mann mehr war. Als er das Lehen übernommen hatte, hatte er alle Diener behalten, ohne sich Gedanken über ihr Alter oder ihre Fähigkeiten zu machen. Nun fiel ihm auf, dass Hardwins Haar ganz weiß geworden war und seine Hände ein wenig zitterten. Seine Gelenke waren geschwollen, und so, wie er auf das Papier blickte, konnte es sein, dass er nicht mehr richtig sah. Kein Wunder, dass er einen Teil seiner Arbeit abgegeben hatte.
Endlich richtete er sich wieder auf. „Das muss eine Notiz von Noel sein.“
„Und was bedeutet das?“, fragte Benedick misstrauisch.
„Es soll heißen, dass sie mit ihrem eigenen Geld die Rechnungen beglichen hat.“ Der alte Mann trat einen Schritt zurück, als wolle er sein Missfallen ausdrücken, und Benedick konnte ihm nur zustimmen. Bei Gott, es war wirklich verwunderlich, dass dieses Mädchen ihm einen Stuhl kaufte, besonders, weil er für den Stuhl viel mehr Verwendung hatte als sie selbst.
„Sie hat ihr eigenes Geld, Sir, und kann damit machen, was sie will“, rief Hardwin ihm ins Gedächtnis.
Benedick kniff die Augen zusammen; auch wenn der Verwalter rasch eine Erklärung zur Hand hatte, half das dem Mädchen nicht. „Auf meiner Burg“, sagte Benedick, „und ohne Erlaubnis ihres Vormunds.“
Hardwin wusste darauf nichts zu sagen und errötete wieder, während Benedick die restlichen Seiten durchblätterte. Er fand Noels kleines „n“ noch an mehreren Stellen, meist in Zusammenhang mit irgendwelchen Käufen frivoler, völlig überflüssiger Dinge. Offenkundig hatte Hardwin keinerlei Kontrolle über die Kaufgewohnheiten des Mädchens.
Wenigstens hatte Noel so viel Verstand, gar nicht erst zu versuchen, ihn selbst für diesen teuren Teppich in seinem Schlafgemach bezahlen zu lassen. Sie konnte ihn mitnehmen, wenn sie ging, denn Benedick hatte keinerlei Verwendung dafür. Hatte sie etwa geglaubt, sie würde demnächst in diesem großen Zimmer schlafen? Hatte sie das vielleicht während seiner
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