Historical Weihnachtsband 1990
und dann vom Wind herumgerollt wurden, kamen ihr gerade recht. Ein Lächeln erschien auf Melindas Gesicht. Nun wußte sie, was sie tun würde.
Siegessicher ging sie hocherhobenen Kopfes über den Hof auf den Zaun zu.
★
Daniel MacKenzie verbrachte zwei unglückliche Tage an der Grenze der Ranch. Er ritt am Zaun entlang und saß allein in der Hütte, starrte die Wände an und lauschte dem Dezemberwind, der um die Ecken des kleinen Häuschens pfiff. Schließlich beschloß Daniel, nach Hause zurückzukehren. Sowohl auf sich selbst als auch auf Melinda war er immer noch böse. Doch viel schlimmer als seinen Zorn empfand er die Einsamkeit. Nachdem er zwei Tage lang nur an Melinda gedacht hatte, kam er zu dem Entschluß, wenn sie ihm schon nicht aus dem Kopf ging, könnte er genausogut dorthin zurückkehren, wo er sie tatsächlich sah und ihre Stimme hörte . . . und dabei gleichzeitig in einem sauberen, warmen Haus leben.
Ich überrasche mich selbst, dachte er, als er in den Hof der Ranch ritt und vom Pferd stieg.
Sieben Jahre lang war es ihm gleich gewesen, welche Bequemlichkeiten ihm fehlten.
Nicht einmal richtig bemerkt hatte er, daß immer kaltes, verbranntes Essen auf dem Tisch stand, oder daß sich Staub unter den Möbeln entlang der Fußleisten angesammelt hatte, oder daß die Wäscherin in der Stadt seine Hemden zu sehr stärkte.
Solche Annehmlichkeiten hatte er ebensowenig vermißt wie die Gesellschaft von Damen oder den Anblick des Lächelns einer Frau oder den Klang ihres Lachens. Und nun hatte ihn Melinda
Ballard innerhalb weniger Wochen so verwöhnt, daß er nicht nur nicht mehr ohne diese Bequemlichkeiten leben wollte, sondern anscheinend auch gar nicht mehr konnte.
Nachdem er sein Pferd abgesattelt und zu den anderen in den Pferch geführt hatte, überquerte Daniel den Hof und ging durch die Küchentür ins Haus. Dabei redete er sich ein, daß er diese Tür nicht deshalb benutzte, weil er hoffte, Melinda zu sehen, sondern weil es der kürzeste Weg war. Dennoch konnte er das leichte Flattern in seinem Magen nicht leugnen, als er die Treppe hinaufeilte. Enttäuschung überfiel ihn, als er die Küche leer vorfand.
Im Haus duftete es köstlich nach Vanille und heißem Gebäck. Auf dem Tisch waren auf Brettern und braunem Papier Kekse zum Auskühlen ausgebreitet. Sie hatten die weihnachtlichen Formen von Sternen, Bäumen und Glocken. Zwei kleine Schüsseln mit roter und grüner Glasur standen am einen Ende des Tischs. Papierspritztütchen lagen daneben, und einige der Plätzchen waren bereits mit Zuckerguß überzogen.
Der satte, warme Duft stieg Daniel in die Nase, und eine nostalgische Sehnsucht erfüllte ihn. Ein seltsames Verlangen stieg in ihm auf, als wollte er gleichzeitig lachen und weinen. Melinda würde Weihnachten feiern, gleich, was er gesagt hatte. Das überraschte ihn nicht. . . doch eigenartigerweise mißfiel es ihm auch nicht.
Die Tür zur Speisekammer wurde geöffnet, und er erschrak. Melinda trat heraus.
Sobald sie ihn entdeckte, blieb sie abrupt stehen. Ihr stockte der Atem.
„Sie sind zurück."
Daniel MacKenzie schaute sie an und fühlte sich lächerlich unbehaglich. Er nahm seinen Hut ab. Er wußte nicht, was er sagen sollte. „Ja." Immer noch stand er einfach da und schaute sie an, bis ihm klar wurde, daß er wie ein Dummkopf wirken mußte. Vermutlich sollte er eine Bemerkung zu ihrer Weihnachtsbäckerei machen, sollte hervorheben, daß sie seine Befehle mißachtet hatte. Doch damit würde er vermutlich nur noch törichter wirken. Am besten, er ignorierte es.
„Wie ist der Grenzzaun?"
„Der was? Oh. Oh, der ist in Ordnung. In gutem Zustand." Nur zwei Tage war er fort gewesen, aber er starrte sie an, als wären es Wochen gewesen. Ihm fiel ein, wie sie das letzte Mal zusammen in der Küche allein gewesen waren. Er hatte sie geküßt.
Als könnte er diesen Gedanken durch körperliche Distanz verdrängen, trat er einen Schritt zurück. „Nun, ich, äh, kümmere mich besser um einige, äh . . .
Schreibarbeiten."
MacKenzie verließ die Küche und ging den Gang entlang. Er wußte nicht, wohin er gehen sollte. Nennenswerte Schreibarbeiten hatte er nicht zu erledigen, außer der Buchführung, mit der er ständig im Rückstand war . . . und die zu machen, hatte er keine Absicht. Er könnte zum Stall gehen und schauen, was die Männer gearbeitet hatten. Oder er könnte mit Will reden, um herauszufinden, was während seiner Abwesenheit vorgefallen war. Aber eben hatte er zu
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