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Historical Weihnachtsband 1990

Titel: Historical Weihnachtsband 1990 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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verächtlich. Der Ausdruck seines ausgemergelten, zerfurchten Gesichts war zweifelnd. „Und ich habe geglaubt, du wärst anders. Ich dachte, du wärst vernünftig. Dabei bist du nicht besser als die restliche Familie. Als würde es noch nicht genug kosten, diesen alten Schuppen zu heizen, ohne daß du das restliche Northampton mitheizt."
    „Ja, Grandfather", murmelte Mary und senkte den Blick, um ihre Belustigung über seine Bezeichnung des Hauses zu verbergen, das man allgemein als eines der ersten in der Stadt erachtete. Isaiah Hillyer hatte es, nachdem er durch seine Fabriken am Fluß reich geworden war, so bauen lassen, daß es das schönste in der Stadt war.
    Davor hatten die Hillyers hundert oder mehr Jahre lang in dem alten Gehöft der Familie am Stadtrand gelebt. Beim Gedanken an das Old House huschte unwillkürlich ein Lächeln um Marys Mund. Bestimmt sieht es jetzt hübsch aus, im Schnee, dachte sie. Wie schön wäre es, dort im Wohnzimmer am Feuer zu sitzen.
    Diesmal wurden ihre Gedanken durch einen Aufschrei im Gang unterbrochen. Kurz darauf erschien ihre Schwester Eveline. Ihr hübsches Gesicht war zu einer Miene des Abscheus verzogen.
    „Mary", wollte sie wissen, „wo ist mein goldenes Medaillon? Ich habe es schon überall gesucht, aber ich finde es einfach nicht. Ohne das Medaillon kann ich nicht gehen, und ich bin schon spät dran."
    Eveline war achtzehn, fünf Jahre jünger als Mary und sowohl vom Aussehen als auch vom Wesen her ihr genaues Gegenteil. Während Marys Haar braun war, ebenso wie ihre Augen, waren Evelines Locken goldblond und ihre Augen von der Farbe der Kornblume. In der Zeit seit dem Essen hatte sie sich umgezogen und trug nun ein elegantes mit Rosetten besetztes Abendkleid aus dunkelgrüner Seide. Hellgrüne, hauchzarte Gaze war über das schwere Unterkleid drapiert und wurde hinten über einer Turnüre (* Gesäßpolster unter Damenkleidern) zusammengehalten. Ein Dutzend weiße Teerosen waren in ihren Nackenknoten geflochten, und an ihren Ohren hingen schwere goldene Ohrringe.
    Mary trug im Gegensatz dazu immer noch das Kleid, in dem sie zu Abend gegessen hatte, und ihre Frisur war einfach und schmucklos. In ihrem Blick stand liebevoller Tadel. „Ich habe dein Medaillon nicht mehr gesehen, seit du es das letztemal getragen hast", sagte sie jedoch nur. „Vielleicht ist Mutter in der Nähe und hilft dir beim Suchen."
    „Ach, Mutter." Eveline verdrehte die Augen. „Die ist tief in einer spiritistischen Sitzung mit der Nichte von Mrs. Parker. Mary, wenn du mir nicht hilfst, komme ich eine Ewigkeit zu spät, und Justin Harris wird keinen einzigen Tanz mehr für mich übrighaben. O Mary, hilf mir doch suchen."
    „Wer ist das? Eveline?" Isaiah Hillyer drehte den Kopf zur Tür, doch Eveline war, durch Erfahrung geübt, bewußt außerhalb seines Blickfeldes geblieben. „Worüber regt sich dieses alberne Geschöpf schon wieder auf?"
    „Nur ein Medaillon, Grandfather." Beruhigend lächelte Mary ihm zu. „Ich bin gleich wieder da. Dann lese ich dir aus deinem Mr. Boswell vor." Es gelang ihr, den Gang im selben Moment zu erreichen, als sie den Satz beendet hatte, so daß sie aus dem Zimmer war, bevor ihr Großvater widersprechen konnte.
    Und das tat er natürlich auch. Mit einer nörgelnden Stimme verfolgte er Mary, während sie an ihrem eigenen, aufgeräumten Zimmer vorbeiging bis in Evelines unordentliches.
    „Wertlos seid ihr", klagte er, „alle miteinander. Aber was hätte ich von diesem Schwächling von einem Sohn sonst erwarten sollen? Heiratet eine Frau, die an Geister glaubt, und hat dann nicht einmal den Mut, seinen alten Vater zu überleben."
    „Der alte Frosch", flüsterte Eveline, indem sie die Tür zuzog.
    „Aber Eveline." Mary fing an, die Unordnung auf dem Frisiertisch zu durchsuchen.
    „Er ist nur so reizbar, weil er krank ist."
    „Vorher war er auch schon aufbrausend", erwiderte Eveline und blieb kurz vor dem Spiegel stehen, um ihr Ebenbild anzulächeln. „Nur hat er früher, als er noch laufen konnte, mehr Menschen zum Ausschimpfen gehabt. Ich kann es kaum erwarten, bis ich aus diesem Haus bin. Ich glaube, wenn Justin mir einen Antrag macht, werde ich ihn heiraten." Ihr Lächeln wurde strahlender und verblaßte dann, während sie gleichzeitig den Kopf schüttelte. „Wie schaffst du es nur, Grandfather Tag für Tag auszuhaken?"
    „Nun, jemand muß es ja tun, und das bin eben ich. Hier, ist es das, was du suchst?"
    Mary richtete sich auf und hielt einen

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