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Historical Weihnachtsband 1990

Titel: Historical Weihnachtsband 1990 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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als daß man dich jetzt nach Andersonville schicken könnte", beruhigte sie ihn und wandte sich dem nächsten Patienten zu.
    Am nächsten Morgen stellte Isabelle mit Bestürzung fest, daß sich auch andere Frauen, die hier als Krankenschwestern aushalfen, für Travis interessierten. Sie schaffte es einfach nicht, mit ihm allein zu sein. Wenn er so viel Fürsorge auf sich vereinigen
    konnte, dann, so beschloß sie, wollte sie lieber Abstand zu ihm halten.
    Er genas schneller, als es irgendjemand für möglich gehalten hatte. Zwei Wochen nach seiner Einlieferung machte Isabelle gerade sein Nachbarbett, als sich seine Finger plötzlich um ihr Handgelenk schlossen und er sie zu sich herumzog.
    „Was tust du hier?" fragte Travis sie in scharfem Ton.
    Ihre Brauen ruckten in die Höhe. „Ich helfe", schnappte sie zurück.
    Travis schüttelte den Kopf. „Du solltest zu Hause sein. Oh, ich verstehe. Du suchst deinen Bruder."
    „Meinem Bruder geht es gut, vielen Dank. Er war im Sommer auf Urlaub zu Hause."
    Sie zog sich zurück. „Vielleicht habe ich nach Ihnen gesucht, Captain", sagte sie und entfernte sich. Es wurde zusehends schwieriger für sie, mit ihm zurechtzukommen.

    Sie brauchte auch nicht mehr lange mit ihm zurechtzukommen. Als sie drei Tage später hereinkam, war er verschwunden. Am ganzen Leib zitternd, lief sie zu Dr.
    Hardy und wollte von ihm wissen, was aus Travis geworden war.
    „Aus dem Yankee? Oh, der ist weg."
    „Nach Andersonville?" fragte sie entsetzt.
    Hardy schüttelte den Kopf und musterte sie eingehend. „Er ist entwischt. Nicht, daß wir allzu viele Männer hier hätten, um die Gefangenen zu bewachen. Er hat sich einfach in der Dunkelheit aus dem Staub gemacht."
    Drei Tage danach sprach Dr. Hardy Isabelle an, und als sie sich umwandte, nahm er sie beim Arm und führte sie hinaus. Sie war ganz aufgeregt, denn sie rechnete damit, daß er ihr mitteilen würde, Travis sei während seines Fluchtversuchs erschossen worden.
    Doch Hardy hatte sie nicht wegen Travis gerufen. Er räusperte sich und drückte ihre Hand, während sie an einer kargen Wiese entlangspazierten. „Isabelle, Lieutenant James Hinton steht als Kriegsgefangener auf unserer Liste. Er wurde bei Petersburg gefangengenommen."
    „Nein!" schrie sie heraus, dann sank sie zu Boden. Sie konnte es einfach nicht fassen.
    Sie wollte schreien, die Worte einfach hinwegschreien.
    Dr. Hardy kniete neben ihr nieder.
    „Isabelle, hören Sie . . ."
    Sie hörte nicht, ergriff nur seinen Arm.
    „Ist er verletzt? Bringen sie ihn nach Westen? Wissen Sie . . ."
    „Er ist nicht verletzt, er mußte sich einer überwältigenden Mehrheit ergeben. Und er wird nach Washington gebracht. Isabelle, er lebt! Es geht ihm gut. Wahrscheinlich wird er Ihnen sogar schreiben können. Isabelle, bei Petersburg sind viele Männer gefallen. Seien Sie dankbar, daß er noch am Leben ist. Etwas Besseres als dieses Yankee-Gefangnis hätte ihm vielleicht gar nicht zustoßen können. Da mag es sogar so etwas wie ein Weihnachts-Dinner geben."
    Isabelle versuchte zu lächeln, versuchte Hardy zu glauben.
    Zwei Wochen später war Dezember, und das Lazarett war so gut wie leer. Die Verwundeten waren zur Genesung nach Hause geschickt worden oder aufs Schlachtfeld zurückgekehrt. Oder sie waren gestorben.
    Hardy rief Isabelle in sein provisorisches Büro und überreichte ihr ein mit Siegel versehenes Dokument. Sie sah ihn fragend an. „Sie gehen nach Hause, Isabelle, Konföderierte Soldaten werden Sie bis zur Frontlinie begleiten. Dieser Brief soll Ihnen von da an freies Geleit gewähren. Sie müssen nach Hause. Der Krieg gräbt sich für den Winter ein. Ich selbst ziehe nach Petersburg weiter."
    Er stand auf und küßte sie auf beide Wangen. „Frohe Weihnachten, Isabelle"
    Sie küßte ihn ebenfalls. „Frohe Weihnachten."
    Er lächelte, zog dann etwas aus der Tasche und reichte es ihr. „Ich befürchtete schon, Ihnen könnte vielleicht die Lust auf Weihnachten vergehen. Doch vor zwei Stunden kam dieser Brief. Er ist für Sie. Von Ihrem Bruder James. Er hatte erfahren, daß bei Ihnen die Yankees ein- und ausgehen, deshalb hatte er ihn an mich adressiert."
    Isabelle starrte ihn an, riß mit brennenden Augen den Brief auf. Er lebte, er aß, er hatte Glück gehabt, wenn man bedachte, was ihm sonst hätte zustoßen können. Der Brief endete mit guten Wünschen: „Frohe Weihnachten, Schwester! Vertraue auf den lieben Gott, und wer weiß, vielleicht sind wir nächste Weihnachten alle

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