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Historical Weihnachtsband 1990

Titel: Historical Weihnachtsband 1990 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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gemeinsames Zimmer, wo er auf die halbgepackte Reisetasche starrte, die sie in einer Ecke abgestellt hatte. Schweigend begegnete sie seinem herausfordernden Blick.
    „Du reitest wieder fort?"
    „Ja."
    Er trat auf sie zu, stützte seine Handflächen rechts und links ihres Kopfes gegen die Tür. Einen Moment suchte er in ihren Augen zu lesen, dann entfernte er sich und stand mit hinter dem Rücken verschränkten Händen vor dem Kamin.
    „Auf dem Tisch liegt etwas für dich", sagte er schließlich.
    „Was ist es?"
    „Sieh doch nach."
    Sie zögerte, doch dann ging sie hinüber zu dem runden Eichentisch am Fenster. Dort lag ein in feines Pergament gehülltes und mit einem roten Band verschnürtes Dokument von offiziellem Aussehen.
    „Travis ..."

    „Mach es auf!" befahl er ihr.
    Sie tat es mit zitternden Fingern. Verwirrt überflog sie den ersten Teil, der hauptsächlich aus Amtskauderwelsch bestand, bis sie auf den Namen ihres Bruders stieß: Lieutenant James L. Hinton. Sie las weiter, versuchte, aus dem Juristenlatein und der kunstvollen Handschrift klug zu werden. Nach einer Weile ging ihr auf, daß James gegen einen anderen Gefangenen ausgetauscht und nach Hause geschickt werden sollte.
    Sie stieß einen Schrei aus und sah Travis mit offenem Mund an. Sie wußte nicht, wie, nur daß er es irgendwie fertiggebracht hatte. Sie begann auf ihn zuzulaufen, hielt aber inne. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals.
    „Oh, Travis, das habe ich dir zu verdanken."
    Er nickte feierlich. „Frohe Weihnachten. Du hast dir nie etwas von mir schenken lassen. Dieses Jahr dachte ich, daß du vielleicht ein Geschenk von mir annehmen würdest."
    „Oh, Travis!" wiederholte sie, dann warf sie sich in seine Arme. Er küßte sie lang und innig und heiß und glühend wie das Kaminfeuer. Atemlos preßte sie ihre Lippen an seinen Hals. „Travis, das ist das wundervollste Geschenk, das die Welt je gesehen hat, aber ich habe nichts, was ich dir schenken könnte. Ich würde dir alles geben."
    „Dann heirate mich."
    Isabelle schwieg. Sie sah den fiebrigen Schimmer in seinen dunklen Augen, die glühende Intensität.
    „Ich — ich kann nicht", raunte sie.
    Enttäuschung trübte die Glut seines Blickes. Er preßte die Zähne zusammen, so daß man sie knirschen hörte. „Und morgen kommst du ins Büro herunter wie eine Fremde und bittest mich um Absegnung deiner Reisepläne."
    „Travis ..."
    „Verdammt sollst du sein! Tausendmal verdammt, Isabelle!"
    Lange, schmerzvolle Sekunden sah er sie an, dann brachten ihn ein paar Schritte zu ihr, und fast brutal riß er Isabelle in seine Arme. Wütend, ja gewaltsam küßte er sie, und seine Hände waren nicht gerade zärtlich.
    Es machte ihr nichts aus, gefaßt ließ sie seinen Zorn über sich ergehen.
    „Isabelle!" Abgerissen kam ihr Name von seinen Lippen, während er mit seinen Fingern durch ihr Haar fuhr. Am Ende fanden sie sich von neuem in süßer, schmerzlich-süßer Liebe vereint, begleitet von seinem Flüstern, daß er sie liebe.
    Den Rücken ihm zugewandt, wiederholte sie im stillen die Worte: Ich liebe dich. Aber der Krieg war noch in vollem Gange, Travis war immer noch der Feind. Sie konnte nicht bleiben, und sie konnte ihm nicht sagen, was sie für ihn empfand.
    Nicht einmal zu Weihnachten.
    Travis lag neben ihr und genoß im Mondlicht die Vollkommenheit ihrer geschmeidigen Gestalt, und bei diesem Anblick wurde ihm bewußt, wie sehr er sie liebte, wie sehr er sie brauchte. Und vielleicht meinte es Gott doch gut mit ihm, weil er lebte und sie in seinen Armen halten konnte und sie hier bei ihm war. Und —
    verdammt noch mal — er wußte, daß auch sie ihn liebte.
    Doch er wußte auch, daß der Morgen kommen und sie dann in sein Büro treten und um sicheres Geleit nachsuchen würde.
    Plötzlich konnte er sich ein ironisches Lächeln nicht verkneifen. Er dachte an seine Kindheit und wie seine Eltern ihn immer gefragt hatten, was er sich zu Weihnachten am meisten wünschte. Er hatte es sich jedesmal gründlich überlegt, und er hatte immer bekommen, was er sich wünschte.
    Wenn ihn nur jemand danach fragen würde. Er brauchte nicht einmal darüber nachzudenken. Es gab für ihn nur eins: Isabelle.
    Er hauchte ihren Namen, dann stand er auf, kleidete sich an und trat in die Eingangshalle. Der Duft gerösteter Kastanien in der Luft, zusammen mit dem Aroma der Tannenzweige, die seine Männer hereingebracht hatten.
    Am nächsten Tag war Heiligabend. Sie würde wegen des Geleitbriefs zu ihm kommen,

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