Historical Weihnachtsband 2010
Dezemberluft schuld. Sie hatte Robert Clive nicht eingeladen, die Weihnachtszeit auf Oak Manor zu verbringen. Vor einer Woche war er einfach aufgetaucht und hatte sie wissen lassen, dass er gekommen war, um an den Festlichkeiten teilzunehmen … und um mit ihr das Ende ihrer Ehe zu feiern. Dabei hatten seine schwarzen Augen gefunkelt, während sein Blick über das reiche Eichenholzmobiliar und die polierten Wandtäfelungen aus Eiche schweifte, welche dem Herrensitz seinen Namen gaben. Der Ausdruck in Roberts Augen war viel zu besitzergreifend gewesen und hatte sie zutiefst beunruhigt.
Aber Robert Clive würde weder Oak Manor noch dessen Herrin erhalten.
Ohne sich Zeit zu nehmen, das Feuer in dem kleinen Raum neben der Haupthalle zu schüren, setzte Margaret sich an den Schreibtisch und schnitt eine Feder zurecht. Eilig tauchte sie sie ins Tintenfass und kritzelte eine Nachricht, in welcher sie Lord Brough darum bat, an diesem Morgen zu ihr zu kommen. Mit dem ältesten und geachtetsten Freund ihres Vaters als Zeuge an ihrer Seite würde Margaret ihren Cousin davon informieren, dass sie nicht länger frei war, ihn oder irgendjemand anderen zu heiraten.
Trotz ihrer Entschlossenheit zitterte sie bei dem Gedanken an Roberts Wut. Er war nicht der Mann, dessen Pläne so leicht zu durchkreuzen waren. Deshalb also der Zeuge … und der Beweis, sollte ihr Cousin ihn denn fordern.
Sie legte die Feder beiseite, griff in die tiefe Tasche ihres Mantels und zog den juwelenbesetzten Dolch hervor, den sie aus dem Bird and Crown mitgenommen hatte. Mit der Fingerspitze zeichnete sie die Inschrift auf dem kreuzförmigen Griff nach.
Elizabeth Regina für ihren kühnen Sir Kit.
Margaret verzog den Mund. Pah! Wenn sie nicht befürchten würde, dass sie einen Beweis benötigte für ihre Behauptung, die letzte Nacht mit ihrem Gatten verbracht zu haben, würde sie dieses verdammte Ding ins Feuer werfen. Wie es schien, stimmten die Gerüchte doch, die Clive über diesen Schurken erzählte, den sie geheiratet hatte.
Sie stand auf, nahm den Brief und wollte gerade einen Diener rufen, um die Nachricht überbringen zu lassen, als sie aus der großen Halle den gedämpften Klang einer männlichen Stimme hörte, die nach ihr fragte. Ihr stockte der Atem.
Robert!
Unwillkürlich schlossen sich ihre Finger fester um den Griff des Dolches. Obwohl sie wusste, dass es kein Entkommen für sie gab, suchten ihre Augen nach einem Fluchtweg. Schritte näherten sich. Schwer atmend umklammerte sie den Dolch so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten, während sie entschlossen das Kinn hob.
Sie hatte ihren dünnen Cousin mit dem dunklen Bart erwartet und wich erschrocken zurück, als ein blondhaariger Riese in der Tür erschien.
„Bei allen Heiligen“, keuchte sie. „Was macht Ihr denn hier?“
Er sagte nichts. Regungslos betrachtete er sie mit leicht zusammengekniffenen Augen, angefangen von den windzerzausten Haaren bis hinunter zu den schlammigen Holzschuhen. Sein Blick blieb an dem Dolch in ihrer Hand hängen.
Mit zwei Schritten durchquerte er den Raum. Bevor Margaret sich auch nur rühren konnte, packte er ihr Handgelenk und zog es hoch. Mit einem harten Ruck riss er ihr den Dolch aus der Faust.
„Wartet!“, keuchte sie. „Erlaubt mir, alles zu erklären!“
„Oh ja, du wirst mir alles erklären“, stimmte er ihr zu und schob den Dolch in die Scheide, die an seinem Gürtel befestigt war. „Und auch deine Herrin, die dich zweifellos mit dem kostbaren Duft einrieb, der dir selbst jetzt noch anhaftet. Und die dich letzte Nacht in mein Bett schickte. Aus welchem Grund sie das tat, werde ich bald wissen.“
„Meine Herrin?“
Margaret sah ihn mit offenem Mund an. Er hielt sie für eine Dienerin! Für die Dienerin seiner Ehefrau, die er selbst jetzt nicht erkannte! Während sie verzweifelt nach einem Weg suchte, wie sie ihm dieses ganze Durcheinander erklären könnte, das sie da angestellt hatte, drehte er ihr den Arm auf den Rücken und zog sie mit einem einzigen Ruck an sich.
Erneut schnappte Margaret nach Luft und versuchte, ihm zu entkommen. „Halt, Sir! Ihr missversteht diese ganze Angelegenheit völlig!“
„Das Missverständnis liegt bei dir, Mädchen.“
Im kalten Tageslicht konnte sie ihm nur recht geben. Gütiger Himmel, warum war ihr Plan nur so schiefgegangen? Warum war ihr Gatte hier? Wie konnte sie …?
„Wenn du heute Morgen geblieben wärst, bis ich aufwachte“, meinte er gedehnt und unterbrach so ihre wirren
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