Hitzeflimmern
bestimmt.
„Du kannst mir was erzählen, was mir beruhigt“, schlug er vor. „Oder etwas tun. Ich bin sicher, dir fällt was ein.“
Im blassen Neonlicht der Tiefgarage erschien Karl die Geschichte noch viel elender. Er glaubte nicht, konnte sich nicht vorstellen, dass sie ihm Debrowski wirklich vorzog. Es war nicht möglich. Es konnte gar nicht sein. Karl war überzeugt, dass jener ihm nur zuvor gekommen war. Er stellte sich die zarte, hilflose Fayna vor, wie sie sich um eine anständige Arbeit bemühte und von dem verachtenswerten Debrowski in eine Mühle von Abhängigkeit und Zwang getrieben wurde. Während eines Augenblicks erwog er dagegen, dass sie jenen für ihre Vorteile benutzte, dass sie ihn dirigierte, maliziös, berechnend und tückisch. Doch ihr Arm war so zerbrechlich, ihre Haut so samten und er schob den Gedanken von sich.
Fayna sah ihn schmollend an und zog an ihrem Handgelenk.
„Komm mit zu mir, Fayna“, beharrte er.
„Lieber nicht“, sagte sie und warf den Kopf zurück. „Ich hab Angst um meine Nase!“
„Bist du verrückt?“ fragte Karl und strich ihr mit dem Finger über das Joch ihrer Nase, das sich nur wenig zwischen ihren breiten Wangenknochen hervorhob. Zwei Sommersprossen entdeckte er da unter ihrem linken Auge und er küsste die vollendete Süsse ihres weichen Mundes und wie ein Eintauchen in ewig ersehntes Glück war es, als sie endlich, endlich wieder mit Karl schlief und ihre Schenkel heiss und fest um ihn rankte.
Es hatte aufgeklart und zwischen den aufgerissenen Wolken trat die untergehende Sonne hervor. Goldenes Licht färbte die Schwaden am Himmel, die sich wie regelloser Schaum weisslich hervorhoben. Fayna blickte durch die gläserne Türe in den Garten, wo gleissend das letzte Licht des Tages das Schwimmbad überflutete und sich myriadenmal im nassen Gras wiederspiegelte. Sie trat hinaus, barfuss wie sie war.
Karl folgte ihr mit zwei Gläsern leichtem Rotwein. Es war ein kühl zu geniessendes Getränk und als Karl ihr den Arm um die Mitte legte und sie die ersten Schlucke in ihrer Kehle spürte, umfing Fayna die volle Lebensleichtigkeit. Es war schön hier, die Sonne liess sich selbst nach verregneten Tagen noch blicken und sie lehnte sich an Karls warmen Körper. Unvermuteter Frieden lag zwischen ihnen und es war Karl, als erlaube sie sich mit einem Male, sich ihm zu öffnen. Nicht stets auf der Hut zu sein. In langen Wochen fand er sich zum ersten Male glücklich.
„Schmeckt dir der Wein?“ fragte er.
„Mhm“, summte sie mehr als dass sie sprach. Sie setze sich auf einen der Gartenstühle, die auf der Veranda im Trockenen standen.
„Wer ist die denn?“ rief eine erboste Stimme aus dem Schatten.
Es war Zoya, die anscheinend den Weg um das Haus herum genommen hatte, nachdem ihr an der Türe niemand geöffnet hatte.
Karl runzelte die Stirn. Das Glück verweilte nicht eben lange.
„Hallo Zoya“, sagte er.
„Wer ist die?“ wiederholte sie.
„Was machst du hier?“ fragte er zurück.
„Ich will wissen, wer die Schlampe ist!“ rief Zoya und dann setzte sie zu einer langen Tirade in Ukrainisch an, deren Einzelheiten sich Karl entzogen, die aber dafür sorgte, dass Fayna wortlos ins Haus ging, indem sie finster blickend die Türe ins Schloss fallen liess.
Da verstummte Zoya.
„Was willst du hier, ich habe dich nicht eingeladen und wie du siehst habe ich Besuch“, sagte Karl.
„Ich habe gesehen, dass du die Schlampe auf Besuch hast. Ich hasse es hier, ich hasse deine Kinder und dich hasse ich auch!“ rief sie laut und Karl fürchtete um den nachbarschaftlichen Frieden.
„Komm rein“, sagte er deshalb.
„Ich will nicht hereinkommen, ich hasse es hier hab ich gesagt!“
„Noch besser, dann geh. Du bist ein katastrophales Kindermädchen“, meinte er und wollte sich abwenden.
„Ich will Geld“, sagte sie da.
Karl wandte sich um. „Schön, geh arbeiten“, meinte er spöttisch.
„Du! Ich will Geld von dir!“ berichtigte sie.
„Wofür? Du tust nicht mal die einfachsten Dinge. Die Haushälterin musste für die Kleinen sorgen“, sagte er.
„Ich habe für die Kinder Essen kaufen müssen“, brachte sie vor. „Am Flughafen.“
„Was denn? Hast du eine Abrechnung?“ fragte er.
„Nein, die hatten halt Hunger. Und Durst auch“, schnaubte Zoya.
„Gut, wie viel?“ lenkte er ein.
„700 Hrywnja für Pizza und Fanta“, verlangte sie ungerührt.
„Du spinnst wohl, Leandra ist schon mit einem Keks überfordert, willst du mir
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