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Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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gefunden hatte …
    Zu viel los im Job, zu erschöpft, zu … Tja, dachte Winnie, was denn eigentlich?
    Wenn du behauptest, für etwas keine Zeit zu haben, bedeutet  das nichts anderes, als dass du was Besseres vorhast , hatte ein kluger Mann einmal treffend formuliert. Und tatsächlich: In den letzten Monaten kreiste ihr Leben mehr und mehr um andere Dinge. Um die Gegenwart. Und vielleicht sogar ein bisschen um die Zukunft. Winnie Heller riss eine abgestorbene Efeuranke aus und schielte nach ihrer Mutter. Tja, seit neuestem hockst du nach Feierabend lieber in einer verwaisten Laube und dilettierst an Lübkes Gemüsebeeten herum, statt dich um das Grab deiner Schwester zu kümmern, nicht wahr?, dachte sie bitter. Diesen Job überlässt du neuerdings lieber einer Frau, die damit einzig und allein ihr schlechtes Gewissen beruhigen will …
    Sie schleuderte die Ranke zu Boden und verteilte den Rest Wasser aus ihrer Kanne rings um den Stein.
    »Wie läuft’s denn so mit deiner Arbeit?«, flüsterte die brüchig gewordene Stimme ihrer Mutter in ihrem Rücken.
    »Gut.«
    »Hast du nette Kollegen?«
    Winnie konnte nicht umhin, angesichts dieser Frage entnervt die Augen zu verdrehen. Ein Gespräch wie dieses hatten ihre Mutter und sie nicht mehr geführt, seit sie neunzehn war. Warum jetzt wieder damit anfangen?!
    »Wie gesagt«, entgegnete sie knapp, »es ist alles bestens.«
    »Ich habe von dieser Sache in der Bank gelesen …« Gisela Heller räusperte sich. »Von der Auszeichnung, die du bekommen hast.«
    »Ich habe einen Menschen erschossen«, fiel Winnie ihr ins Wort, während in der nassen Erde vor ihr für einen flüchtigen Augenblick Dr. Kerrs Gesicht aufblitzte. »Das ist bestimmt nichts, worauf man stolz sein könnte.«
    »Aber in der Zeitung stand …«
    »Die Zeitungen drucken eine ganze Menge Müll«, versetzte Winnie barsch. »Das siehst du doch schon an eurer Todesanzeige für meine Schwester.« Sie konnte nicht anders, sie musste ihr das unter die Nase reiben.
    Tief bewegt nehmen wir Abschied von unserer innig geliebten  Tochter  …
    Was für eine Farce!
    Gisela Heller biss sich auf die Lippen, während ihre Augen irgendwo auf Höhe von Winnies Taille hängenblieben. Und erst jetzt schien sie zu bemerken, dass ihre Tochter von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet war. »Ist irgendetwas passiert?«, fragte sie mit einer Mischung aus Schreck und Verwunderung.
    Winnie schüttelte den Kopf.
    »Aber dieser Hosenanzug …«
    »... ist dienstlich.«
    »Aha.« Ihre Mutter nickte, obwohl sie kein Wort verstand.
    »Und im Übrigen muss ich jetzt auch los.« Winnie hob das Blumenbukett auf, das sie zum Gießen abgelegt hatte, und schob trotzig das Kinn vor. »Ich wollte nur mal rasch nach dem Rechten sehen.«
    »Mach’s gut«, rief ihre Mutter ihr nach.
    Doch Winnie verzichtete darauf, sich noch einmal zu ihr umzudrehen, sondern ging einfach davon.

6
    Die Nähe der Toten hatte etwas Elektrisierendes. Aber das mochte auch daran liegen, dass die Gesamtsituation ihn herausforderte. Heute, das spürte er genau, würde die Sache überhaupt erst richtig losgehen.
    Er rechnete mit einem Großaufgebot an Polizisten. Dazu Presse, aber das war ihm egal. Von ihm aus konnten sie in Scharen erscheinen! Er hatte ein paar vorsichtige Kreise um Irina Portners Haus gezogen. Einmal zu Fuß und zweimal im Auto einer Kollegin, die nicht mal im Traum ahnte, wozu er ihren Wagen missbrauchte. Dazu die vorsichtigen Recherchen rund um das Canard. Alles äußerst heikel und dabei so unergiebig, wie man sich nur vorstellen konnte. Und dann, auf einmal, hatte ihm ein guter Geist diesen Artikel in die Hände gespielt! Jemand, der ihm das, was er sonst nur unter größten Risiken herausgebracht hätte, sozusagen frei Haus lieferte!
    Damian rückte am Gurt der Canon, die ihm vor der Brust baumelte. Die dazugehörige Kameratasche hatte er lässig über der Schulter. Trotz der brütenden Hitze trug er eine dunkle Perücke, was ihm nichts ausmachte. Etwas, das sich unter den gegenwärtigen Bedingungen als wahrer Segen erwies. Über die Perücke hinaus hatte er auch die Härchen an seinen Oberarmen dunkel gefärbt. Eine Tönung, die sich mit ein wenig Mühe innerhalb von einer Stunde wieder vollständig auswaschen
ließ, damit sich die Kollegen im Zoo nicht wunderten. Tamponagen zwischen Oberkiefer und Lippen verfremdeten seine Mundpartie gerade so stark, dass das Ergebnis nicht künstlich wirkte, und die dunklen

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