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Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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ich hätte gern gewusst, wie es dir geht.«
    »Es geht mir bestens«, antwortete Winnie, überrascht, dass sie zum ersten Mal seit langer Zeit tatsächlich so empfand. Allerdings schenkte sie sich die obligatorische Gegenfrage. Dass es ihrer Mutter nicht besonders ging, war ziemlich offensichtlich. Sie war alt geworden in diesen Monaten, in denen sie einander nicht gesehen hatten. Ihr Gesicht hatte eine Reihe tiefer Falten und wirkte wie verdorrt.
    »Du hast meine Briefe nie beantwortet«, sagte sie jetzt.
    »Richtig.«
    »Aber … du hast sie doch bekommen, oder?«
    »Was soll das?«, fuhr Winnie sie an. Sie hatte die Briefe, von denen ihre Mutter sprach, drei an der Zahl, unmittelbar nach Erhalt ungelesen in den Müll geworfen. Und sie hatte sich neue Nummern für Handy und Festnetz besorgt. Gleich nachdem Elli gestorben war. Zehn oder elf Mal hatte ihre Mutter auch im Präsidium angerufen, aber Winnie hatte sich verleugnen lassen. Jedes einzelne Mal. Wenn das kein deutliches Zeichen war, dann wusste sie auch nicht! Sie überlegte kurz und kehrte dann mit entschlossenen Schritten zum Grab ihrer Schwester zurück. Ihre Mutter wollte Ärger? Okay, den konnte sie kriegen! »Was willst du hier?«, wiederholte sie ihre Frage von eben in provokantem Ton.
    »Ich komme oft her.«
    »Ach, wirklich?« Winnie bedachte sie mit einem verächtlichen Lächeln. »Seit wann?«
    Doch ihre Mutter ließ sich nicht provozieren. »Seit ein paar Wochen«, antwortete sie, und ihre Stimme klang genauso müde, wie sie aussah.
    Winnie dachte nicht im Traum daran, ihre Mutter nach dem Grund zu fragen, aber ihr war klar, dass es einen Anlass geben musste. Man änderte eine eingefahrene Verhaltensweise nicht so ohne weiteres, und ihre Eltern hatten sich bereits vor langer Zeit dafür entschieden, die Erinnerung an ihre jüngere Tochter aus ihrem Leben zu tilgen. Sie hatten ihre Besuche
an Ellis Krankenbett auf ein Minimum beschränkt, und abgesehen von dem protzigen Grabstein und einem Dauerauftrag bei einer eingesessenen Gärtnerei hatte Winnie nie auch nur den leisesten Hinweis darauf gefunden, dass sie sich um das Grab ihrer Schwester kümmerten.
    Ihre Augen hefteten sich an das ausgetrocknete Gesicht ihrer Mutter.
    Weshalb hielt sie es auf einmal für nötig, herzukommen?
    Was war geschehen, dass sich die Verdrängung nicht länger aufrechterhalten ließ?
    »Ich bin sofort weg«, erklärte Gisela Heller in diesem Augenblick. »Ich gieße nur noch rasch die Blumen. Sie vertrocknen sonst.«
    Der letzte Satz war nur so dahergesagt, aber in Winnies empfindlichen Ohren klang das Ganze wie ein Vorwurf. Sie sah ihre Mutter an und fühlte eine elementare Wut in sich aufsteigen. Wut und den Wunsch, ihrer Mutter eine schallende Ohrfeige zu geben, um sie anschließend ein für alle Mal stehen zu lassen.
    Gisela Heller schien ihre Verärgerung zu spüren und hob abwehrend die Hände. »Bei dieser Hitze kommt man mit dem Gießen einfach nicht nach«, stammelte sie hilflos. »Und wie’s scheint, hattest du ja dieselbe Idee …«
    »Lass gut sein«, unterbrach Winnie sie, indem sie ihre Kanne nahm und sich mit einer entschlossenen Bewegung an ihrer Mutter vorbeidrängte. »Ich erledige das schon.« Und mit einem bitteren Unterton setzte sie hinzu: »Ganz wie immer.«
    Während sie Immergrün und Efeu wässerte, hoffte sie, dass ihre Mutter jetzt gehen würde. Doch Gisela Heller blieb, wo sie war.
    Dabei war sie eine zutiefst feige Person, die jeder noch so harmlosen Auseinandersetzung konsequent aus dem Weg ging. Normalerweise. Irritiert zog Winnie die Stirn kraus. Ihre Mutter war feige und so harmoniesüchtig, dass sie es
noch nicht einmal gewagt hatte, ihrem betrunkenen Mann die Schlüssel zu seinem Mercedes SLK aus der Hand zu nehmen, aus lauter Angst vor einer Unstimmigkeit.
    Winnie pustete sich eine Haarsträhne aus der Stirn und rupfte dann wütend ein Unkraut aus dem ausgetrockneten Boden.
    Sie wusste, es gab nicht den geringsten Grund, sich ein schlechtes Gewissen zu machen. Immerhin war sie  diejenige gewesen, die sieben Jahre lang Woche für Woche an Ellis Krankenbett gesessen hatte, in dem verzweifelten Bemühen, ihre Schwester irgendwie in die Welt der Lebenden zurückzulocken. Seltsamerweise erfüllte sie die bloße Anwesenheit ihrer Mutter trotzdem augenblicklich mit dem Gefühl, sich eines gravierenden Versäumnisses schuldig gemacht zu haben.
    Und es stimmte ja auch, dass sie in letzter Zeit immer seltener den Weg auf den Friedhof

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