Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
einen Schritt näher. Kein Zweifel, sie war entschlossen, in die Offensive zu gehen.
»Machen Sie keine Dummheiten«, versetzte Winnie, ohne auf ihre Provokation einzugehen. Auch sie lernte aus Fehlern. Und noch einmal würde sie der gewieften Reporterin bestimmt nicht auf den Leim gehen. »Sie wissen so gut wie ich, was passiert, wenn Sie etwas zurückhalten, das …«
»Sehe ich aus, als ob ich dazu neige, Dummheiten zu machen? «, fiel Jo ihr ins Wort, und Winnie Heller konnte sich nur mit äußerster Mühe zurückhalten, die rhetorische Frage zu bejahen.
Stattdessen sagte sie: »Okay, lassen wir das. Also, was haben Sie gesehen?«
»Nichts.«
»Verarschen kann ich mich alleine.«
Jo Ternes grinste. »Okay«, ahmte sie Winnies Tonfall nach, und Winnie hätte ihr in ihrer Frustration am liebsten eine Ohrfeige verpasst. Doch sie hielt sich zurück. »Ich bin nicht sicher, ob er’s wirklich war. Aber wenn, fährt er einen schwarzen Wagen.«
Winnie hob die Brauen. »Das heißt, Sie waren an der Straße? «
Doch Jo Ternes antwortete nicht.
»Konnten Sie den Typ des Wagens erkennen?«
Die Journalistin dachte nach. »Ich war weit weg, aber es sah nach einem Geländewagen aus. Ein Mercedes vielleicht. «
Sie weiß mehr, dachte Winnie. Laut sagte sie: »Und wieso kommen Sie auf die Idee, dass das unser Mann war?«
»Der Typ, der eingestiegen ist, sah aus wie der Kerl, den Sie verfolgt haben.«
»Und gefahren ist er …«
»… nach Norden, Richtung Mainzer Straße«, antwortete Jo Ternes, und Winnie hegte den Verdacht, dass ihre plötzliche Beflissenheit einzig und allein das Ziel verfolgte, baldmöglichst aus der Nummer raus zu sein und wieder ihrer Wege gehen zu können.
»Irgendwelche Besonderheiten am Fahrzeug?«
»Nein.«
Sie lügt, resümierte Winnie. Trotzdem beschloss sie, der Reporterin noch eine weitere Frage zu stellen. »Was ist mit dem Verdächtigen selbst? Konnten Sie den erkennen?«
»Nicht besser als Sie.«
»Das heißt im Klartext …?«
Sie zuckte übertrieben gleichgültig mit den Achseln. »Männlich. Etwa eins achtzig groß. Dunkler Typ. Sportlich. Durchtrainiert.« Ihr Blick bekam auf einmal wieder etwas Herausforderndes. »Hilft Ihnen das weiter?«
Winnie Heller konnte sich die Antwort sparen, weil in diesem Augenblick ihr Handy zu klingeln begann.
»Wo sind Sie?«, wollte Verhoeven wissen.
»Auf dem Weg zu Ihnen, falls Sie noch immer sind, wo Sie eben waren.«
»Annähernd.«
Sie lächelte und beschleunigte ihren Schritt.
Kurz darauf sah sie ihn. Er kam ihr zusammen mit Merle Olsen von Portners Grab her entgegen. In einiger Entfernung folgte Kira Schönenberg, die beunruhigt aussah.
»War er das?«, wollte die Tierärztin schon von weitem wissen.
Verhoeven drehte sich zu ihr um. »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Sie sich zurückhalten sollen«, fuhr er sie in ungewohnt scharfem Ton an, bevor seine Kollegin etwas entgegnen konnte. Offenbar belästigte sie ihn schon länger.
»Ich will doch nur wissen, was hier läuft«, protestierte sie.
Ihre Freundin trat eilig hinter sie. »Lass diese Leute hier ihre Arbeit tun, ja?«, sagte sie sanft.
Doch Merle Olsen blieb stehen und sah Winnie Heller an. Beschwörend beinahe. So als ob sie sagen wollte: Tun Sie etwas. Informieren Sie mich. Ich habe ein Recht darauf, zu wissen, was mit dem Kerl ist, der mir das angetan hat.
Ein paar quälend lange Sekunden standen sie einander so gegenüber. Bewegungslos. Wie eingefroren. Die eine fordernd. Die andere mit ihrer Enttäuschung und ihrem Mitleid ringend. Dann ging Verhoeven dazwischen.
Er nahm seine Kollegin kurzerhand am Arm und führte sie ein Stück weg.
»Also?«, fragte er, als sie außer Hörweite waren. »Haben Sie irgendwas herausbekommen, das uns weiterhilft?«
»Nicht wirklich«, antwortete sie, während die Frustration in ihr allmählich wieder die Oberhand gewann. »Aber ich glaube, diese Journalistin weiß etwas.«
Verhoeven nickte. »Ich habe gesehen, wie sie Ihnen nachgelaufen ist.«
»Wir haben uns unterwegs getrennt«, erklärte Winnie. »Oder besser: Sie hat sich irgendwann in die Büsche geschlagen und eine andere Richtung gewählt, nachdem sie mir eine ganze Weile an den Fersen geklebt hat.« Sie hustete trocken. Die Anstrengung der vergangenen Minuten lag noch immer wie Kleister auf ihren Bronchien. »Ich denke, dass sie mehr Glück hatte als ich, aber beweisen kann ich’s nicht.«
»Haben Sie mit ihr
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