Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
Vergewaltiger, von dem seine Opfer nichts bemerkten, bis er direkt vor ihnen stand. Kurzum jemand, der vollständig mit seiner Umwelt verschmolz.
Wie ein Chamäleon …
Sie stutzte, als mitten in dieser Gedankenkette urplötzlich ein Satz aufblitzte. Etwas, das Kira Schönenberg erwähnt hatte.
Merle ist Reptilienspezialistin.
Ich habe kurz vor der Tat einen Kollegen vertreten, manifestierte sich wie zur Bestätigung Merle Olsens angenehme Stimme hinter Winnies Stirn . Er betreut die Großtiere und Exoten im Frankfurter Zoo. Es gab dort einen Notfall mit einem Nashornleguan. Diese Tiere sind leider sehr selten geworden, aber in Frankfurt gelingt ihnen bereits seit über zwanzig Jahren die Nachzucht.
Die Nachzucht …
In Frankfurt …
Winnies Augen suchten wieder den Kofferraum des Passats.
Nashornleguane.
Der Frankfurter Zoo.
Ein Chamäleon …
Die Wahl seiner Opfer ist in keiner Weise zufällig, auch wenn das auf Sie bislang noch so wirken mag , flüsterte eine imaginäre Amanda Kerr ihr zu. Irgendetwas verbindet all diese Frauen. Es gibt einen roten Faden. Und wenn Sie diesen roten Faden finden, finden Sie den Mann, den sie suchen. Oder zumindest etwas, das Sie über kurz oder lang zu ihm führt.
Winnie tastete blind nach ihrer Tasche und zog die Liste mit den Adressen der Zeugen heraus, die sie im Zuge dieser Ermittlungen befragt hatten.
Ich habe einen Leistungskurs Biologie in der elften Klasse.
An dem bewussten Abend habe ich eine Hausarbeit korrigiert. Evolutionsbedingte Verhaltensstrukturen innerhalb von Sozialverbänden verschiedener Spezies.
Es waren ein paar sehr erfreuliche Arbeiten dabei …
»Darfe nehme?«, fragte im selben Moment eine Stimme hinter Winnie Heller.
»Bitte?«
»Fertig seie?« Die junge Asiatin zeigte freundlich lächelnd auf das rote Plastiktablett mit ihren Abfällen.
»Oh ja, klar«, nickte Winnie, indem sie der Angestellten das Tablett anreichte.
Dann wartete sie, bis die Frau außer Hörweite war, bevor sie sich abermals die Liste vornahm und die Nummer von Iris Vermeulen in die Tastatur ihres Handys tippte.
9
Eine halbe Stunde später war sie im Präsidium.
»Ich glaube, ich habe das Bindeglied gefunden«, rief sie aufgeregt, kaum dass sie durch die Tür des Besprechungszimmers
war, wo Hinnrichs, Verhoeven, Werneuchen und Dr. Gutzkow bereits Platz genommen hatten.
Verhoeven sah hoch. »Sie meinen, das Bindeglied zwischen den Opfern?«
Sie nickte.
»Nämlich?«
»Es ist der Frankfurter Zoo.« Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen und streckte ihre hitzemüden Beine von sich.
Werneuchen schob ihr einen Becher Kaffee und ein Glas Wasser hin.
»Iris Vermeulen war kurz vor ihrer Vergewaltigung mit einem Leistungskurs dort. Einen ganzen Tag lang. Und Merle Olsen hat zwei Wochen vor der Tat dort einen Tierarztkollegen vertreten. Aber das ist noch nicht alles. Jetzt haltet euch fest: Sarah Endecke, unser erstes Opfer, hat ebendort den fünfzigsten Geburtstag eines befreundeten Unternehmers gefeiert. «
»Im Zoo?«, fragte Bredeney entgeistert.
»Na klar«, nickte Werneuchen. »Die Leute von heute lieben es, an außergewöhnlichen Orten zu feiern.«
»Und in unserem speziellen Fall fand die Feier eben im Exotarium des Frankfurter Zoos statt«, ergänzte.
Bredeney verzog angeekelt das Gesicht. »Was denn … Zwischen all diesen widerlichen Krabbelviechern?«
Winnie lachte. »Na ja, bei solchen Events sind natürlich dieselben Scheiben und Zäune zwischen dir und den Bestien wie sonst auch. Bloß dass die Feiernden das betreffende Gebäude für sich allein haben. Kostet übrigens zwischen tausendzweihundert und tausendachthundert Euro, der Spaß. Nur für die Räumlichkeiten, wohlgemerkt.«
Doch Bredeney schien noch immer nicht überzeugt zu sein. »Und was bringt einem das?«, fragte er. »Ich meine, außer Mehlwürmern im Essen und einem modrigen Gestank in der Nase?«
Winnie Heller zuckte die Achseln. »Ein besonderes Ambiente. «
»Manche Leute stehen auf so was«, nickte Hinnrichs. »Sie können heutzutage ja auch am Nordpol heiraten. Oder unter Wasser. Oder Sie feiern Ihren Fünfzigsten ganz gemütlich im Leichenschauhaus.«
»Gott bewahre!«, stöhnte Dr. Gutzkow. »Wenn Se mich fragen, haben wir schon mit die Toten jenuch Ärger. Da brauchen wir bestimmt nich ooch noch irgendwelche schrulligen Brautpaare bei
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