Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
Antennenharnischwels, kam aus seinem Lieblingsversteck unter der Mangrovenwurzel hervor, und fast schien es ihr, als wolle er sie trösten.
»Ist schon okay, mein Guter«, flüsterte sie. »Man kann die Menschen nicht zu ihrem Glück zwingen, nicht wahr? … Was meinst du? … Ja, ja, so einen alten Sturkopf wie Lübke änderst du nicht mehr. Keine Chance. Aber was schert’s mich? Ich meine, mehr, als ihm die Sachen sozusagen hinterhertragen, kann ich nicht, oder? Und wenn er das Zeug nicht isst, dann muss er eben sehen, wie er … Was? … Wie’s mir dabei geht?« Sie setzte sich auf den Hocker, der dicht vor dem Becken stand. Verdammt gute Frage für einen Fisch! »Tja, wie geht’s mir dabei?«, überlegte sie laut. »Ich denke, ganz gut eigentlich. Und warum auch nicht? Immerhin sind wir ja nicht mal zusammen oder so, Lübke und ich.«
Papageno verharrte dicht hinter der Scheibe.
»Du denkst, dass ich mir selbst in die Tasche lüge, was, mein Guter?« Winnie Heller seufzte und stand dann so heftig auf, dass der Hocker umkippte. »Na ja, was das betrifft, liegst du auf einer Linie mit Hinnrichs. Aber was soll’s? Ist doch sowieso wieder was, auf das ich keinen Einfluss habe.«
Der Gedanke machte sie wütend.
Lenk dich ab, dachte sie. Tu irgendwas Sinnvolles!
Angesichts ihres Putzmarathons bei Lübke beschloss sie, die rattengroßen Staubmäuse in den Ecken geflissentlich zu ignorieren, und warf stattdessen ihr Laptop an. Und ihre Kollegen hatten tatsächlich Wort gehalten. Winnie Heller fand insgesamt fünf dienstliche E-Mails in ihrem Postfach, darunter den Obduktionsbericht und die Zeugenvernehmungen, die Wieczorek angekündigt hatte. Außerdem hatte Verhoeven ihr die schriftlichen Protokolle seiner Gespräche mit
Sarah Endecke und Tatiana Schwarz gemailt. In einem kurzen Begleitschreiben wies er darauf hin, dass beide Frauen ihren bereits gemachten Aussagen nichts Bemerkenswertes hatten hinzufügen können. Die Mail war vor ziemlich genau vier Minuten eingegangen, und sowohl Hinnrichs als auch Bredeney und Werneuchen hatten Kopien erhalten.
Winnie Heller schaltete die Kaffeemaschine ein, holte sich eine Packung Würstchen und ein Glas Senf aus dem Kühlschrank und setzte sich an den großen runden Tisch, an dem sie alle anfallenden Arbeiten, vom Zwiebelschneiden bis zum Briefeschreiben, erledigte. Sie öffnete nacheinander sämtliche Dateianhänge und überflog die Berichte, zuerst die Stimmen aus Portners Umfeld. Was sie las, passte durchaus in das Bild, das sie sich inzwischen von ihrem Mordopfer gemacht hatte.
Es musste immer alles nach seinem Kopf gehen. Dann war er zufrieden. Aber wenn jemand wagte, sich querzustellen, konnte er ziemlich unangenehm werden.
Winnie musste automatisch an Richard Havel denken, Portners Teilhaber, der sich so beharrlich geweigert hatte, seinem Compagnon die restlichen Anteile an dessen Restaurant zu verkaufen. Angeblich hatte Portner seinem ehemaligen Förderer gleich mehrfach Summen geboten, die weit über Wert lagen.
Doch Havel hatte jedes Mal abgelehnt …
Warum eigentlich?
Sie schüttelte ratlos den Kopf und klickte eine andere Aussage an.
Seine Frau? Ach, na ja … Wissen Sie, ich hatte manchmal den Eindruck, dass sie ziemlich unter ihm zu leiden hatte. Natürlich wurde er nie handgreiflich oder so. Zumindest habe ich nie etwas in dieser Richtung mitbekommen … Aber er war sehr dominant, und eigentlich weiß man ja nie so genau, was sich zwischen zwei Menschen abspielt, wenn die Türen erst mal zu sind, nicht wahr?
Winnie Heller dachte an das Foto in Portners Schlafzimmer. Den Karibik-Schnappschuss, auf dem der Erfolgsgastronom so unbekümmert in die Kamera strahlte, während seine Frau alles tat, um überhaupt nicht da zu sein.
Ja, es stimmt, sie sah oft schlecht aus. So als ob sie Schmerzen hätte. Oder Kummer …
Ein überaus weitläufiger Begriff, wie Winnie Heller fand. Sie tauchte das Ende ihres Würstchens in den Senf und las kauend weiter.
Schulden? Nein .
Ärger mit den Nachbarn? Ach was. Man bekam sie ja im Grunde gar nicht mit. Nur ganz zu Anfang, als er das Haus gebaut hat, da gab es ein paar Proteste, wissen Sie. Aber das muss man verstehen. So ein Viertel hat ja auch einen ganz bestimmten Charakter, nicht wahr? Und wenn dann ein Baustil so gar
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