Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
warf ihr einen vernichtenden Blick zu, als ihm völlig überraschend Adrian Rieß-Semper zu Hilfe kam.
»Nein, nein, Ihr Mann hat vollkommen recht«, sagte er. »Diese beiden da können furchtbar anstrengend sein und …«
»Ich bin schwanger, nicht tot«, erklärte Silvie in einem Ton, der wenig Raum für Widerspruch ließ. »Und glauben Sie mir, es bekommt mir ganz ausgezeichnet, wenn ich mich nicht ununterbrochen auf die Frage konzentriere, wann meine Fruchtblase endlich platzt.«
Verhoeven hielt die Luft an, während Adrian Rieß-Semper einen neuen Versuch startete, die Situation vielleicht doch noch zu retten. »Das ist wirklich sehr nett von Ihnen«, sagte er, »aber Dominik hat heute Abend noch was vor.«
»Was denn?«, fragte sein Sohn, dem dieser Umstand offenbar neu war, entsetzt.
»Er muss noch ein Bild malen«, erklärte Adrian Rieß-Semper, ohne auch nur mit einer Silbe auf ihn einzugehen. »Seine Patentante hat übermorgen Geburtstag, und meine Frau besteht darauf, dass er ihr irgendetwas Selbstgemachtes schenkt.«
»Mein Gott, das ist wirklich lächerlich, was ihr hier veranstaltet«, echauffierte sich Silvie wütend. »Aber bitte, wie ihr meint.«
Sie drehte sich auf dem Absatz um und verschwand im Haus.
»Jetzt ist sie sauer, was?«, bemerkte Dominik zum Leidwesen seines Vaters, dem die Sache mehr als unangenehm war.
»Tja«, seufzte Verhoeven. »Sieht ganz so aus …«
»Und was machen Sie jetzt?«
»Gute Frage.«
»Vielleicht sollten Sie …«
»Dominik!«, unterbrach Adrian Rieß-Semper seinen Sohn mit einer energischen Geste, die jedoch keinerlei Wirkung zu haben schien.
»Was’n?«, fragte der Junge empört.
Doch wie schon zuvor ignorierte sein Vater ihn einfach. »Wann ist es denn nun eigentlich so weit?«, fragte er stattdessen
in dem lobenswerten Bemühen, diesem für alle Beteiligten eher unerfreulichen Gespräch eine andere Richtung zu geben.
»Der offizielle Geburtstermin ist nächsten Dienstag. Aber man weiß ja nie so genau, was noch passiert.«
Rieß-Semper nickte. »Wieder ein Mädchen?«
»Das wissen wir nicht«, entgegnete Verhoeven ein wenig zu hastig und erntete dafür ein verständnisloses Kopfschütteln seitens seiner Tochter sowie einen mitleidigen Seitenblick von Dominik.
Er hatte irgendwann ganz zu Beginn der Schwangerschaft in einem Anflug geistiger Umnachtung behauptet, dass er das Geschlecht des Kindes dieses Mal nicht vor dem Tag der Geburt wissen wolle. Leider war seine Frau ein Mensch, der solche Dinge wörtlich nahm, und was immer er seither auch anstellte, sie ließ sich nicht den geringsten Hinweis entlocken. Verhoeven war sicher, dass sie sich eher die Zunge abgebissen hätte, als sich auch nur mit einer Silbe zu verraten. Und irgendwann hatte er einfach aufgegeben. Aber die Sache nagte an ihm. Das ließ sich nicht verleugnen.
»Tatsächlich?« Adrian Rieß-Semper schob anerkennend die Unterlippe vor. »Also, ich würde eine solche Ungewissheit gar nicht aushalten.«
Ich auch nicht, dachte Verhoeven grimmig. Bloß nützt mir das nach meinem Fehlstart leider nichts mehr! Laut sagte er: »Meine Frau weiß natürlich Bescheid. Aber sie behält ihr Wissen für sich.«
»Aha …« Rieß-Sempers Miene spiegelte blankes Unverständnis. »Nun, das klingt ja … spannend.«
Ja, so könnte man das auch ausdrücken!, dachte Verhoeven.
»Ich will einen Bruder«, meldete sich Nina, die den Wortwechsel aufmerksam verfolgt hatte, zu Wort.
Rieß-Semper betrachtete sie interessiert. »Warum?«
Sie zuckte die Achseln. »Mädchen sind blöd.«
»Du bist auch ein Mädchen«, wandte Verhoeven ein.
Seine Tochter blickte an sich hinunter, als müsse sie sich erst explizit davon überzeugen, dass ihr Vater recht hatte. »Aber ich spiele nicht mit Mädchen«, erklärte sie dann, noch eine Spur kategorischer als zuvor.
Und Verhoeven konnte nicht umhin zu bemerken, dass sie in puncto Entschlossenheit ihrer Mutter in nichts nachstand. Er warf Dominik, der nun schon seit über drei Jahren unangefochten an der Spitze von Ninas Favoriten stand, einen kurzen Seitenblick zu und stellte mit einem triumphierenden Lächeln fest: »Dominik schon.«
»Das ist was anderes«, widersprach seine Tochter.
»Genau«, nickte Dominik, der die Sache gleichfalls nicht so einfach auf sich sitzenlassen wollte. »Das ist was anderes.«
Verhoeven sah ihn an. »Wieso?«
»Sie hat überhaupt keine Puppen«, antwortete der Junge in einem Ton, der nahelegte, dass Verhoeven auch
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