Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
sollen? Der
Name Isabelle passte wirklich so überhaupt nicht zu Potemkin Gutzkow und …
»Tante Isabelle hat zwei Schäferhunde und kann ganz tolle Sachen bauen«, erklärte unterdessen seine Tochter.
»Ja«, nickte Dominik. »Und sie kann einen Sattel machen. Für Pferde. Und Zaumzeug. Das muss ganz gut anliegen, weil es dem Pferd sonst wehtut.«
»Ach, wirklich?« Na, sieh doch mal einer an! Verhoeven fuhr sich mit der nassen Hand durch die Haare. Da arbeitete man seit Jahren mit jemandem zusammen und hatte doch keine Ahnung, was dieser Jemand in seiner Freizeit so …
»Hendrik?«
Er drehte sich um und entdeckte seine Frau in der Tür.
»Was, um Himmels willen, treibt ihr da?«
Ihr?!
»Wir legen Wasservorräte an«, bezog ihn seine Tochter bereitwillig in die Bescherung mit ein, vielleicht, weil sie sich davon eine Strafmilderung versprach.
»Habt ihr den Verstand verloren?« Silvie stemmte die Hand gegen den Türrahmen. »Seht euch mal die Waschmaschine an! Das rostet doch alles und …«
»Ich war schon dabei, der Sache ein Ende zu machen«, beeilte sich Verhoeven, den ungünstigen Eindruck zu korrigieren.
»Aber das geht nicht!«, rief Nina.
»Oh doch, glaub mir, das geht«, versetzte ihre Mutter, indem sie ihre Slipper von den Füßen schleuderte und barfuß quer durch den Raum watete. »Wir befreien jetzt diesen Abfluss von was auch immer ihn verschließt …«
»Silikon«, krähte Dominik, bevor Verhoeven Gelegenheit hatte, sein schonenderes »Tja, das könnte möglicherweise schwierig werden …« anzubringen.
»Silikon?«, wiederholte Silvie entgeistert, woraufhin ihre Tochter triumphierend eine leere Spritzkartusche hochhielt.
»Da kommt kein Wasser mehr durch«, verkündete Dominik stolz. »Machen Sie sich keine Sorgen.«
»Okay«, änderte Silvie mit der Flexibilität der erfahrenen Mutter die Taktik. »Dann rufen wir jetzt einen Klempner, ziehen euch trockene Sachen an, fahren Dominik nach Hause und gehen zu Bett.«
Verhoeven überlegte gerade, ob es pädagogisch nicht vielleicht angebracht wäre, an dieser Stelle noch etwas wie einen Tadel loszulassen, als seine Tochter unvermittelt in Tränen ausbrach.
»Was ist los?«, fragte Silvie ohne jede Sentimentalität.
»Aber wenn wir das Wasser nicht lassen dürfen, wachsen sie nicht.«
»Was wächst nicht?«
Nina steckte ihren zierlichen Arm in die schmutzig graue Brühe unter sich und hob ein paar knapp handtellergroße Muscheln heraus. Verhoeven erinnerte sich dunkel, dass diese sonst auf der Fensterbank in Ninas Zimmer lagen, seit sie sie von einem Kurzurlaub mit ihren Großeltern mitgebracht hatte.
»Diese Muscheln sind nur noch Muschel schalen und obendrein seit mindestens acht Monaten tot, was im Klartext heißt, dass sie ganz bestimmt nicht mehr wachsen werden«, schmetterte Silvie das Argument ihrer Tochter mit der ihr eigenen unumwundenen Direktheit ab. »Ob du sie nun ins Wasser legst oder nicht.«
Nina sah auf ihre Hand hinunter und betrachtete die Muscheln mit neuem Interesse.
»Und wenn ich euch beide noch ein einziges Mal allein im Keller erwische, verkaufe ich euch an die Heilsarmee, verlasst euch drauf.«
Zu Verhoevens Überraschung quittierten die beiden Kinder diese Ankündigung mit einem durchaus vergnügten Kichern. Folglich waren sie entweder trotz ihres jungen Alters
durchaus in der Lage, gewisse Dinge richtig einzuordnen. Oder aber sie waren entsprechend abgehärtet …
Meine Mama sagt, dass der ganze Planet austrocknet, wenn ich zu oft bade …
»Fernsehen ist natürlich für die nächsten fünf Tage gestrichen«, fuhr Silvie fort, indem sie ihre Tochter und deren Kavalier am Handgelenk packte, aus dem Wasser fischte und hinter sich die Treppe hochzog. »Dasselbe gilt für Kekse, Bonbons, Eiscreme und Schokoriegel«, fügte sie, an Dominik gewandt, hinzu. »Und wenn ich auch nur den geringsten Protest höre, verlängert sich die Strafe um jeweils einen weiteren Tag pro Versuch. Haben wir uns verstanden?«
Die Antwort bestand zu Verhoevens Erstaunen keineswegs aus lautstarkem Protest, sondern aus einem ziemlich kleinlauten Nicken.
Wenig später waren alle drei aus seinem Blickfeld verschwunden.
Verhoeven hob eine der Muscheln auf und ertappte sich bei dem Gedanken, dass die Erziehung von Kindern vielleicht doch nicht ganz zu Unrecht über Jahrhunderte hinweg Frauensache gewesen war …
9
»So, das reicht jetzt, ein für alle Mal!«
Gus Vermeulen riss seiner Frau das Telefon
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