Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
trotzig. »Dann haben wir wenigstens eine Handhabe gegen diese Frau. Wir könnten ihr per Gerichtsbeschluss untersagen lassen, sich weiter an dich heranzumachen. Und wenn das nichts nützt, habe ich keine Skrupel, dafür zu sorgen, dass sie eingesperrt wird.«
»Solche Beschlüsse zu erwirken dauert ewig«, widersprach sie, weil sie wusste, dass Sachargumente mehr helfen würden, als wenn sie länger an sein Mitleid appellierte. »Ganz abgesehen davon, dass man im Voraus nie weiß, was für einen Richter man bekommt. Gut möglich, dass wir einen erwischen, der die ganze Sache als Bagatelle oder posttraumatische Belastungsreaktion oder was auch immer abtut.« Sie seufzte. »Es ist nicht gesagt, dass wir mit so was überhaupt Erfolg hätten.«
Er dachte nach, das Gesicht umwölkt vor Sorge. »Aber ich finde trotzdem, dass wir die Polizei darüber in Kenntnis setzen sollten, dass sie uns nicht in Ruhe lässt«, sagte er schließlich. »Die Art und Weise, wie diese Frau sich in alles einmischt, ist doch geradezu gefährlich.«
Iris Vermeulen wollte widersprechen, doch das neuerliche Klingeln des Telefons schnitt ihr das Wort ab. Sie sah auf das Display hinunter.
»Ist sie das etwa schon wieder?«, schäumte ihr Mann.
»Nein«, entgegnete sie. »Es ist eine andere Nummer. Irgendein Handy.«
»Vielleicht ist sie es doch.« Gus griff nach dem Telefon. »Lass mich!«
»Herrgott noch mal, Gus, ich bin durchaus in der Lage, das hier …« Sie hielt erschrocken inne, als sie sah, dass ihm Tränen in den Augen standen.
»Bitte …«, flüsterte er.
Sie seufzte und reichte ihm den Apparat.
»Vermeulen … Ja? … Worum geht es denn bitte?« Er hörte zu, und sie sah, wie sehr er sich darum bemühte, seine Emotionen wieder in den Griff zu bekommen. »Woher haben Sie diese Nummer?«
Wer ist das?, fragte sie stumm, doch er wedelte nur ärgerlich mit der Hand.
»Scheren Sie sich zum Teufel«, schrie er in den Hörer. »Und wenn Sie es wagen sollten, meine Frau oder irgendein anderes Mitglied meiner Familie zu belästigen oder sich ihr auch nur zu nähern, sorge ich dafür, dass Sie in Ihrem Job kein Bein mehr auf die Erde kriegen. Nie wieder, haben Sie mich verstanden? «
Er wartete nicht auf eine Reaktion, sondern unterbrach die Verbindung und riss auch gleich den Stecker der Basisstation aus der Buchse.
»Was war das denn?«, fragte Iris Vermeulen erschüttert.
»Das? Ach, irgendeine blöde Journalistin.« Er schleuderte das tote Mobilteil des Telefons auf den Tisch und vergrub den Kopf in den Händen. »Ich dachte immer, dass man geschützt wird, wenn man so was erlebt hat«, hörte sie ihn gleich darauf schluchzen. »Stattdessen fallen sie von allen Seiten über einen her. Aber ich schwöre dir, das lasse ich nicht auf uns sitzen. Das wird Konsequenzen haben. Ich werde mich über diese Parasiten beschweren. Und zwar an oberster Stelle.« Seine Stimme verebbte. Zurück blieb ein leises Wimmern, das Iris Vermeulen wie eine eiskalte Nadel mitten ins Herz traf.
»Schon gut«, flüsterte sie, indem sie ihrem schluchzenden Mann zärtlich über die Haare strich. »Wir schaffen das. Ich verspreche es dir. Es wird alles wieder gut …«
10
In der Nacht saß Damian Kender wieder vor dem Haus der Frau, der seine ursprüngliche Aufmerksamkeit gegolten hatte, an diesem Abend auch wieder in seinem eigenen Auto. Er hatte sich erhofft, dass es ihn beruhigen würde, ihre Fenster anzusehen, die herabgelassenen Rollläden zu betrachten, ihre Nähe zu fühlen. Er wollte das Gefühl spüren, wieder irgendetwas selbst in der Hand zu haben. Sein eigener Herr zu sein. Kein willfähriges Werkzeug irgendeines Idioten, der glaubte, mit ihm Spielchen spielen zu können …
Doch das Haus, ihr Haus, ihre Nähe, hatte viel von seinem Reiz eingebüßt. Mehr noch, an diesem Abend machte es ihn beinahe nervös. Es wirkte anders als sonst. Wachsamer. Wehrhafter fast. So als ob die Frau, die darin wohnte, aus irgendeinem Grund Verdacht geschöpft hätte und auf der Hut war …
Die Straße hingegen war genauso dunkel und still wie in den Nächten zuvor. Trotzdem ertappte sich Damian wiederholt dabei, wie er nach dem Golf Ausschau hielt. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund beunruhigte ihn der Wagen noch immer, ohne dass er hätte sagen können, warum. Trotzdem: Wann immer ein fernes Licht im Rück- oder Seitenspiegel auftauchte, zogen sich sämtliche Muskeln in seinem Körper zusammen. Doch die einzigen Fahrzeuge, die an ihm
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