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Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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aus der Hand und drückte wütend auf den Knopf mit dem roten Hörer.
    Iris Vermeulen sah ihn an, sagte aber nichts. Erst als ihr Mann sich anschickte, seinerseits zu telefonieren, griff sie ein. »Was tust du?«
    »Ich rufe die Polizei.«
    »Weswegen?«
    »Weil diese Frau dich einfach nicht in Ruhe lässt.«
    »Aber das kannst du doch nicht tun«, wandte sie ein.
    »Wieso nicht?«, fuhr er auf. »Es gibt Gesetze gegen solche Belästigungen. Und überhaupt: Ich frage mich, woher sie diese Nummer hat.«
    Als Lehrerin war Iris Vermeulen bereits vor langer Zeit zu einer Geheimnummer übergegangen. Die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass man sonst einfach nicht zur Ruhe kam, auch wenn sie noch immer nicht verstand, wie wildfremde Eltern überhaupt auf die Idee kamen, dass es okay war, die Lehrerin ihrer Kinder zu jeder erdenklichen Tages- oder Nachtzeit anzurufen, um über irgendwelche Beurteilungen, Noten oder eine bevorstehende Klassenfahrt zu diskutieren. »Sie weiß fast alles über den Fall«, entgegnete sie, als sie sah, dass ihr Mann auf eine Reaktion von ihr wartete. »Warum nicht auch unsere Privatnummer?«
    »Diese Frau ist vollkommen verrückt«, echauffierte sich Gus. »Und was das Allerschlimmste ist: Sie respektiert keinerlei Grenzen.«
    »Es ist ihre Art, mit alldem umzugehen«, startete Iris Vermeulen einen neuen Versuch, Merle Olsen zu verteidigen.
    »Sie kann damit umgehen, wie sie will«, versetzte Gus, »solange sie dabei keinem Menschen, den ich liebe, zu nahe tritt.«
    »Ich kann mich schon selbst zur Wehr setzen.«
    »O ja, das hat man gesehen«, gab er zurück. Als ihm klar wurde, was er da gerade gesagt hatte, wurde er blass. »O Gott«, stammelte er. »Das habe ich nicht so … Ich meine … Bitte, verzeih mir.«
    »Schon gut.« Sie versuchte ein Lächeln. »Aber vergiss nicht, dass Merle Olsen ein Opfer ist, keine …«
    »Ja, genau wie du«, unterbrach Gus sie. »Bloß dass du nicht hingehst und andere Leute mit blöden Fragen terrorisierst.«
    »Sie wollte doch nur wissen, was ich von der jüngsten Entwicklung halte …«
    »Und was hat sie davon, das zu wissen?«, schnappte er, doch Iris Vermeulen sah die Ratlosigkeit in seinem Blick. Ratlosigkeit und eine dumpfe, hilflose Wut.
    »Vielleicht hat sie niemanden, mit dem sie über solche Dinge sprechen kann«, sagte sie sanft.
    »O doch, das hat sie. Sie hat eine Lebensgefährtin.«
    »Vielleicht …« Sie biss sich auf die Lippen.
    »Was?«
    »Vielleicht ist das Thema zu heikel, um es ausgerechnet mit ihrer Partnerin zu besprechen«, entschied Iris Vermeulen sich, ihren Gedanken nun doch auszusprechen. »Vielleicht haben die beiden Probleme deswegen. Oder ihre Freundin hat eine andere Art, damit umzugehen.«
    »Selbst wenn dem so wäre …«, Gus Vermeulen rieb sich die Stirn, bis sie sich rötete, »… wäre das alles nicht dein Problem. Es genügt doch wohl, dass dich deine Schüler für jeden Mist in Anspruch nehmen, oder? Da solltest du dich nicht auch noch für das Seelenheil irgendeiner Irren verantwortlich fühlen. «
    Iris Vermeulen lächelte, auch wenn ihr eigentlich eher nach Heulen zumute war. Obwohl die körperlichen Verletzungen, die sie in der Nacht des Überfalls davongetragen hatte, noch immer nicht vollständig verheilt waren und die Albträume sie vermutlich bis ans Ende ihrer Tage verfolgen würden, hatte sie das Gefühl, dass ihr Mann weitaus schlechter mit der Sache fertigwurde als sie selbst. Er war von Berufs wegen seit jeher viel unterwegs gewesen und hatte ihr und den Kindern gegenüber deswegen ein notorisch schlechtes Gewissen gehabt. Aber die Vorwürfe, die er sich seit der Tat machte, hatten mittlerweile ein Ausmaß erreicht, das ihr ernsthafte Sorgen bereitete. Wenn Gus freihatte, bekam sie ihn kaum noch dazu, das Haus zu verlassen, und wenn er doch einmal wegmusste, rief er sie alle halbe Stunde an. Sie betrachtete sein helles, vertrautes Gesicht und ertappte sich bei dem Gedanken,
dass sie auf Dauer vermutlich nicht ohne professionelle Hilfe auskommen würden.
    »Bitte«, sagte sie, indem sie ihrem Mann sanft, aber bestimmt das Telefon aus der Hand nahm, »lass es gut sein, ja? Ich verspreche dir, dass ich nicht mehr mit ihr rede, und …«
    »Aber sie wird dich niemals in Ruhe lassen«, fiel er ihr ins Wort. »Sie ist total besessen von diesem Kerl.«
    Das war allerdings ein Eindruck, den sie teilte. »Daran änderst du nichts, indem du sie anzeigst«, wandte sie dennoch ein.
    »O doch«, beharrte er

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