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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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gewöhnlich zu Verhandlungen mit potenziellen Auftraggebern trug, und hatte einen Notizblock und einen Kassettenrecorder in ihrer Schultertasche.
    Sie bedauerte, nicht nach Mrs. Portman gefragt zu haben – lebte sie noch, waren sie noch verheiratet, wäre auch sie zu Hause?
    Dass Tara »Mutter« geschrieben hatte, ohne ihren Vater zu erwähnen, könnte von Bedeutung sein. Es könnte etwas über ihre Beziehung zu ihrem Vater aussagen. Es könnte sogar bedeuten, wie Jack vermutet hatte, dass er irgendetwas mit ihrem Verschwinden zu tun hatte.
    Aber der Punkt war, dass der Geist Tara Portmans allein Gia erschienen war, und diese Tatsache summte ihr im Kopf herum wie eine eingesperrte Wespe. Sie würde keinen Frieden finden, solange sie nicht wusste, was Tara Portman von ihr wollte. Und das schien auf die Mutter hinzudeuten, nach der sie gefragt hatte.
    »Nun, jetzt habe ich mich schon bis hierher gewagt«, murmelte sie. »Da kann ich jetzt nicht kehrtmachen.«
    Sie klopfte an die Tür. Wenige Sekunden später wurde von einem Mann Mitte vierzig geöffnet. Taras blaue Augen schauten aus seinem schlaffen, unrasierten Gesicht heraus. Seine kräftige Gestalt steckte in einem schmuddeligen T-Shirt mit vergilbten Achselhöhlen und Kaffeeflecken auf der Vorderseite, und einer Jeans mit abgeschnittenen Beinen. Außerdem war er barfuß, und seine langen dunkelblonden Haare standen zerzaust von seinem Kopf ab.
    »Was ist?«, fragte er.
    Gia unterdrückte den Impuls davonzulaufen. »Ich … ich bin die Journalistin, die Sie kürzlich angerufen hat.«
    »Ach ja, natürlich.« Er reichte ihr die Hand. »Joe Portman. Kommen Sie rein.«
    Eine säuerliche Mischung aus altem Schweiß und noch älteren Essensresten attackierte Gias Schleimhäute, während sie über die Türschwelle in das winzige Apartment trat. Doch sie ließ sich ihren aufkeimenden Ekel nicht anmerken. Joe Portman eilte geschäftig umher, schaltete den Fernseher aus und sammelte verstreut herumliegende Kleidung vom Fußboden und einer durchgesessenen Couch auf. Er rollte die Sachen zu einem Bündel zusammen und stopfte es in einen Schrank.
    »Entschuldigen Sie. So bald hatte ich Sie nicht erwartet.« Er sah sie fragend an. »Kaffee?«
    »Danke, nein. Ich habe gerade welchen getrunken.«
    Er ließ sich auf die Couch fallen und deutete einladend auf einen Sessel neben dem Fernseher.
    »Wissen Sie«, sagte er, »es ist wirklich seltsam. Neulich saß ich genau hier, sah mir ein Spiel der Yankees an und musste plötzlich an Tara denken.«
    Gia ließ sich vorsichtig nieder. »Denken Sie nicht so oft an sie?«
    Er zuckte die Achseln. »Für zu viele Jahre war sie alles, woran ich dachte. Sehen Sie sich an, wohin mich das gebracht hat. Jetzt versuche ich, nicht an sie zu denken. Mein Arzt in der Klinik rät mir, ich solle die Vergangenheit ruhen lassen und stattdessen versuchen, mein Leben in den Griff zu bekommen. Das zu tun, lerne ich gerade. Aber es ist ein langsamer Prozess. Und unendlich schwer.«
    Gia hatte plötzlich eine Eingebung. »Was für ein Tag war es, als Sie plötzlich an Tara denken mussten?«
    »Es war eigentlich mehr als nur ein Gedanke. Für einen Augenblick, nur den Bruchteil einer Sekunde lang, glaubte ich, sie wäre bei mir im Raum. Und dann war dieses Gefühl genauso plötzlich wieder verschwunden.«
    »Aber wann?«
    Er blickte zur Decke und überlegte. »Mal sehen … Die Yanks haben in Oakland gespielt, demnach war es Freitagabend.«
    »Spät?«
    »Ziemlich. Elf oder so, nehm ich an. Warum?«
    »Reine Neugier«, sagte Gia und unterdrückte das Frösteln, als ein eisiger Hauch durch ihren Körper fuhr.
    Joe Portman hatte die Anwesenheit seiner Tochter zur gleichen Zeit gespürt, als das Menelaus Manor von dem Erdbeben erschüttert worden war.
    »Nun, der Grund, weshalb ich es überhaupt erwähnt habe, ist der, dass ich am Freitagabend dieses seltsame Gefühl hatte, dass Tara in meiner Nähe ist, und dann rufen Sie wenig später an und wollen einen Artikel über sie schreiben. Ist das ein Fall von Synchronizität oder was?«
    Synchronizität … nicht gerade die Art von Vokabel, die Gia aus dem Mund von jemandem erwartet hätte, der aussah wie Joe Portman.
    »Das Leben ist manchmal seltsam«, sagte Gia.
    »Das ist es.« Er seufzte, dann sah er sie wieder an. »Okay, Zeitungslady, was kann ich für Sie tun?«
    »Vielleicht können wir damit anfangen, wie es überhaupt passiert ist?«
    »Die Entführung? Das finden Sie doch in allen Einzelheiten in den

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