Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
Vom Netzwerk:
sich etwas.
    »Suchen Sie was Bestimmtes?«, fragte Lyle.
    »Ich überprüfe nur diese Steine.«
    Während er sich den nächsten Stein vornahm, bemerkte er, wie Lyle ihn anstarrte. Es war mehr als ein Starren – eher ein Blinzeln, als versuchte er, ihn besser zu erkennen.
    »Stimmt was nicht?«
    Lyle blinzelte. »Nein. Nichts.«
    Jack wandte sich wieder den Steinen zu. Er fand einen mit einer kreuzförmigen Mulde und bemerkte rund um die Vertiefung Kratzer im Granit.
    »Hatte der Grieche nicht erzählt, einige dieser Steine hätten eingelegte Kreuze gehabt?«
    »Richtig«, bestätigte Lyle und kam näher. »Aus Messing und Nickel.«
    Jack fuhr mit den Fingern über die Kratzer. »Es sieht so aus, als wäre Dimitri beim Entfernen dieser Kreuze nicht allzu behutsam zu Werke gegangen.«
    »Ja, das ist mir schon früher aufgefallen. Ich möchte bloß wissen, was er mit den Kreuzen gemacht hat.«
    »Vielleicht hat er sie für Grabsteine benutzt?«
    »Vielleicht wollte er diesen Ort auch für Dämonen angenehmer machen«, meinte Charlie. »Sie können die Nähe eines Kreuzes nicht so gut ertragen.«
    Indem er versuchte, einer weiteren Diskussion zuvorzukommen, die auch keine Klarheit schaffen würde, ergriff Jack ein Brecheisen und hielt es hoch.
    »Sollen wir nicht lieber weitermachen und die restliche Holztäfelung entfernen?«
    »Warum solche Mühe?«, fragte Charlie. »Die anderen Steine sehen wahrscheinlich genauso aus.«
    Jack stieß das gerade Ende des Brecheisens durch ein Stück Holztäfelung und spürte, wie die Spitze auf den Stein darunter traf. Er drehte das Eisen um, rammte das gekrümmte Ende in die Öffnung und riss einen Streifen laminiertes Holz heraus. Trotz eines leichten schmerzhaften Ziehens in seiner Seite fühlte es sich gut an. Manchmal gefiel es ihm, Dinge zu zerstören. Es gefiel ihm sogar sehr.
    »Oder auch nicht. Wenn wir genau nachschauen, finden wir vielleicht ein paar Steine, die nicht wie die anderen mit Mörtel befestigt wurden. Sie könnten sich herauslösen lassen, und wir finden dahinter eine Art Versteck. Wer weiß, was sich dahinter sonst noch verbirgt? Möglicherweise die sterblichen Überreste Tara Portmans.«
    Charlie schüttelte den Kopf. »Das ist nicht Tara Portman, Leute, ich sage euch, es ist ein …«
    »Still«, befahl Lyle und hob eine Hand. »Irgendetwas ist gerade …«
    »Was?«
    »Spüren Sie es nicht?«
    Jack schaute Charlie an, der nicht weniger verwirrt war.
    »Was sollen wir spüren?«
    Lyle drehte sich langsam im Kreis. »Irgendetwas nähert sich.«
    Dann konnte auch Jack es spüren. Ein eisiger Hauch, ein Sammeln, als würde sämtliche Wärme im Raum in seine Mitte gesogen, um durch ein unsichtbares Loch zu versickern, so dass nur noch ein ständig wachsender Knoten Kälte übrig blieb.
    Die Kälte traf Jack wie ein brennender Messerstich oben an seinem rechten Oberschenkel. Er fasste dorthin und spürte einen eisigen Klumpen in der Jeanstasche. Der Schlüsselanhänger! Er biss die Zähne zusammen, während er auf die Knie sank – Gott, tat das weh –, schob mühsam die Hand in die Tasche, um den Schlüsselanhänger herauszuholen, doch seine Finger klebten daran fest wie eine nasse Zunge an einem tiefgefrorenen schmiedeeisernen Zaun. Er löste die Finger davon, verlor ein paar Hautfetzen und zerrte am Stoff, zog ihn heraus und stülpte die Hosentasche nach außen. Endlich erschien die Roger-Rabbit-Puppe und kullerte auf den Boden.
    Aber sie schlug nicht auf. Stattdessen verharrte sie in der Luft, stieg hoch und schoss davon zur Mitte des Kellerraums. Dort schwebte sie in halber Höhe. Jack sah, wie Raureif auf den Gliedmaßen der Puppe entstand, dann am Kopf, und schließlich wurde die gesamte Figur davon eingehüllt.
    Ein schrilles Jaulen erfüllte die Luft, nahm an Lautstärke und Höhe zu, während Jack sich auf die Füße hoch kämpfte. Die Eisschicht um die Roger-Rabbit-Puppe wurde dicker, und Jack glaubte hören zu können, wie das Plastikmaterial knackte und knirschte, als es durch die enorme Kälte spröde wurde.
    Plötzlich mündete das Jaulen in einen wütenden Schrei. Der Kopf des Püppchens brach ab und raste durch den Keller. Er knallte gegen einen der Granitsteine und zerstob zu Pulver, das umherwirbelte und tanzte – wie vom Wind gepeitschte Schneeflocken. Dann brach ein Arm ab und entfernte sich in die entgegengesetzte Richtung, wobei er Charlies Kopf nur knapp verfehlte. Jack duckte sich, als der andere Arm auf ihn zuflog. Bruchstücke

Weitere Kostenlose Bücher