HMJ06 - Das Ritual
Lüge!« Er hob den Stock. Er würde es tun. Er würde ihn umbringen, hier und jetzt!
»Es ist die Wahrheit!« Kevin hatte Tränen in den Augen. »Ich habe versucht, Sie deswegen zu fragen, aber Sie meinten, ich solle die Angelegenheit selbst managen, und haben einfach aufgelegt.«
Eli ließ den Stock sinken. Jetzt erinnerte er sich.
»Das war der Grund, weshalb du angerufen hast?«
»Ja!«
Eli verfluchte sich, weil er nicht zugehört hatte.
»Wie sah dieser Mann aus? Rote Haare, hinten lang?«
Kevin schüttelte den Kopf. »Nein. Er hatte braunes Haar. Braune Augen, glaube ich. Er sah ganz normal aus. Aber er nannte Sie beim Vornamen und sagte, Sie seien befreundet. Er hat sogar seinen Namen hinterlassen.«
Ja, dachte Eli wütend. Jack. Nutzlos. Er kannte niemanden namens Jack.
Wer immer es war, musste das Schloss an der Vitrine mit einem Dietrich geöffnet haben. Aber warum … Warum hatte er das Stück bezahlt? Warum hatte er es nicht einfach in der Hosentasche verschwinden lassen und war gemütlich aus dem Laden spaziert?
Es sei denn, er wollte, dass ich es erfahre.
Er verspottet mich. Genauso wie sein Angreifer ihn verspottet hatte, ehe er zustach.
Ein Mann will am Sonntagabend den Schlüsselanhänger kaufen, ein anderer Mann überfällt mich am Montag und befreit das Lamm, ein dritter Mann holt sich am nächsten Morgen den Anhänger.
Könnte es jedes Mal ein und derselbe Mann gewesen sein?
Eli spürte, wie sich in seinem Nacken eine Eisschicht bildete. War es möglich, dass ihn jemand belauerte, so wie er die Lämmer belauerte?
»Bring mich nach oben«, verlangte er von Adrian. »Sofort.«
Er musste telefonieren. Er wusste auch, welche Nummer er wählen musste.
11
Mit dem Roger-Rabbit-Schlüsselanhänger in der Faust näherte sich Jack wachsam dem Menelaus Manor. Er ging an den vertrockneten Sträuchern vorbei und betrat den Vorbau. Dort wartete er kurz ab, ob etwas Ungewöhnliches geschah.
Nachdem sich etwa eine halbe Minute lang nichts getan hatte, außer dass er anfing, sich ein wenig lächerlich vorzukommen, klingelte er. Als sich niemand meldete, klingelte er wieder. Durch die Haustür hörte er ein schwaches Poltern und Klappern von Holz und Stahl auf Stein. Es klang, als hätten Lyle und Charlie bereits ohne ihn angefangen.
Er zog die Tür auf und zögerte, als er sich an das erste Mal erinnerte, dass er über diese Schwelle getreten war – an den entsetzlichen Schrei, das Erzittern des Untergrundes. Was würde diesmal geschehen, da er etwas in der Hand hielt, das möglicherweise dem gehörte, das – was immer es sein mochte – in dieses Haus eingedrungen war?
Geh lieber auf Nummer sicher, sagte er sich.
Er warf den Schlüsselanhänger ins Wartezimmer und trat zurück.
Kein Schrei, kein Erdbeben. Nichts.
Jack stand da und betrachtete Roger, der rücklings auf dem Fußboden lag und grinsend zur Decke blickte.
Er wartete ein wenig länger, aber auch jetzt tat sich nichts.
Enttäuschung verwandelte sich allmählich in Zorn, während er durch die Tür trat und den Schlüsselanhänger aufhob. Er unterdrückte den Drang, kehrtzumachen und das Ding mit einem Tritt in den Vorgarten zu befördern. Er war sich so verdammt sicher gewesen.
Nun ja. Einen Versuch war es wert gewesen. Und er musste zugeben, dass er irgendwie erleichtert war, keinen Beweis dafür erhalten zu haben, dass zwischen Bellitto und Tara Portman eine Verbindung bestand. Allmählich fürchtete er sich vor Zufällen.
Er stopfte Roger Rabbit in die Hosentasche und folgte dem Arbeitslärm in die Küche und die Kellertreppe hinunter. Dabei drangen auch noch andere Laute an seine Ohren. Musik. Jazz. Miles Davis. Irgendein Titel aus dem Album Bitches Breit).
Am Ende der Treppe blieb Jack stehen und schaute den Kenton-Brüdern für einen kurzen Moment bei der Arbeit zu. Sie hatten ihre Hemden ausgezogen und sahen für zwei Typen aus dem Spuk-Gewerbe erstaunlich muskulös aus. Ihre schwarze Haut glänzte von der Anstrengung, während sie die Holzverkleidung weghebelten und auf den Holzrahmen dahinter einhackten. Sie hatten bereits eine drei bis vier Meter breite Fläche entfernt, hinter der dunkelgraue Reihen von Granitsteinen zu sehen waren. Keiner der beiden hatte etwas von seiner Ankunft bemerkt.
»Wie ich sehe, geht es auch ohne mich«, stellte Jack fest.
Lyle zuckte zusammen, wirbelte herum und hob angriffslustig sein Brecheisen. Er atmete zischend aus und senkte es wieder, als er Jack erkannte.
»Tun
Weitere Kostenlose Bücher