HMJ06 - Das Ritual
unsichtbaren Gegner mit ihnen zerquetschen.
»Er wird nicht gewinnen!«, rief Eli. »Er glaubt, weil er unser Lamm gestohlen hat, hätte er unsere Zeremonie für diesen Zyklus erfolgreich sabotiert. Er kann nichts von dem Kind dieser DiLauro wissen – bis gestern wussten wir ja auch nichts davon. Wir können ihn noch immer besiegen.«
Er schnappte sich den Telefonhörer, tastete Strauss’ Pieper-Nummer ein und hinterließ als Nachricht die Bitte, er solle ihn baldmöglichst zurückrufen. Nur wenige Minuten später klingelte das Telefon.
»Fortschritte?«, schnappte Eli, sobald er Strauss’ Stimme erkannte.
»Einige. Aber es geht nicht so schnell, wie ich es mir wünschen würde. Was ist los?«
Er unterrichtete Strauss über den letzten Coup des geheimnisvollen Mannes, ohne etwas von seiner Theorie hinsichtlich der möglichen weiteren Pläne des Unbekannten verlauten zu lassen. »Welche Schwierigkeiten gibt es? Was tun Sie gerade?«
»Ich weiß nicht, ob ich das sagen soll«, entgegnete Strauss. »Bei allem, was dieser Kerl weiß, wie können Sie sich da sicher sein, dass Ihre Telefonleitung nicht abgehört wird?«
Eli hatte plötzliche leichte Atemstörungen. Diese Möglichkeit war ihm noch nicht in den Sinn gekommen.
»Können Sie die Leitung überprüfen?«
»Klar, aber nicht heute. Hier sind einige Dinge zu erledigen, so dass ich heute Nacht erst sehr spät wieder zurück bin.«
Das reichte nicht. Eli musste es jetzt gleich erfahren. Dann hatte er eine Idee.
»Schicken Sie mir ein Fax.«
»Wie bitte?«
»Sie haben richtig gehört. Schreiben Sie alles per Hand auf oder tippen Sie es. Drücken Sie sich so vage aus, wie Sie wollen – ich werde es schon verstehen –, und dann faxen Sie mir den Bericht. Anschließend vernichten Sie das Original, ich werde die an mich gesandte Kopie verbrennen, und niemand außer uns wird Bescheid wissen.«
Am anderen Ende trat eine Pause ein, dann: »Na schön. Das könnte funktionieren. Denken Sie nur daran, das Blatt sofort verschwinden zu lassen.«
»Ich habe die Zündhölzer schon bereitgelegt.«
Er nannte Strauss seine Faxnummer, dann legte er auf. Zwölf Minuten später klingelte das Faxgerät und begann dann mit dem Ausdrucken einer kurzen handschriftlichen Nachricht.
Unser Freund in der Bank hat sich die Kontodaten der Lady besorgt, doch bis jetzt gibt es keinen Scheck, der auf ein Ferienlager ausgestellt wurde. Er wirft auch noch einen Blick auf das Kreditkartenkonto, aber das dauert ein wenig länger. Bis heute Abend weiß ich Bescheid und schickte so schnell wie möglich ein Fax.
VERBRENNEN SIE DIESE NACHRICHT!
Paranoid wie er war, hatte Strauss die Nachricht nicht unterschrieben.
Eli gab das Blatt an Adrian weiter. »Besorg dir Zündhölzer, und tu, was der Mann verlangt.«
Bankkonten und Kreditkarten …, wie clever. Warum soll man auch die Namenslisten tausender Ferienlager auf der Suche nach einem bestimmten Kind durchgehen, wenn man zu diesem Zweck die persönlichen Daten der Mutter zu Rate ziehen kann. Big Brother hatte gewiss seine Schattenseiten, aber in dieser Situation könnte er sich als Gottesgeschenk entpuppen.
Eli fühlte sich gleich besser. Bis zum Abend würden sie den Aufenthaltsort des Lamms erfahren und konnten dann darüber nachdenken, wie man sich das Mädchen am besten holen konnte. Wenn alles gut ging, wäre die Kleine bis zum nächsten Morgen in ihrer Gewalt.
4
Lyle stand auf der untersten Stufe der Kellertreppe und warf sich in die Brust. Er hatte sich rasiert, geduscht und sich in seinen schwarzen Seidenanzug geworfen. Ifasen war bereit für seinen Auftritt in Forest Hills.
»Wie sehe ich aus?«
Charlie blickte von seiner Arbeit auf. »Aufgeschrillt wie ein Wolf im Schafspelz.«
»Tausend Dank.«
Überhaupt nicht das Bild, das Lyle vorschwebte, aber er wusste, dass Charlies Beurteilungen, soweit es ihn betraf, zu Spott und Zynismus neigten.
Lyle ging nicht weiter darauf ein, sondern wechselte das Thema. »Jack hat angerufen. Er wurde aufgehalten. Er will noch eine Kleinigkeit essen, ehe er wieder herkommt. Mach doch eine Pause, bis er hier ist. Ich werde auch nicht allzu lange wegbleiben, so dass wir zu dritt noch gut zwei Stunden weiterarbeiten können.«
Charlie schüttelte den Kopf. »Nichts zu machen. Ich habe dir gesagt, ich würde dir noch zwei Tage geben, und genau das tue ich. Ich will nicht, dass du mir vorwirfst, ich hätte mein Versprechen nicht eingehalten. Geh nur. Ich grabe
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