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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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weiter.«
    »Charlie …«
    »Geh schon, Mann. Wenn ich was finde, meld ich mich bei dir. Wenn wir bis Mitternacht keinen Erfolg hatten, hauen wir ab, okay? So lautete die Abmachung, stimmt’s? Oder etwa nicht?«
    Lyle seufzte. »Stimmt.«
    Ihm wurde klar, dass er den Vortrag vor dem Frauenclub lieber hätte verschieben oder gar ganz absagen sollen. Welchen Sinn hätte es, neue Kundinnen zu werben, ganz gleich, wie betucht sie waren, wenn er nach heute Abend überhaupt nicht mehr im Geschäft sein würde? Er hätte niemals diese Abmachung mit Charlie treffen dürfen, oder zumindest hätte er auf drei anstatt nur zwei Tagen bestehen sollen.
    Hör endlich auf, alles nur negativ zu sehen, sagte er sich. Wir werden Tara heute Abend finden. Ich weiß es.
    Und dann würden diese Forest-Hills-Ladys sich geradezu überschlagen, um Termine für diverse Sitzungen mit ihm zu vereinbaren.
     
     

5
     
    Das in Frischhaltefolie eingewickelte Sandwich klemmte kühl unter Jacks Arm, als er bei Julio’s erschien. Die Feierabendbelegschaft trudelte nach und nach ein, und dicke Rauchschwaden hingen bereits über den Köpfen der Durstigen. Während sich Jack einen Weg zu einem der hinteren Tische suchte, winkte er Julio zu und deutete ihm mit einem in die Höhe gereckten Daumen an, er solle ihm ein Bier bringen.
    Eine Minute später stellte ihm Julio eine offene Langhalsflasche Rolling Rock auf den Tisch und sah zu, wie Jack seinen Imbiss aus der fettigen Folie auspackte. Ein würziger Essiggeruch breitete sich aus. Er hatte bei Costin’s-Mom-and-Pop-Imbiss im letzten Block reingeschaut und sich das Sandwich, ohne lange zu suchen, aus der Kühltheke gefischt. Es war eine vorgefertigte Konstruktion aus schwammartigem Brot, gefüllt mit in Scheiben geschnittenen Fleischnebenprodukten, garniert mit einer käseähnlichen Substanz, die niemals auch nur in der Nähe einer Kuh zu finden gewesen war. Aber es war schnell verfügbar und versprach, das Loch in seinem Magen hinreichend auszufüllen.
    »Hey, Mann, wenn die Leute das sehen, dann meinen sie, man könnte sich sein eigenes Essen hierher mitbringen.«
    Jack trank einen tiefen Schluck von seinem Bier. Verdammt, schmeckte das gut. Er war zu Hause vorbeigefahren, um zu duschen und sich umzuziehen. Eine frische Jeans, ein frisches Hemd – ein T-Shirt von einem Konzert der Allman Bros. das er in einem Trödelladen gefunden hatte –, und schon fühlte er sich fast wie neugeboren und bereit, sich wieder als Maulwurf zu betätigen.
    »Niemand schaut hierher, und ich bin zu hungrig und habe zu wenig Zeit, um mich mit diesen Hühnerflügeln und den anderen Appetithäppchen rumzuschlagen, die du deinen Gästen auftischst.«
    Der kleine Mann wurde ernsthaft wütend und pumpte seine beachtlichen Bizeps auf. »Hey, wir servieren das beste Essen, das man für Geld zubereiten kann.«
    »Aus deiner Nachricht ging hervor, dass du irgendwas für mich hast, hm?«
    Während Julio einen Briefumschlag aus der Gesäßtasche fischte, biss Jack in sein Sandwich. Eine teigige Masse, die nach Olivenöl und Essig schmeckte. Gut. Wenigstens wäre er nicht mehr hungrig, wenn er fertig war.
    »Ein alter Knabe hat das heute Morgen abgegeben.« Er hielt sich den Umschlag unter die Nase und schnüffelte daran. »Mmm. Das riecht nach Geld.«
    »Ein alter Knabe?«
    »Ja. Der, mit dem du am Sonntag hier gesessen hast.«
    Jack verschluckte sich beinahe an seinem Sandwich, während er von seinem Platz halb aufsprang und sich umsah. »Ist er noch da?«
    »Nee.« Julio schnippte mit den Fingern. »Er kam rein und war gleich wieder weg. Als wollte er nicht gesehen werden.«
    »Scheiße!«
    »Suchst du ihn?«
    »Ja. Dringend.«
    »Hat er dich beschummelt?«
    Jack öffnete den Umschlag und blätterte die Banknoten durch. Die Summe schien die richtige zu sein.
    »Nein. Aber er ist mir einige Antworten schuldig.«
    Zum Beispiel, warum er mich engagiert hat und weshalb er mich angelogen hat, was seinen Namen betrifft. Wahrscheinlich werde ich das jetzt nie erfahren.
    Jack entdeckte einen gelben Notizzettel zwischen den Geldscheinen. Er zog ihn heraus, faltete ihn auseinander und las die handschriftliche Nachricht:
     
    Danke, dass Sie sich um meinen Bruder gekümmert haben.
    Edward
     
    Machte er sich über ihn lustig, oder meinte er das ernst? Jack konnte und wollte es nicht entscheiden. Trotz seiner Enttäuschung widerstand er dem Impuls, den Zettel zusammenzuknüllen und quer durch den Raum zu schleudern. Stattdessen schob

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