Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
Vom Netzwerk:
sie es und klammern sich ans Irrationale, egal, wie verrückt es ist.«
    Jack sah Abe an. »Wir wissen beide, dass es auf dieser Welt Dinge gibt, die sich nicht so einfach erklären lassen.«
    »Du meinst so was wie die Rakoshi?«
    »Genau. Sie sind durch wissenschaftliche Methoden nicht zu erfassen, wenn ich es richtig verstehe.«
    »Aber sie waren real. Vergiss nicht, dass ich unten in der Battery war, als diese eine Bestie aus dem Hafen stieg. Ich sah sie mit eigenen Augen, sah, wie sie deine Brust aufschlitzte. Wenn jemand so etwas erlebt, wer fragt dann noch nach Glauben? Und außerdem trägst du immer noch die Narben. Für dich ist es keine Frage des Glaubens, du weißt.«
    Jacks Hand wanderte unwillkürlich zu seiner Brust und tastete die gummiartigen Wülste durch den Stoff seines T-Shirts ab.
    »Aber ein Rakoshi passt nicht zu dem, was wir von der Welt wissen.«
    »Richtig. Doch das entscheidende Wort ist ›wissen‹. Ich kann es nicht erklären, aber vielleicht kann das jemand anderer. Ein Experte mit Spezialwissen, möglicherweise. Ich behaupte, dass alles erklärbar ist – das heißt, alles außer dem menschlichen Verhalten. Wenn man über hinreichendes Wissen verfügt. Dieses Wissen ist der kritische Punkt. Du und ich verfügen teilweise über dieses Wissen – du über mehr als ich, weil du schon mehr gesehen, mehr erlebt hast. Wir wissen, dass es in dieser Welt eine dunkle Macht gibt …«
    »Die Andersheit«, sagte Jack und dachte daran, wie sie im vergangenen Jahr in sein Leben eingedrungen war. »Aber das ist nur ein Name, den irgendjemand ihr verpasst hat.«
    »Nach dem zu urteilen, was du mir davon erzählt hast, ist sie kein Ding, eher eine Art Seinszustand. Das Wort ›Andersheit‹ verrät nicht viel darüber. Was immer sie ist, zurzeit können wir es nicht wissen. Wir wissen, dass sie durch Kristalle und Talismane abgewehrt und durch Gebete und Opfer nicht herbeigerufen werden kann. Daher ist all dieser Hokuspokus, in den die New Ager und die Ende-aller-Tage-Leute und die UFO-Typen und all ihre Gesinnungsgenossen und Mitspinner sich vertiefen, völlig nutzlos. Die wahre Dunkelheit in dieser Welt offenbart sich nicht selbst. Sie hat ihre eigenen Gesetze und folgt ihrem eigenen Plan.«
    Jack ertappte sich dabei, wie er an seine Schwester dachte. Er machte die Andersheit für ihren Tod verantwortlich.
    »Ich habe dir nie erzählt, was Kate zu mir sagte, kurz bevor sie starb. Es ging darum, dass die ›Dunkelheit‹ käme. Sie sagte, das Virus in ihrem Kopf lasse sie die Dunkelheit sehen. Sie sagte, die ›Dunkelheit wartet noch, aber sie kommt schon bald‹. Sie würde alles überrollen.«
    »Deine Schwester in allen Ehren – und ich sollte dir vielleicht nie verzeihen, dass du mir diese feine Frau nicht vorgestellt hast –, aber sie war in höchster Not. Wahrscheinlich wusste sie nicht mehr, was sie redete.«
    »Das glaube ich schon, Abe. Ich glaube, sie sprach davon, dass die Andersheit hier die Oberhand behalten wird. Es passt auch irgendwie zu gewissen Anzeichen und Informationen, zu denen ich seit dem Frühjahr gekommen bin. Die Ereignisse nach dieser Verschwörungskonferenz, Andeutungen von dem Kerl, der die Freak-Show leitete, und was diese seltsame russische Lady an Kates Grab mir erzählte, all das deutet auf dasselbe hin, nämlich, dass eine schlimme Zeit auf uns zukommt, neben der alle anderen schlimmen Zeiten sich ausnehmen wie ein Picknick im Grünen. Die schlimmste Zeit für die menschliche Rasse, schlimmer als alle Plagen und Weltkriege auf einmal.«
    Abe starrte ihn mit grimmiger Miene an. Das passte zu dem gesellschaftlichen Holocaust, den er seit einer Ewigkeit prophezeite. »Hat sie auch angedeutet, was wir dagegen tun können?«
    »Nein.«
    Kate hatte Jack lediglich mitgeteilt, dass nur eine Hand voll Menschen der Dunkelheit im Weg stünden und dass er einer von ihnen sei. Aber das erwähnte er nicht.
    Abe zuckte die Achseln. »Und was nun?«
    »Deshalb habe ich nicht davon angefangen. Ich frage mich, ob die Menschen nicht möglicherweise spüren, dass diese Dunkelheit näher kommt. Nicht bewusst, aber auf einer primitiven, unterbewussten Ebene. Vielleicht erklärt das, weshalb sich so viele den Fundamentalisten und den orthodoxen Religionen zuwenden – Einrichtungen und Ideen also, die auf alles eine klare und einfache Antwort parat haben. Vielleicht sind deshalb gerade Verschwörungstheorien so populär. Diese Leute spüren, dass etwas Schreckliches auf sie, auf uns

Weitere Kostenlose Bücher