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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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paar geeignete Verstecke zum Beobachten des Geländes, doch er brauchte eine höher gelegene Aussichtsposition. Das Hausdach fiel aus, da sein Gefälle eindeutig zu steil war. Da eignete sich das Dach der Garage schon viel eher, doch dort oben befände er sich nur ein Stockwerk über Bodenniveau.
    »Diese Garage sieht aus wie ein nachträglicher Einfall.«
    Schlimmer als das. Eher wie eine krankhafte Geschwulst an der rechten Seite des Hauses, die dessen Symmetrie empfindlich störte.
    »Der Immobilienmakler meint«, berichtete Lyle, »das Ganze habe immer so ausgesehen. So wurde es in den achtziger Jahren vom Sohn des ursprünglichen Eigentümers gebaut, nachdem er das Anwesen geerbt hatte …«
    »Und ehe er seinem Leben selbst ein Ende setzte.«
    »Offensichtlich. Falls ich jemals auf die Idee kommen sollte, mir ein Auto anzuschaffen, dürfte sich die Garage als ziemlich praktisch erweisen, wenn ich von einem Einkaufsbummel zurückkomme. Man geht von dort direkt in die Küche. Ein großer Vorteil, wenn es regnet.«
    »Oder wenn Sie nicht wollen, dass jemand mitkriegt, was Sie ausladen.«
    Lyle musterte ihn stirnrunzelnd. »Ja, ich denke, das auch. Aber warum sagen Sie das?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Jack. »Ist mir einfach so eingefallen.« Und das stimmte. Die Idee war ihm wie aus dem Nichts in den Sinn gekommen. Er verwarf sie mit einem Kopfschütteln. »Sehen wir uns mal diesen Ahorn an«, sagte er und deutete zur Straße.
    »Ahorn«, wiederholte Lyle, während sie durch die Dunkelheit zur Straße schlenderten. »Das muss ich mir merken.«
    »Ich nehme an, dort wo Sie aufgewachsen sind, gab es nicht viele Bäume.«
    Er spürte, wie Lyle sich innerlich spannte. »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ihr Akzent ist ja ganz gut, aber Charlie …«
    »Ja, Charlie«, seufzte Lyle. »Ohne ihn kann ich diese Sache nicht durchziehen. Aber ich darf ihn nicht reden lassen, wenn ein Klient in der Nähe ist. Er rafft es einfach nicht.«
    Sie erreichten den Ahorn, der dicht am Bordstein stand und mit seiner Krone den Bürgersteig und die Fahrbahn überschattete. Er machte einen gesunden und kräftigen Eindruck, doch das Astwerk war hoch oben am Stamm beschnitten worden. Die niedrigsten Äste befanden sich gut drei Meter über dem Erdboden.
    »Helfen Sie mir mal«, sagte Jack.
    Lyle sah ihn zweifelnd an.
    »Na los doch«, sagte Jack lachend. »Ich weiß, dass ihr Scharlatane viel zu stolz seid, um euch die Hände schmutzig zu machen, aber ich brauche nur eine kleine Hilfsleiter für das erste Stück, und dann komme ich schon alleine weiter.«
    Kopfschüttelnd verschränkte Lyle die Hände, ließ Jack mit einem Fuß hineintreten und hob ihn hoch, bis er einen Ast ergreifen konnte. Während er weiterkletterte, konnte er sehen, dass Lyle ein paar Schritte rückwärts machte und zwischen zwei geparkten Automobilen hindurch hinaus auf die Fahrbahn trat.
    »Wo wollen Sie hin?«
    »Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich dachte, ich sollte mich lieber in Sicherheit bringen, falls Sie oder dieser Ast herunterfallen.«
    »O nein, dabei habe ich mich darauf verlassen, dass Sie mich auffangen würden, falls ich …«
    Jack hörte das Aufheulen eines Automotors. Er schaute die Straße hinunter und entdeckte einen Pkw, der mit gelöschten Scheinwerfern auf Lyle zusteuerte.
    »Vorsicht!«
    Lyle drehte sich um, reagierte jedoch nicht sofort. Vielleicht sah er auch den Wagen nicht, weil seine Scheinwerfer nicht brannten. Als er sich schließlich rührte und einen Satz zurück zum Bordstein machte, kurvte der Wagen schon auf ihn zu und verfehlte ihn um Haaresbreite, während er den Kotflügel des rechten geparkten Fahrzeugs streifte.
    »Sind sie das?«, brüllte Jack, während er eilends vom Baum herabkletterte.
    Der Wagen blieb nicht stehen, verlangsamte noch nicht einmal seine Fahrt. Jack vergewisserte sich mit einem schnellen Blick, dass Lyle zwar am ganzen Leib zitterte, sonst aber unversehrt geblieben war.
    »Keine Ahnung.«
    Jack startete. Dabei haben die mich noch nicht mal engagiert, dachte er, während er auf dem Bürgersteig davonsprintete.
    Er war rein reflexartig losgerannt, blieb aber nicht stehen. Einen Auftrag ohne Anzahlung in Angriff zu nehmen war strikt gegen Jacks Regeln, doch nach diesem Zwischenfall war er sich ziemlich sicher, dass Lyle seine Dienste in Anspruch nehmen würde. Und ein Blick auf das Nummernschild des Fahrzeugs könnte Jack ein paar Beobachtungstage ersparen.
    Er hielt sich auf dem Bürgersteig in der

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