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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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ihre eigenen Kreise gestört habe.«
    »Es gibt bloß einen kleinen Unterschied«, meldete sich Charlie mit gerunzelter Stirn zu Wort. »Sie glauben an das, was sie tun. Und das tust du nicht.«
    »Trotzdem ist es nur ein Spiel«, sagte Lyle, und sein Mund verzog sich, als schmeckte er etwas Bitteres. »Nur weil wir wissen, dass das Ganze ein Schwindel ist, und sie das nicht wissen, ändert sich doch nichts. Ein Schwindel ist ein Schwindel. Am Ende liefern wir unseren Kunden die gleiche Ware.«
    Ein angespanntes Schweigen setzte ein, während keiner der Brüder dem anderen in die Augen blicken wollte.
    »Apropos liefern«, sagte Jack. »Ich nehme doch an, die Anzeigen haben ihren Zweck erfüllt, oder?«
    »Na klar«, sagte Lyle. »Das Telefon stand nicht mehr still. Diejenigen, die zum ersten Mal hier herauskamen, sind fast alle wieder zurückgekehrt. Und sie haben dabei auch noch andere Interessenten mitgebracht.«
    »Vorwiegend aus der City, nicht wahr?«
    Ein zustimmendes Kopfnicken. »Ungefähr neunzig Prozent kommen von dort.«
    »Ich brauche sicher nicht hervorzuheben, dass die meisten dieser Leute regelmäßig zu anderen Medien gingen, ehe Sie Ihre Zelte hier aufschlugen. Und wenn sie jetzt zu Ihren Stammkunden gehören, kann man wohl davon ausgehen, dass Ihrer Konkurrenz inzwischen ein paar Kunden fehlen. Ich wäre sehr enttäuscht, wenn Sie nicht irgendwo eine Liste von den Gurus hätten, deren Rat regelmäßig eingeholt wurde, ehe Sie hier auftauchten.«
    »Eine solche Liste besitze ich tatsächlich.«
    »Gut. Ich wäre allerdings ähnlich enttäuscht, wenn Sie sich nicht genau über die finanzielle Lage jedes Besuchers informiert hätten, der durch diese Tür hereingekommen ist.«
    Lyles Miene wurde bleich. Er sagte nichts.
    Nun komm schon, dachte Jack. Dieser Typ war ja völlig von der Rolle. Wem wollte er was vormachen? Jack kannte keinen Akteur in der Spiritistenszene, der nicht Namen oder Kennziffern amtlicher Ausweise, Kreditkarten- und Kontonummern oder sogar Sozialversicherungsnummern benutzte, sofern er an sie herankam, um sich über die finanzielle Lage seiner Kunden – oder wie immer man sie nannte – Klarheit zu verschaffen.
    Schließlich verzogen sich Lyles Lippen zum Anflug eines widerstrebenden Lächelns. »Ich glaube, ich kann mit einiger Sicherheit prophezeien, dass Ihre Enttäuschung sich auch in diesem Punkt in engen Grenzen halten dürfte.«
    »Hervorragend. Dann tun Sie jetzt Folgendes. Ordnen Sie Ihre Klienten nach deren früheren Gurus. Dann erstellen Sie eine Rangfolge hinsichtlich ihrer Finanzen und/oder ihrer Spendierfreudigkeit. Suchen Sie die Wahrsager, die die meisten zahlungskräftigen Kunden an Sie verloren haben, und wir legen eine Liste von Verdächtigen an.«
    Lyle und Charlie sahen einander an, als wollten sie sagen: Warum sind wir nicht selbst darauf gekommen?
    Jack trank sein restliches Bier und erhob sich. »Es wird spät, Freunde. Einer von Ihnen kann mich ja morgen anrufen und Bescheid sagen, ob wir miteinander ins Geschäft kommen oder nicht.«
    »Okay«, sagte Lyle. »Wenn wir uns dafür entscheiden, wann möchten Sie die Anzahlung haben?«
    »Da morgen Sonntag ist, kann ich sie am Montag holen. Bargeld, wohlgemerkt. Danach fange ich an.«
    Obgleich es dunkel war und er noch nicht offiziell engagiert war, ließ sich Jack von Lyle noch das Grundstück zeigen. Während sie von der Vorderveranda herunterstiegen, bemerkte er die abgestorbenen Pflanzen um die Grundmauern des Hauses.
    »Hey, wenn Ihnen dieser Look besonders gefällt, kann ich Ihnen in der City eine Bar empfehlen, in der Sie sich wie zu Hause fühlen werden.«
    »Ich hab vergessen, das zu erwähnen. Es ist im Laufe der Nacht passiert. Offenbar wurde das Grünzeug vergiftet.«
    »Ziemlich gemein.« Jack rieb ein steifes, braunes Rhododendronblatt zwischen den Fingern. Es fühlte sich an, als wäre es schon vor einem Monat abgestorben und hätte seitdem in der Mojave-Wüste gelegen. »Und billig. Ich mag keine billigen Leute.«
    Etwas an den verdorrten Pflanzen störte ihn. Er hatte sich früher als Jugendlicher mit Gartenarbeit ein wenig Taschengeld verdient und dabei auch schon mal Entlaubungsmittel benutzt. Er konnte sich jedoch nicht erinnern, dass dieses Zeug derart schnell und gründlich gewirkt hatte. Die Pflanzen hier sahen aus, als wären ihnen über Nacht schlagartig sämtliche Säfte ausgesaugt worden.
    Abgesehen von den Pflanzen direkt am Haus boten die restlichen Büsche und Sträucher ein

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