Hochgefickt
ausgeplaudert hatte, ließ die Gesamtaktion nämlich zu einem fotografisch sehr effizienten und fast künstlerischen Ergebnis kommen. Ich war schon ungeduldig, endlich seine Reaktion auf besagte Fotos zu sehen, wusste aber, dass der richtige Zeitpunkt zur Präsentation gut gewählt sein musste – zum Beispiel bei einem Treffen aller drei potentiellen Väter.
Das wiederum zu organisieren, war eigentlich ein Leichtes, schließlich saß man ja auch geschäftlich in einem Boot. Ich hatte mir schlüssige Notwendigkeiten bezüglich der weiteren Marketing-Planung rund um den Mehrteiler zurechtgelegt und kontaktierte als nächstes den Sender-Sultan, der dann meiner Vorstellung nach Marketing-Mike dazubeordern sollte, dessen Lebenszeichen seit den öffentlichen Spekulationen seitens der Medien darin bestanden, sich tot zu stellen und meine Anrufe wegzudrücken.
»Ja servus, Muschili, Frohes Neues und so«, meldete sich der Sultan, als ich ihn auf seinem Handy anrief. »Gell, bist mir net bös mit der Gegendarstellung, aber i muss ja an meine seriöse Reputation denken! Da muss i denen auf die Finger klopfen bei soam Schmarrn.« Ich reagierte natürlich mit dem größtmöglichen Verständnis, bat aber trotzdem um persönliche Audienz. »Jaja, dös wollt i eh, der erste Teil vom Sequel is scho fertig g’schnitten, und der Kosly und du, ihr macht’s ja jetzt a ganze Platten, da schaun mir doch amal, ob da glei noch a Liedl neipasst in die erste Folge – der große Manitu hat gsagt, mir solln dieses Jahr zum erfolgreichsten überhaupt machen, da wollmer dös a tun, gell?!« Der große Manitu war der Inhaber des Konzerns, dem neben einigen anderen medialen Spielzeugen unterm Strich sowohl die Plattenfirma als auch der Sender gehörten, und gegen den in Sachen Diskretion und Selbstdarstellung nach außen die Gebrüder Albrecht wirkten wie öffentlichkeitsgeile Cheerleader.
Und noch bevor ich meinen dezenten Argumentationsansatz, den ich mir so hübsch überlegt hatte, anbringen konnte, bestimmte »der neue starke Mann«: »Also, bleib in der Leitung, mei Sekretärin gibt dir den Termin durch, den i gestern scho mitm Marketing-Michl ausgmacht hab – und dann bringst mir bittschön a noch den Kosly mit!«
Ich musste also gar nichts tun, außer weitere vier Tage abzuwarten, bis wir uns endlich zu viert zum Mittagessen beim Franzosen trafen. Auch wenn mir rational klar war, dass in Phase 2 bis jetzt alles ganz hervorragend nach Plan lief, plagte mich bei diesem Essen eine unglaubliche Nervosität. Schließlich ging es jetzt und hier darum, den Sack zuzumachen, und zwar erfolgreich. Wenn ich jetzt kniff oder patzte, wäre auch der ganze Wahnsinn, den wir im Vorfeld veranstaltet hatten, für die Katz gewesen, und das wollte ich natürlich nicht zulassen – trotzdem fluchte ich innerlich, dass ich mir in dieser Situation noch nicht mal Mut antrinken konnte.
Also saß ich stocknüchtern zwischen den drei Alpha-Tierchen und baldowerte abgeklärt mit ihnen herum, wie man es angehen könnte, dass die Umstände, in denen ich mich befand, sich nicht weiterhin als Knick nach unten in der Beliebtheitsskala beim Publikum widerspiegelten. Zwar hatte das größte Alpha-Tier am Tisch während des Gesprächs sowieso seine entspannte Zuversicht demonstrativ zur Schau getragen und schon dreimal seine Maxime »im Showg’schäft gilt halt einfach: bad news are good news« wiederholt, aber trotzdem war klar, dass ich bis spätestens Ostern, wo sich die Aktivitäten ballten – Erstausstrahlung, Platten-VÖ und Parfum mit CD in der limitierten Vorab-Edition, exklusiv für die Clubmitglieder des Senderclubs –, wieder reichlich Sympathiepunkte sammeln musste. Zurzeit hingegen war mein Image wirklich ziemlich ramponiert, und um dem entgegenzuarbeiten, würde man gezielt unterstreichen müssen, wie die Kämpferinnen-Anmutung der Mega-TV-Event-Hauptfigur sich imagemäßig auch ganz großartig auf meine aktuelle reale Situation beziehen ließe und umgekehrt.
Dann – und nur dann – bestand nämlich die Chance, den ganzen Presse-Wahnsinn um die Person Lina Legrand zum Wohle von Einschaltquote und Verkaufszahlen zu nutzen und eventuell sogar noch zu ölen. Auch wenn meine persönliche Planung an dieser Stelle noch bedeutend weiter griff, als ich das in dieser Runde kolportierte, hatten sie natürlich alle ein offenes Ohr für die Ideen, die dem Gesamterfolg des Projektes förderlich sein sollten.
»Ja, dös mit dem Song, dös gfallt mir
Weitere Kostenlose Bücher