Hochgefickt
abgestrittenen Affären anscheinend doch mehr gelaufen sein musste, als ich zugab.
Ralf erzählte, dass drei verschiedene Reporter wirklich alles versucht hatten, um den Namen des von ihm angeheuerten Detektivs zu erfragen, aber er hatte natürlich dichtgehalten, und so erfreute ich mich zwischen den Jahren in der Schweiz, wo wir in einem kleinen Chalet alle gemeinsam (Reza und Ralf, Renate und Günther, Jens und ich) ins neue Jahr feierten, der wunderbar absurden Schlagzeilen aus Deutschland: »LINAS ZWILLINGE – HABEN SIE SOGAR VERSCHIEDENE VÄTER? Experte: Theoretisch können zweieiige Zwillinge auch von zwei verschiedenen Vätern stammen …«
Besonders die Bild gab sich große Mühe zum Jahresausklang, denn gerade in der Silvesterausgabe wird man ja gerne witzig, und somit bot sie als Jahresvorschau für 1998 diverse »nicht ganz ernstgemeinte« Fotomontagen zum Thema »Luder-Lina« an: Ich mit jeweils einem Baby im linken und im rechten Arm, wobei den Babys unterschiedliche Gesichter (von Tom Kosly, von Reza, von Marketing-Mike, vom Regisseur, vom Sender-Sultan, vom Konzernchef, sogar Uralt-Fotos von Sebi und von Finn) aufmontiert waren – Satire darf ja schließlich alles. Trotzdem fehlte einigen der in der Fotomontage Gezeigten der Humor, das auch so zu sehen, und so gab das im neuen Jahr vom ein oder anderen direkt mal Ärger für das Blatt.
Für mich gab es im neuen Jahr als Resultat des Rauschens im Blätterwald allerdings auch endlich mal Lebenszeichen von den drei Herren, die aufgrund der Spekulationen wohl stressige Feiertage mit ihren »verklemmten Frauen« und »erbosten Familien« gehabt hatten und es mir so einfach machten, meinen guten Vorsatz für das neue Jahr direkt in die Tat umzusetzen: Phase 2 zielstrebig zu Ende bringen und Phase 3 konkret einläuten.
20
Angebote zur Verschwörung
(Januar / Februar 1998)
Der erste von den drei potentiellen Vätern, der sich im neuen Jahr meldete, war Tom Kosly. Wir hatten uns seit den letzten Studioaufnahmen um den 20. Oktober herum nicht mehr gesehen, und schon diese Termine waren sehr bizarr gewesen: Dass wir einen Monat zuvor, im letzten Septemberdrittel nämlich, seiner Überzeugung nach in diesem Tonstudio animalischen und schamlosen Sex miteinander gehabt hatten, machte die weitere Zusammenarbeit für ihn irgendwie schwierig. Nicht nur, weil meine Anwesenheit in diesen Räumlichkeiten ihn andauernd an seinen Fehltritt erinnerte – er hatte sich im Spätsommer eigentlich gerade frisch verlobt und wollte im Juni 1998 seine Freundin heiraten –, sondern auch, weil ich ihn nämlich durchaus ermuntert hatte, ruhig ordentlich zu koksen – »Tu dir keinen Zwang an, ich gönn meiner Nasenscheidewand zwar gerade ganz konsequent ’ne Pause, aber das muss dich doch nicht abhalten« –, bevor ich ihm heimlich die K.-o.-Tropfen unterjubelte. Der anschließende Filmriss, den er hatte, bestärkte ihn im schlechten Gewissen und im daraus resultierenden Entschluss, dass er dringend sein Leben ändern und solide werden müsse. Aber da passte ich nun überhaupt nicht mehr rein: »Daher bitte ich dich ernsthaft um dein Verständnis, dass das nur ein einmaliger Ausrutscher war, Lina, so gigantisch der Sex auch gewesen sein mag.«
Ich fand das alles höchst amüsant, sowohl dass er den Sex, den wir ja de facto niemals miteinander gehabt hatten, so gigantisch fand, weil ich ihm das am Morgen danach genau so souffliert hatte, als auch, dass er bei den Aufnahmen, die wir nach diesem Fehltritt machten, um besonders kumpelige Asexualität bemüht war. Zudem versuchte er sein offensichtlich schlechtes Gewissen mir gegenüber (weil er mich ja nach diesem sexuellen Erlebnis so abservierte, obwohl ich ja sicherlich mehr von ihm Halbgott wollte) durch extrem ambitioniertes Arbeiten zu kompensieren: »Stell dir vor, ich hab einen Major-Deal für die LP ausgehandelt!«
Als wir uns also in der ersten Januarwoche trafen, um die restlichen Songs für das Album aufzunehmen, war ich entsetzt, wie schlecht er aussah – übernächtigt, fahrig und krank wirkte er. Ich fragte mich, ob er vielleicht zu den Kandidaten gehörte, die mit Drogenkonsum besser aussehen als ohne, aber die Scheinheiligkeit meiner Fragestellung hielt nicht lange vor, denn ich hatte gerade erst meinen Kaffee in der Hand, als die wahren Gründe für seinen Zustand schon aus ihm herausbrachen: »Lina, ich … du äußerst dich ja öffentlich nicht zu den Spekulationen, aber bitte sag mir: Wer ist der
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