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Hochgefickt

Titel: Hochgefickt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathalie Bergdoll
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Jens. »Wo sollen wir uns denn dann morgen treffen?« – »Bei mir zuhause!«, sagte ich und notierte ihm die Adresse.
    Zu meiner Wohnung hatte bis dahin niemand außer Ralf, Reza, Sabine, meinen Eltern und meiner Putzfrau Zutritt gehabt. Das fiel mir aber erst auf, als ich Jens am folgenden Nachmittag die Tür öffnete. Offiziell wohnte ich als Lina ja mit Ralf hier, was bei allen sexuellen Ausflügen immer ein vollendetes Argument gewesen war, warum wir nicht zu mir konnten – inoffiziell hatte ich mir diesen Rückzugsbereich bisher rein intuitiv immer privat gehalten. Wahrscheinlich auch als letztes Stückchen Selbstschutz für das, was vor lauter Lina und ihrem Lotterleben noch von Jacqueline übrig war.
    Bei Jens hatte ich aber keine Bedenken, denn wenn er mich in irgendeiner Form hätte ausspionieren, vorführen oder gar erpressen wollen, hätte er das bereits längst tun können – das war mir schon klar gewesen, als ich seine Bilder das erste Mal gesehen hatte. Überhaupt fand ich sein Verhalten angenehm fair, und nachdem ich mich nunmehr knapp zwölf Stunden später allmählich vom Schock der ersten Fotosichtung erholt hatte, war es für mich jetzt vor allem erst mal spannend zu sehen, wie bewusst er sich überhaupt war über das ganze Ausmaß der Wahrheit, das er auf Fotopapier gebannt hatte. Vielleicht war er sich über seine Trefferquote ja gar nicht im Klaren.
    Wir begrüßten uns wie üblich und setzten uns mit dem Eis, das er netterweise an diesem sonnigen Junitag mitgebracht hatte, auf meinen kleinen Dachbalkon.
    »Hast du dir die Fotos noch mal angeguckt?«, wollte er nach gut fünf Minuten Smalltalk wissen, und ich nickte. Er hakte nach: »Und, erlaubst du mir, sie in die Ausstellung zu nehmen, oder hast du doch zuviel Angst um dein Image?«
    »Naja«, begann ich, holte die Bilder aus meiner Handtasche und legte sie vor uns auf den Tisch neben die leeren Eisbecher. »Schmeichelhaft sind deine Bilderdialoge für mich nun nicht unbedingt …«
    »Sind sie nicht? Finde ich aber schon«, sagte er und fügte nachdrücklich lächelnd noch hinzu: »So was ist halt immer ’ne Frage der Sichtweise!«
    Das klang flirttechnisch doch wieder herrlich vielversprechend – ich wollte noch mehr aus ihm herauskitzeln und setzte meine bewährte Koketterie auf: »Soso … dann erklär mir doch mal deine Sichtweise.«
    »Dafür müsste ich aber ein bisschen ausholen …«
    »Och, ich hab Zeit … zurückrudern gilt nicht, also raus damit!«, blickte ich ihn herausfordernd grinsend an. Er holte tief Luft.
    »Nun gut, auch auf die Gefahr hin, dass ich es mir jetzt damit vielleicht total versaue: Ich war mir früher immer ziemlich sicher, dass du eine total überschätzte, blöde blonde Tussi bist, die sich halt einfach über die richtigen Männer hochgefickt und damit in der Medienbranche eingenistet hat. Und daher hat das mein klares Weltbild auch ziemlich gestört, dich im Rahmen der Dreharbeiten kennenzulernen und merken zu müssen, dass du nicht nur netter, sondern leider auch sehr viel schlauer und lustiger bist, als ich gedacht hätte. Mittlerweile glaube ich daher also viel eher, dass du de facto ’ne ziemlich coole Sau bist, die sehr reflektiert und ganz schön abgebrüht gut funktionierende Klischees bedient, während sie sich insgeheim drüber kaputtlacht, dass ihr mit der Nummer alle auf den Leim gehen.«
    Damit war für mich also wenigstens schon mal die Frage geklärt, wie viel Zufall seiner hohen Trefferquote bei den Dialogbildern zugrunde lag. Da war sich jemand seiner Menschenkenntnis und seines scharfen Blicks voll und ganz bewusst, und hatte darüber hinaus keinerlei Scheu, beides auch zu nutzen. Das kam mir irgendwie bekannt vor.
    Anscheinend war er sich aber in diesem Moment nicht so sicher, wie ich auf seine recht spezielle Art, Komplimente zu machen, reagieren würde. Aktuell schwieg ich auf seinen Vorstoß, und daher versuchte er, auch seinen restlichen Text schnell noch unterzubringen, bevor ich etwas erwidern oder ihn doch hochkant rauswerfen konnte.
    »Und ich finde, genau deswegen kommst du hervorragend bei diesen Bildern weg. Da wird nämlich der ganze Glamour-Fassaden-Quatsch auf der linken Seite im Dialog mit diesen Momentaufnahmen der Realität kommentiert und gebrochen – und dabei sieht man ganz deutlich, wie blutleer die linke Seite im Vergleich zu all den echten Gefühlen auf der rechten ist. Was du rechts bietest, hat wirklich Kraft!«, steigerte er sich in seine ehrlich

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