Hochgefickt
aller Wiedersehen und den bevorstehenden Abend anzustoßen, jubilierte sie schon in die Runde: »Ich weiß ganz genau, warum du so aussiehst!! Du bist verli-hiebt!«
Fünf Augenpaare schauten mir grinsend beim Rotwerden zu, um sich dann ehrlich mit mir zu freuen. Selbst Günther ertrug es tapfer, sogar als Ralf »Alle Details!« forderte. Aber da hatten wir auch schon allesamt fünf Gänge köstlicher Kochkunst, sowie fünf verschiedene edle Obstbrände intus.
Auch die folgenden Tage in der Eifel waren Balsam für meine Seele, sogar das Wetter zeigte sich Eifel-untypisch von seiner besten Seite, und als ich nach diesem Kurzurlaub sauerstoffgeladen und ausgeschlafen (und vor lauter gutem Essen zwei Kilo schwerer) wieder Richtung Köln fuhr, freute ich mich auf die Arbeit wie lange nicht mehr. Irgendwie machte alles auf einmal wieder Spaß, und das Allertollste war, dass Jens anscheinend auch ganz schön angedengelt war.
Nach eigener Aussage hatte es ihn ebenfalls ziemlich erwischt, und dass wir unser Verhältnis trotz wirklich überschäumender Gefühle geheim halten mussten – am Set und erst recht in der Öffentlichkeit –, machte die ganze Geschichte nicht weniger aufregend. Um ihn unerkannt in seiner Wohnung zu besuchen, hatte ich mir über meine türkische Putzfrau sogar ein Nikab-Komplettverhüllungsset besorgt, das zwischen vielen dunkelbraunen Stofflagen nur einen kleinen Sehschlitz frei ließ, und mit dem ich in Ehrenfeld, wo Jens wohnte, überhaupt nicht auffiel. Nur der völlig unmaskierte Günter Wallraff, der auch dort in der Ecke wohnte, wunderte sich beim Feinkosthändler bestimmt sehr, einer komplett verschleierten Frau zu begegnen, die ihn zuerst aus ihrem Sehschlitz heraus mit riesigen Augen angaffte, um sich danach vor Lachen nicht mehr einzukriegen.
Beruflich lief erst mal alles weiter wie geplant. Zwar war jetzt schon klar, dass sich die Dreharbeiten einen Monat länger als ursprünglich geplant hinziehen sollten, was mir aber nicht ungelegen kam, vor allem auch dank der netten Zusammenarbeit mit dem Standfotografen.
An sich lief also in diesem Sommer wirklich alles hervorragend, nur Tom Kosly irritierte mich. Als wir uns Ende Juni zum Mittagessen trafen, um eine erste Vorbesprechung für die neue Single abzuhalten – im Promi-Lokal natürlich, und wie immer, wenn wir uns trafen, selbstverständlich mit medialer Berichterstattung –, wirkte Tom irgendwie eingeschnappt. Normalerweise waren auch die Treffen im Rahmen unserer Zusammenarbeit immer geprägt gewesen von ritualisiertem Gefrotzel, sowie einer augenzwinkernden »Vielleicht-landen-wir-eines-Tages-doch-mal-miteinander-im-Bett«-Grundhaltung, aber bei diesem Mittagessen war er seltsam distanziert.
Professionell spulten wir das PR-Trara mit den gängigsten Floskeln »bewährtes Team«, »inspirierende Zusammenarbeit«, »spannendes, neues Projekt« und so weiter ab, und als die Presseheinis dann endlich in ihre Redaktionen verschwunden waren, um aus unserem Mittagessen dankbar eine halbe Seite zu schustern, die wenigstens einen Teil ihres Sommerlochs stopfen würde, sprach ich ihn auf sein Verhalten an.
»Sag mal, Tom, hab ich was verpasst? Du bist so komisch …«
»Ich bin komisch? Du bist komisch!«, erwiderte er schnippisch.
»Inwiefern?«, hakte ich nach.
»Naja«, sagte er, schob sich eine von seinen Steinpilzravioli in den Mund und redete kauend weiter, »dass du hässliche Freaks ranlässt, wenn es dir nutzt, hab ich ja schon vor Jahren gesehen, aber dass du jetzt, trotz deines Erfolgs, sogar an Aas gehst, wundert mich doch.«
Ich kam nicht ganz mit: »Hää? Wieso geh ich denn an Aas? Ralf ist zwar jetzt schon fast 32, aber das gilt doch wohl noch nicht als totes Fleisch, also: Wovon bitte redest du?«
Er kniff seine Augen ein wenig zusammen. So ernsthaft abschätzig hatte ich ihn wirklich noch nie erlebt – allein an seinem Gesichtsausdruck war schon zu erkennen, dass es hier nicht mehr um spaßige Fopperei ging, sondern echte Abscheu zugrunde lag, die er auch verbal rausließ:
»Oh, apropos Ralf, dein ach so geliebter Ralf, hinter dem du dich so gerne versteckst – zum Beispiel immer gerade dann, wenn zwischen uns endlich mal was hätte laufen können … aber nein: Ich bin doch mit Ralf so glücklich, ich kann das einfach nicht!«, äffte er mich nach und machte, ohne Luft zu holen, weiter: »Was sagt denn dein feiner Herr Fußballer eigentlich dazu, dass sein kleines blondes Luder sich für ’ne
Weitere Kostenlose Bücher