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Hochsaison. Alpenkrimi

Titel: Hochsaison. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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sich abwenden. Jahrelang hatte er mit dem Entsetzen gespielt, er hatte Folterwerkzeuge und Mordmaschinen entworfen und gebastelt. Er hatte heimliche Sprengungen veranstaltet, er hatte einige spaßige Aktionen durchgeführt und dabei Menschen zu Tode erschreckt
– und schließlich hatte er jetzt die drei Anschläge durchgeführt – seine Meisterwerke. Bisher war jedoch kein Blut geflossen, kein einziger Tropfen Blut. Und das war auch seine Absicht gewesen. Er wollte seine Macht demonstrieren, sonst nichts. Das hier war die erste Leiche, die er in seinem Leben sah, und diese Leiche musste wieder aus seinem Leben verschwinden, sie musste ausradiert werden. Sie durfte gar nie da gewesen sein. Er atmete tief durch und zog die Frau auf einen kleinen Teppich, in den er sie schnell und hastig einrollte. Über den Kopf und über die Füße, die herausstanden, zog er blaue Müllsäcke, und jetzt atmete er schon ruhiger. Er holte Putzzeug und säuberte den Boden. Einmal, zweimal, fünfmal. Er schwitzte und putzte, und mit jedem Eimer Putzwasser, den er in den Ausguss schüttete, wurde er ein kleines bisschen ruhiger. Er musste alles verschwinden lassen, was mit diesem grässlichen Unfall in Zusammenhang stand. Und Eile war geboten. Er packte Shans eingewickelten Körper und schleifte ihn zum Ofen. Die gusseiserne Tür stand immer noch offen, und die Flammen züngelten und schrien nach neuer Nahrung.
     
    Er warf zuerst das Putzzeug hinein, dann den Rucksack der Frau, danach seine sämtlichen Entwürfe zu den Bekennerbriefen, seine Pläne und Aufzeichnungen zu den Attentaten, die Zeitungsausschnitte über die Attentate – und mit jedem der Stücke wurde die Geschichte etwas unwirklicher. Er war dabei, mit diesem Lebensabschnitt ganz und gar aufzuräumen. Es fehlte nur noch die Frau, die er in den Teppich eingewickelt hatte. Jetzt erst wurde ihm klar, dass er sie nicht in einem Stück durch die Ofenklappe bringen würde. Es klingelte. Einer seiner Klienten? Oder noch so ein Eindringling? Panische Angst stieg in ihm auf.
     
    Es klingelte nochmals. Von einem Augenblick auf den anderen war es ihm ganz gleichgültig geworden, wer das war, er wollte nur noch weg von hier, er wollte die Tat ganz und gar ungeschehen machen, indem er aus diesem Haus ging, um vermutlich nie mehr hierher zurückzukehren. Er stieg über das Fenster auf den Balkon, er nahm den Weg, den Shan genommen hatte, er sah darin etwas Symbolisches, etwas, das die Geschichte umkehrte und auf null zurückführte. Er stieg ins Auto und fuhr los. Ohne Ziel, irgendwo hin, weit weg. Er fuhr am Friedhof vorbei. Dort strömten die Menschenmassen heraus. Er fuhr am Haus der alten Kreitmayer Resi vorbei, und sogar an der Skischanze. Wer war diese Frau gewesen? Sie hatte etwas mit dem Neujahrsanschlag zu tun gehabt. Aber was? War sie die Schützin? Warum wollte sie ihm diesen Anschlag gewaltsam unterschieben? Das hätte er doch freiwillig getan. Er fuhr weiter, aus dem Ort heraus, ohne Ziel. Ein vermutlich uralter Instinkt trieb ihn über die Grenze. Als er die alte, durch die Geschichte sinnlos gewordene Grenze nach Österreich überschritten hatte – da erst fühlte er sich ein kleines bisschen sicherer, ein ganz kleines bisschen freier. Ein ganz klein wenig unschuldiger. Die kleinen Panikattacken, die noch aufloderten, konnte er niederkämpfen. Es war ein Unfall gewesen. Oder etwa nicht?
     
    Kurz hinter den unnütz gewordenen Wechselstuben kam ihm die Idee, dass hinter dieser Frau noch jemand anders stecken musste. Er war sich jetzt ganz sicher: Diese Frau hatte etwas mit dem Neujahrsanschlag zu tun, und sie war bestimmt nicht allein. Und jetzt wusste er: Sie würden ihn jagen. Ein eiskalter Schauer breitete sich über seinen ganzen Körper aus. Nicht die Polizei würde ihn jagen. Eine Organisation würde ihn jagen. Bis ans Ende der Welt. Er hielt an und stieg aus, so weiche Knie hatte er bekommen. Er sah sich um. Er befand sich im ersten österreichischen Dorf nach der Grenze. Eine internationale
Organisation. Der Begriff
Chinesische Mafia s
tieg langsam aus einem Nebel von unklaren Gedanken auf. Sie würden ihn fassen, wo immer auf der Welt er sich auch aufhielt. Er hatte die Kontrolle über seine weitere Zukunft verloren, er war nicht mehr Täter, er war jetzt Opfer. Er musste sich der Polizei stellen. Die Staatsgewalt würde ihm helfen. Die allein konnte ihn jetzt noch retten. Nur bei ihr war er sicher.
     
    »Bitt’ schön?«
    »Ich möchte mich stellen. Bitte

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