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Hochsaison. Alpenkrimi

Titel: Hochsaison. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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sagte Becker. »Ich übertrage die Bilder gleich auf den Rechner.«
    Auf dem Bildschirm erschienen Landschaftsaufnahmen. Weggabelungen, sonderbar geformte Bäume, markierte Wegsteine. Vor dem Bildschirm saßen drei enttäuschte Beamte.
    »Rufen Sie bitte Hölleisen, Nicole«, sagte Jennerwein. »Der soll sich das ansehen. Der weiß, wo das aufgenommen wurde, ich kenne mich in der Umgebung hier nicht besonders gut aus.«
    Becker, Schwattke und Jennerwein schwiegen wie vorher Wong. Sie sahen die Zeitungsmeldung schon vor sich.
    Die kuriose Nachricht – (dpa) Ein chinesischer Urlauber wollte nur die bayrische Alpenwelt genießen und ein paar Fotos knipsen, da wurde er von der Kriminalkommissarin Nicole S. (24) für einen lange gesuchten Verbrecher gehalten. Er zückte ein Austernmesser, da zog sie die Dienstpistole. Bei der anschließenden Verfolgungsjagd fiel sie in ein offenes Grab und verletzte sich
dabei, sie wurde inzwischen in den Innendienst nach Franken versetzt. Er werde das Voralpenland trotzdem wieder besuchen, sagte der Chinese freundlich.
    »Hallo, Chef.«
    Hölleisen war am Apparat. Und er war in heller Aufregung.
    »Jetzt dreht er vollkommen durch.«
    »Wer?«
    »Der Marder.«
    »Wie bitte? Der Marder? Von welchem Marder reden Sie?«
    »Gerade ist hier ein Fax aus Österreich gekommen. Aus der Gendarmerie gleich hinter der Grenze. Ein Mann hat sich dort gestellt, und er nervt die Tiroler Kollegen mächtig. Er will alle Anschläge hier im Ort begangen haben.«
    »Das kommt uns doch bekannt vor.«
    »Ja, es ist wahrscheinlich ein Trittbrettfahrer. Das Außergewöhnliche daran: Er schreibt dieselben Bekennerschreiben wie unser Marder. Und die Schrift: Steil und streng aufwärts gerichtet, sie
flattert in den Oberlängen, als würde sie brennen
, wie die Frau Doktor immer sagt.«
    »Wie weit ist das von hier?«
    »Eine halbe Stunde.«
    »Ich fahre mit Maria hin.«
     
    Frau Doktor fuhr wie eine gesengte Sau die kleine Landstraße entlang, die vom Kurort in das Bundesland Tirol führte. Jennerwein hatte sie fahren lassen, weil er angeblich seine Sehhilfe vergessen hatte. Er hatte noch nie im Leben eine Sehhilfe getragen. Er wollte es nur vermeiden, zu fahren. Ein Anfall seiner Akinetopsie beim Fahren könnte tödlich enden. Er hatte bis dahin nicht geahnt, dass eine Überlandfahrt mit Maria Schmalfuß mindestens ebenso gefährlich war. Als sie an der Gendarmerie ankamen, stieg der Kommissar schweißgebadet aus.
    »Mit Blaulicht fahren macht Spaß«, sagte Maria. »Alle spritzen links und rechts weg, freie Fahrt für freie Bürger, da ist was dran.«
    Der wachhabende Gendarm begrüßte sie.
    »Willkommen, die Herrschaften aus dem befreundeten Ausland! Sie haben doch sicherlich noch ein Platzerl frei in Ihrem Auto? Diesen Landsmann da drinnen können Sie nämlich gleich wieder mitnehmen, der sekkiert uns dermaßen, dass es nicht mehr zum Aushalten ist!«
    »Sie haben ihn in Haft genommen?«
    »Er hat einen Kollegen von mir geohrfeigt.«
    »Dann sehen wir ihn uns einmal an.«
     
    Es war eine vergitterte Zelle, und der ungebetene Gast saß mit dem Rücken zu den Besuchern. Er hatte die Wände vollgeschrieben, er hatte die Decke vollgeschrieben, er hatte den Boden vollgeschrieben, und überall stand:
Kommissar Jennerwein – helfen Sie mir!
    »Mein Name ist Hauptkommissar Jennerwein. Ich bin auf Ihren Wunsch gekommen. Drehen Sie sich bitte um, ich möchte mit Ihnen sprechen.«
    »Sind Sie alleine, Herr Kommissar?«
    Die Stimme kam Maria bekannt vor. Sehr bekannt.

63
    »Eine schöne Beerdigung hat er schon gehabt, der Zither Beppi!«, sagte Willi Angerer in der Bäckerei Krusti. »Da kann man wirklich nichts sagen. Und ich hab sogar die Enkelin vom Birger Ruud getroffen.«
    »Birger Ruud? Das ist doch dieser Norweger«, mutmaßte Glasermeister Pröbstl. »Der Olympia 1936 gewonnen hat?«
    »Unnachahmlicher Sprungstil. Schaut einmal her –«
    Birger Ruud mit dem hochgereckten Hintern nachzuahmen war einer der Höhepunkte von Angerers Kunst. Es gab Applaus. Dann erinnerte man sich wieder an den Verstorbenen.
     
    »Auf den Zither Beppi!«
    »Auf den größten Werdenfelser Musiker nach Richard Strauss!«
    Alle stießen an, es war proppenvoll in der Bäckerei, der Pfarrer war da, der Bürgermeister schaute, ganz kurz, auf ein kleines Weißbier herein, der Harrigl war natürlich da, die Frau Oberstudienrätin Ronge kaufte sich eine der
Highway-to-hell-Semmeln
(in Form einer kleinen Zither), der Schlossermeister

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