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Hochsaison. Alpenkrimi

Titel: Hochsaison. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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betonte.
    »Haben wir nicht!«, sagte die Frau hinter dem Tresen.
    »Ihr seid die einzige Bäckerei, wo man die Semmeln selbst mitbringen muss«, sagte der Angerer und nahm schließlich eine Uschi-Glas-Semmel (mit Streuselbelag) und eine 40-Jahre-Mondlandung-Semmel (mit kleinen Kratern auf der Oberfläche).
     
    Willi Angerer kam zum Stehtisch und verzehrte seine Brotzeit schweigend. Die Tür wurde aufgerissen, etwas Frühlingsluft kam herein, und mit dieser, gleich darauf, der atemlose Manfred Penck, der Dorfpsychologe, wie man ihn nannte, der Streithanseldompteur, der Beziehungsglaser.
    »Droben am Schachen«, keuchte er, »– droben am Schachen –«
    Er kam nicht mehr weiter mit seinem Satz. Er stand da und musste sich erst einmal am Tisch festhalten und verschnaufen. Er
     war ein Intellektueller, ein
Gstudierter
, wie es hier hieß, und man traute ihm vom Sportlichen her nicht viel zu. Wahrscheinlich war er zwanzig Schritte gerannt und schon außer Atem. Trotzdem. In einer noch so urwüchsigen Runde durfte in Bayern nie ein gstudierter Akademiker fehlen, schon der erste Wittelsbacher Herrscher, Otto I., hielt sich am Hofe Astrologen und Schriftkundige.
    »Droben am Schachen«, sagte Penck noch einmal atemlos und setzte sich schluckend, »ist eine Lawine abgegangen. Viele Leute sind verschüttet worden. Ein Bergwachtler hat es mir gerade erzählt.«
    »Einheimische?«, fragte der Angerer.
    »Nein, welche von dieser gespinnerten Eventagentur, IMPOSSIBLE oder so. Mehr weiß ich nicht.«
    »Da hat ja mal etwas passieren müssen«, sagten der Harrigl Toni und der Angerer Willi fast gleichzeitig.
     
    Ilse Schmitz raste auf den Abgrund zu. Sie musste springen. Die Wiese war rutschig, da und dort ragten ein paar Baumstümpfe heraus. Noch dreißig Meter. Sie musste sich von dieser verdammten Schlittenkutsche trennen! Noch zwanzig Meter. Sie hielt das Gewehr fest umklammert. Sie sprang. Als sie am Boden aufkam, stützte sie sich mit dem Gewehrlauf ab und konnte den Sturz etwas abfedern. Sie rutschte gefährlich nahe
an einigen Baumstümpfen vorbei, sie bohrte den Gewehrlauf tief ins nasse Gras, kam schließlich zum Stillstand und konnte das schaurige Spektakel aus der ersten Reihe betrachten. Der Hornschlitten raste auf den Rand der Almwiese zu und flog unbemannt, ilselos hinunter ins Tal. Sie selbst war ein paar Meter vor dem Abgrund zum Stillstand gekommen, sie saß, auf ihr Gewehr gestützt, zitternd da. Sie zählte einundzwanzig, zweiundzwanzig, dann hörte sie unten ein widerliches Krachen. Holz auf Metall, Metall auf Glas. Die Splitter spritzten hoch, eine Stützlatte, die mit rotem Samt beschlagen war, stieg in die Luft, fiel wieder hinunter, egal, sie war gerettet. Sie lebte. Ilse Schmitz entspannte sich. Alte Soldatenweisheit: Entspanne dich nie zu früh. Sie hatte das Gewehr, ihre Stütze, ihre Bremse, immer noch in der Hand. Sie umfasste es und drehte sich zur Seite, kam dabei an den Abzug der Silberbüchse. Der Krach war gewaltig, der ungeheure Rückstoß warf sie auf den Boden. Erst langsam begriff sie, was geschehen war. Sie hatte sich in den Fuß geschossen.

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    Online-Ausgabe des »Zugspitzkuriers«:
    Was ist Ihre Meinung zu den Vorfällen am Schachen? Und was halten Sie vom Schachen-Teufel?
    – Diese Fragen haben wir online gestellt, die Resonanz der Bürger war groß:
     
    Adventure Events am Schachen! Jetzt wissen wir endlich, wo die Gelder bei den Firmen hingehen! Anstatt dass die Manager Kurse bekommen, in denen sie lernen, was der Unterschied zwischen brutto und netto ist, fahren sie raus und verprassen das Geld mit solchen fragwürdigen Aktionen. Eine Sauerei ist das! Ich habe große Sympathie mit diesem »Schachen-Teufel«. Weiter so!
    Susanne S. (43, Einzelhandelskauffrau)
     
    Bei dieser bescheuerten Firma kaufe ich nichts mehr. Wenn die da alle so blöd sind! Vielleicht ist der Schachen-Teufel von der Konkurrenz?
    Elke H. (23, Tierpflegerin)
     
    Da schau mal einer an: Bei diesen geschleckten Luxustouristen,
da
ist die Bergwacht gleich da! Als wir uns einmal bei einer Tour verirrt haben, ich, mein Mann, meine zwei Kinder und unser
     Hund, da ist die Bergwacht erst nach zwei Stunden gekommen.
     So viel zur Familienfreundlichkeit der Bergwacht.
    Gundi R. (34, Floristin)
    Online-Ausgabe des »Zugspitzkuriers«:
    Was ist Ihre Meinung zu den Vorfällen am Schachen? Und was halten Sie vom Schachen-Teufel?
– Diese Fragen haben wir gestern online gestellt. Auch ein paar bekannte Figuren aus dem

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