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Hochsaison. Alpenkrimi

Titel: Hochsaison. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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vergessen.«
    Jennerwein zuckte die Schultern.
     
    »So etwas habe ich gern!«, schimpfte Maria, als der Mann mit der Sonnenbrille gegangen war. »Das können wir doch nicht so einfach hinnehmen.«
    »Beruhigen Sie sich, Maria«, erwiderte Jennerwein. »Ich habe nicht vor, das einfach hinzunehmen. Ich werde mich an den Chef wenden. Und ich werde die Staatsanwältin anrufen. Aber das alles stellen wir zurück. Wir sollten uns vordringlich mit unserem Fall beschäftigen.«
    »Das finde ich auch«, sagte Hölleisen verschmitzt. »Wir sollten uns zum Beispiel
damit
beschäftigen.«
    Er ging zu seinem Schreibtisch, nahm eine Pinzette, und hob damit ein beschriebenes Blatt Papier in die Höhe.
    »Sagen Sie bloß –«
    »Das habe ich dem Unbekannten aus der Tasche gezogen. Ich dachte mir schon, dass der Marder dahintersteckt. Und wenn die Amis so etwas erst in den Fingern haben, dann rücken sie es nie mehr raus. Das kennen wir von früheren Fällen. Die beiden GIs haben mir keine Zeit gelassen, es zu fotokopieren und das Original zurück –«
    »Gut, nennen wir es: improvisierte Beweismittelsicherung durch offensichtlichen Notstand.«
    Maria streifte sich die Einmalhandschuhe über, nahm den Brief und begann vorzulesen.
    Lieber Herr Kommissar, liebes Team!
    Wie geht’s Ihnen? Ist unser kleiner Ort nicht top-international? Manche Kurorte würden davon träumen: Russische Hotels
am Sonnenhang, amerikanische Militärpräsenz allerorten, abgeschiedene arabische Enklaven. Und überall viel Geld, viel Sicherheit, viele Leibwächter. Unser Kurort ist wie Genf, nur felsiger. Letzte Woche bin ich in der Warteschlange bei Krusti vor dem Handelsminister von Costa Rica gestanden …
    »Das passiert jede Woche, du Knaller«, murmelte Ostler. »Kein Grund, damit anzugeben.«
    … Hey, Enrico!, habe ich gesagt, und er hat zurückgegrüßt. Im Ochsenstüberl sucht man einen vierten Mann fürs Schafkopfen, wer erklärt sich dazu bereit und spielt mit? Condoleezza Rice, die auf ein Bier hereingeschneit ist …
    »Condoleezza Rice? Spinnt er jetzt?«, sagte Nicole.
    »Doch, doch«, sagte Ostler, »die hält hier im Marshall Center öfters Vorträge.
Und s
ie ist eine leidliche Schafkopferin.«
    »Bitte weiterlesen«, sagte Jennerwein. »Es eilt. Wir haben heute noch viel vor.«
    … Nicht alle kennt man aus der Zeitung. Je wichtiger sie sind, desto weniger sieht man sie in der Glotze. Aber wissen Sie, woran man sie erkennt? An ihren stets präsenten Leibwächtern …
    »Leute, die so wichtig sind, dass man nicht wissen darf, dass die entführt werden«, sagte Jennerwein nachdenklich. »Was hat er vor? Erst macht er einen Anschlag mit möglichst viel öffentlichem Trara. Und jetzt so eine geheime Verschluss-Sache.«
    … Ich hätte mir den Außenminister von Katar greifen können, oder den irakischen Handelsattaché. Aber der Rummel, den es dann gegeben hätte, hätte Sie alle zur absoluten Witzfigur
gemacht. Ich finde euch sympathisch, liebes Jennerwein-Team, ich will euch nicht vernichten …
    »Ja, vielen Dank, das freut uns außerordentlich«, sagte Hölleisen gereizt. »Jetzt duzt er uns schon. Unglaublich!«
    »Das ist seine Art, sich uns emotional zu öffnen.«
    »Da pfeif ich wirklich drauf.«
    »Weiter«, sagte Jennerwein.
    … Was benötigt man für eine Entführung? Nichts weiter als ein kleines Säckchen mit Sand (macht bewusstlos) und eine 0,2-Milliliter-Spritze Muscimol (macht willenlos). Wo sind die guten Orte für Entführungen? Ich würde sagen: Auf dem Kramerplateauweg und auf dem Philosophenweg wimmelt es von Super-Wichtigen und ihren dazugehörigen Weichteilschützern. Man erkennt sie sofort, die hirnlosen Gorillas, die sich als Spaziergänger tarnen. Kein Mensch guckt sich so den Wald an wie diese Typen. Ich bin im Wald zu Hause. Ich werde mich von den Bäumen fallen lassen wie die Zecke auf die Wildsau …
    »Er hat Leibwächter niedergeschlagen? Das sind doch ausgebildete Kräfte.«
    … Ich schicke Ihnen den Beweis meiner Kunst per Gemeindebus.
    Bis bald, mit vielen Grüßen – Ihr Entführer
    Maria faltete den Brief zusammen.
    »Wie die Zecke auf die Wildsau, so, so.«
    »Er hat wieder einmal seine Macht gezeigt. Rein vom Strafmaß her war das der gewichtigste Anschlag. Freiheitsberaubung, Entführung, Verschleppung –«
    »Und den Martini bitte geschüttelt, nicht gerührt«, warf James Bond lässig ein. Alle sahen sich verdutzt an. Jennerwein errötete leicht und griff schnell nach seinem

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