Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)
konnte.
»Salvatore! Findet heraus, ob er am Tattag mit seinem Handy im Bereich unserer Funkzelle war. Einfach alles!«
»In Ordnung. Ist er der Täter?«
»Das weiß ich nicht. Vielleicht!«
Lea Thomann blickte aus einer der riesigen Glasfronten auf die gepflegte Gartenanlage der Klinik. Der Himmel hatte sich violett blau verfärbt. Dichte Wolkenbänder, deren Fallstreifen bis zum Boden reichten, bauten sich über der westlichen Stadtgrenze auf. In der Ferne vernahmen sie tiefes Donnergrollen. Bald würde sich ein heftiges Gewitter entladen.
»Was hältst du von der Geschichte?« erkundigte sie sich schließlich. Moritz saß auf einem der ledernen Besuchersessel und blickte geistesabwesend ins Freie.
»Mir ist nun klar, warum sich Gerd Jessen Vorwürfe macht. Aber ehrlich gesagt kann ich im Moment keinen Zusammenhang zu unserem Fall erkennen. Manuela war zum Zeitpunkt des Unfalls noch nicht mal auf der Welt.«
Alexander Giebel trat aus dem Krankenzimmer und setzte sich schweigend neben Kepplinger in einen Sessel. Moritz wiederholte, was er mit Lea besprochen hatte.
»Wir müssen auf jeden Fall die polizeilichen Akten anfordern«, sagte er abschließend. »Wie geht esihr?«
»Ganz gut«, erwiderte der Arzt. »Sie hat sich nur darüber gewundert, warum Sie das alles wissen wollen.«
»Ist es möglich, an die Krankenakte von Erich Sander zu kommen?«
Alexander Giebel zog die Augenbrauen nach oben.
»Sie wissen doch, wie das ist mit der ärztlichen Schweigepflicht.«
»Aber wir ermitteln in einem Mordfall. Möglicherweise gibt es einen Zusammenhang.«
Alexander Giebel dachte nach.
»Gut, ich will sehen, was ich tun kann. Üblicherweise bräuchte ich dazu die Genehmigung des Oberarztes. Aber der ist heute nicht im Hause.« Er erhob sich und deutete den beiden Beamten an, ihm zu folgen.
»Gehen wir in mein Büro.«
»Jetzt sofort?« Kepplinger war überrascht.
»Was denken Sie? Wir sind ein modernes Krankenhaus. Sämtliche Daten der letzten hundert Jahre wurden digitalisiert.« Alexander Giebel lächelte. »Haben Sie keine Computer auf Ihrer Dienststelle?«
Das Büro, in das Alexander Giebel sie führte, war beeindruckend. Die futuristische Einrichtung bestand zur einen Hälfte aus dunklem Nussbaumholz, das elegant mit koloriertem Glas kombiniert war. Wandlampen aus Edelstahl beleuchteten drei hochwertige Drucke von Jack Vettriano. Alexander Giebel schien ein Faible für den schottischen Maler zu haben. Beeindruckt nahmen sie Platz, während der Arzt bereits an einem Designer-PC hantierte.
»Schick haben Sie es hier«, sagte Lea Thomann bewundernd.
»Oh, danke. Aber das ist leider nicht mein Büro. Ich nutze es nur, solange mein Kollege im Ausland ist.«
Während der Arzt verschiedene Suchbegriffe in eine Maske eingab, klingelte Kepplingers Mobiltelefon. Es war Anja Kober.
»Moritz, pass mal auf, da ist ein Fax gekommen von der Gerichtsmedizin. Die haben das Medikament nachgewiesen, das Manuela verabreicht wurde. Hast du was zum Schreiben?« Er griff nach einem Stift auf dem Schreibtisch und schlug seinen Notizblock auf.
»Jetzt.«
»Also, das Zeug heißt Perphenazin.« Kepplinger ließ sich das Wort buchstabieren. »Dabei handelt es sich um ein hochpotentes Neuroleptikum. Perphenazin wird bei akuten Psychosen, wie zum Beispiel Schizophrenie oder Wahnvorstellungen verabreicht. Das Medikament wird aber auch zur Langzeitbehandlung eingesetzt. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass Manuela dieses Medikament injiziert wurde.«
Moritz schrieb so gut es ging mit.
Alexander Giebel deutete an, dass er fündig geworden war. Kepplinger beendete das Gespräch.
»Ich habe die Daten. Einen Moment noch.« Rasch überflog der Mediziner die Einträge auf dem Bildschirm.
Moritz überlegte, was es mit dem Medikament auf sich haben könnte. Sie mussten mehr über Sander erfahren. Hoffentlich ergab sich aus der Krankenakte ein wichtiger Hinweis. Die Zeit drängte.
»Vielleicht können Sie uns nur die relevanten Details der Akte nennen? Sie wissen ja mittlerweile, wonach wir suchen«, sagte er schließlich.
Alexander Giebel starrte immer noch konzentriert auf den Monitor.
»Ich werde es versuchen.«
Sie warteten gespannt, während der Arzt sichtlich darum bemüht war, sich zu beeilen.
»Also, der Reihe nach, die Aufzeichnungen sind ziemlich ausführlich …«, begann er endlich. »… Erich Sander, geboren am 8. Februar 1960. Wurde am 24. Juli 1997 in die Klinik eingewiesen. Ein Göppinger Nervenarzt hat
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