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Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Frech
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aufgelegt hatte.
    »Scheint mir auch so«, erwiderte der Arzt.
    Kepplinger blickte nachdenklich aus dem Fenster. Er hatte eine Vorstellung von den Zusammenhängen. Nur medizinisch konnte er seine These noch nicht untermauern. Deshalb interessierte ihn die Meinung des Psychologen.
    »Würden Sie uns aus ärztlicher Sicht sagen, was Sie über den Fall denken?«
    Alexander Giebel erhob sich und blickte aus dem Fenster.
    »Ich bin kein Kriminalist«, sagte er schließlich. »Das ist Ihr Part. Möchten Sie trotzdem meine Meinung hören?«
    »Ich bitte Sie darum«, sagte Kepplinger.
    Alexander Giebel setzte sich wieder in den Bürosessel und betrachtete seine Notizen.
    »Nun, ich kenne Erich Sander nicht persönlich. Aber nach allem, was ich jetzt über ihn weiß, kann ich mir vorstellen, dass er der Mann sein könnte, den Sie suchen. Vor sechzehn Jahren ist seine Tochter bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen. Allem Anschein nach gibt er seinem Bekannten Gerd Jessen die Schuld daran. In all den Jahren könnte sich dieser Gedanke bei ihm so manifestiert haben, dass es für ihn keine andere Wahrheit mehr gibt. Irgendwann, vielleicht nachdem er erfahren hat, dass Gerd Jessen in der Zwischenzeit selbst Vater geworden ist, hat er möglicherweise beschlossen, sich auf bestialische Weise an ihm zu rächen.«
    »Um Jahre später Manuela, als sie genauso alt war wie seine Tochter damals, der Familie wegzunehmen«, sprach Lea Thomann ihre Folgerung aus.
    »So kann es gewesen sein«, antwortete Alexander Giebel.
    »Das ist doch verrückt«, sagte Kepplinger ungläubig. Obwohl er die Überlegungen des Arztes durchaus logisch fand, wehrte sich sein Verstand dagegen, diese als ausschließliches Motiv zu akzeptieren.
    »Aber dem Bericht nach traue ich Erich Sander eine solche Wahnsinnstat durchaus zu«, setzte Alexander Giebel seine Ausführungen fort. »Wobei ich vermute, dass der Tod seiner Tochter lediglich der entscheidende Auslöser seiner Krankheit war. Bestimmt gibt es eine Vorgeschichte, über die wir leider nichts wissen. Auch eine genetische Disposition käme in Frage. Wie gesagt, das ist nur eine Hypothese. Es liegt an Ihnen herauszufinden, ob es sich so zugetragen hat.«
    »Gut, dann werden wir ihm jetzt so schnell wie möglich einen Besuch abstatten.«
    »Aber denken Sie daran, der Mann ist unberechenbar.«
    Kepplinger nickte und blickte zu Lea Thomann. »Wir passen auf.«
    In unmittelbarer Nähe gab es einen Blitzeinschlag, der das großräumige Büro in ein helles Licht tauchte. Eine Sekunde später erschütterte lautes Donnern den Raum. Die Fensterscheiben vibrierten. Die angestaute Hitze der vergangenen Tage schien sich endlich in einem reinigenden Gewitter zu entladen.
    Erneut zuckten grelle Blitze vom Himmel, gefolgt von dröhnendem Donnergrollen. Schließlich wandten sich Moritz und Lea zum Gehen.
    »Herr Kepplinger«, sagte Alexander Giebel mit nachdenklicher Stimme.
    »Ja?« Er drehte sich zu dem Arzt um.
    »Sollten wir mit unseren Überlegungen richtigliegen, glaube ich, dass Herr Jessen sich in großer Gefahr befindet.«
    »Das denke ich auch.«
    Das ständige Aufheulen der Polizeisirene und das Motorengeräusch machten es nahezu unmöglich zu telefonieren. Kepplinger fuhr auf der Bundesstraße zehn mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Geislingen, während Lea versuchte, Markus Ackermann zu erreichen. Endlich kam eine Verbindung zustande. Christian Schwarz nahm das Gespräch an. Die Kollegen parkten bereits in der Nähe der Wohnung. Er konnte kaum ein Wort verstehen. Immer wieder musste Lea einen Satz wiederholen, der im Lärm des Martinshorns unterging. Kepplinger erreichte den Zielort, bevor sie die beiden Kollegen auf den neuesten Stand bringen konnte. Sie stiegen zu Markus Ackermann in den Wagen und berichteten kurz von den Neuigkeiten, die sie in der Klinik erfahren hatten.
    »Klingt sehr abenteuerlich«, sagte Markus Ackermann, nachdem Kepplinger zu Ende erzählt hatte.
    »Das sehe ich genauso. Aber die Ereignisse der letzten beiden Tage passen zu dieser Theorie. Sander leidet unter Wahnvorstellungen.«
    »Was genau bedeutet das?«, wollte Christian Schwarz wissen.
    »Der Arzt meinte, dass jemand, der unter Wahn leidet, krankhafte, falsche Vorstellungen von der Realität entwickelt. Beziehungsweise interpretiert er seine Umwelt falsch. Die Wahnvorstellungen sind dabei für ihn so wirklich, dass er unbeirrbar daran festhält und sich von niemandem davon abbringen lässt.«
    »Und ihr denkt, dass er

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