Hochzeit auf griechisch
könnte es mir nie verzeihen, wenn ich Nicholas jetzt im Stich lasse.“
„Gut, ich nehme das als ein Ja.“
Groß, geheimnisvoll und attraktiv, so stand er vor ihr. Sie musste das Kinn heben, um ihm in die Augen zu sehen.Helen nickte langsam. „Ich glaube schon.“
„Von jetzt an kannst du alles andere getrost mir überlassen.“ Er griff nach ihrem Arm und zog sie auf die Füße. Bevor sie noch protestieren konnte, hatte er schon seine sinnlichen Lippen auf die ihren gepresst. Sie nahm die schwache Note seines Aftershaves wahr, die sich mit dem herberen männlichen Duft seiner Haut vermischte. Helen fühlte die Hitze, die von ihm ausging, und spürte, wie seine Zunge Einlass in ihren Mund forderte. Als die volle Macht der ungewohnten Empfindungen ihren Körper durchflutete, geriet sie beinah ins Schwanken. Völlig unerwartet ließ Leon sie schließlich los.
„Warum hast du das getan?“, fragte sie verwirrt, wobei sie auch zum Du überging. Schließlich hatte sie gerade seinen Heiratsantrag angenommen.
„Gewöhn dich daran.“ In dem Blick, den er ihr zuwarf, lag nun keine Besorgnis mehr, sondern eine kalte Entschlossenheit. „Nicholas wird sich in unserer Gegenwart nur sicher und geborgen fühlen, wenn er hin und wieder Zeichen der Zuneigung zwischen uns sieht.“ Seine Stimme klang kühl und enthielt sogar einen Hauch Spott. „Außerdem kannst du ein wenig Übung gut gebrauchen.“
Helen sah zu Boden, damit er ihre Gefühle nicht an den funkelnden Augen erkannte. Hatte eben noch eine Hitze des Verlangens in ihr gebrannt, loderte nun eine unbezähmbare Wut in ihr auf. Leon Aristides hielt ihre Küsse für wertlos? Bei seiner Erfahrung sollte sich Helen wohl nicht darüber wundern. Warum machte sie das trotzdem so wütend? Vielmehr sollte sie dankbar sein. Nun brauchte sie keine Angst mehr zu haben, dass die Vernunftehe doch echte tiefe Gefühle einschloss.
„Ich muss jetzt gehen“, unterbrach Leon ihre Gedanken. „Ich übernachte im Hotel und muss ein paar Anrufe erledigen.“ Er wirkte ungeduldig, als könne er gar nicht schnell genug von ihr fortkommen. „Morgen früh schaue ich nocheinmal nach Nicholas. Dann ruft mich meine Arbeit leider zurück nach Griechenland, aber wir bleiben in Kontakt. Du fängst am besten schon an, deine Sachen zu packen. Samstag in zwei Wochen heiraten wir in Athen.“
Helen rang nach Luft. „Heute ist schon Donnerstag!“
„Schau nicht so besorgt. Ich melde mich, um dir die Details mitzuteilen, und hole euch beide rechtzeitig ab.“ Er wandte sich bereits zum Gehen.
In diesem Moment wurde an die Tür geklopft; es war ein geheimes Klopfsignal: einmal kurz, zweimal lang, dann wieder einmal kurz. Abrupt blieb Leon stehen. Die Augenbrauen hochgezogen, drehte er sich zu Helen um. „Du hast einen späten Besucher. Und wie es scheint, wird er erwartet.“ Er sah, wie sich auf Helens Mund ein Lächeln abzeichnete.
„Ja, das wird er.“
„Wer ist es?“
„Nur Mick. Er arbeitet für den Sicherheitsdienst des Hotels. Ich bringe dich zur Tür und lasse ihn hinein. Auf seiner täglichen Runde bleibt er immer auf eine Tasse Tee und kontrolliert, ob mit mir und Nicholas alles in Ordnung ist“, erläuterte sie, während sie an ihm vorbeiging.
Zwei Minuten später stieg Leon mit gerunzelter Stirn in seinen Wagen. Von einer Frau aus dem Haus gescheucht zu werden, während sie einen gut aussehenden jungen Wachmann hineinbat, das bildete eine vollkommen neue Erfahrung für ihn. Und das Gefühl gefiel Leon überhaupt nicht.
Andererseits, dachte er kühl, als er den Motor anließ, hatte er nichts anderes erwartet. Helen Heywood war eine attraktive Frau Mitte zwanzig. Dass sie ein Liebesleben führte, war nur normal. Und dass sie vorhin einen Lebenspartner geleugnet hatte, bewies nur wieder die Unaufrichtigkeit ihres Charakters. Doch was ging das ihn an? Bald würde Nicholas in Griechenland sein und Helen seine Ehefrau. Das Vermögen der Familie wäre gesichert und seinePosition als Direktor von Aristides International unangreifbar. Mit ein bisschen Glück gelang es Leon vielleicht sogar, negative Presse zu verhindern.
Er hielt den Wagen vor dem Hotel an und übergab die Schlüssel an den Parkwächter. Ein siegessicheres Lächeln umspielte seine Lippen, als er das Hotel betrat. An der Rezeption arbeitete immer noch dieselbe junge Frau wie vor wenigen Stunden.
„Haben Sie Helen und Nicholas gefunden?“, fragte sie.
Das Mädchen war offensichtlich zum Plaudern aufgelegt.
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