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Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Georg Kaufmann
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einwandfreie Gebilde im Schrank aufzubauen. Jammerschade, daß Frauen ihres Schlages nie Rekruten sein konnten; jeder Feldwebel hätte an so viel unnützer Sorgfalt seine helle Freude gehabt.
    Aus der Hotelküche kam der Duft von Bratwurst und Sauerkraut, indessen sich jene, für die diese Köstlichkeiten bestimmt waren, auf der Ubungswiese bemühten, auf möglichst absonderliche Weise zu Tal zu gelangen.
    Ich war mit mir und der Welt zufrieden. Selbst damit, daß mich der Portier bei der getrennten Anmeldung mit einem Blick bedacht hatte, als stünde ich im Begriff, eine Vierzehnjährige zu verführen. Es war eine Bosheit des Schicksals, daß ich ausgerechnet zu einem Zeitpunkt für unsittlich gehalten wurde, zu dem ich es das erstemal nicht war.
    »Hallo!«
    Die Stimme des Fremden, der mit seinen Skiern unter unserem Fenster stand, riß mich aus meinen Betrachtungen.
    »Hallo!« erwiderte ich unfreundlich.
    »Kommen Sie mit?«
    »Wohin?«
    »Auf den Kreuzeck! Der Schnee ist prima!«
    Der Kerl war lästig! Er mußte weg, das stand außer Zweifel. Wenn es mir nicht gelang, ihn zu beseitigen, würde er mir todsicher den ganzen Urlaub verderben.
    »Nun?« drängte er.
    »Einen Augenblick!« erwiderte ich und wandte mich Isabell zu, die ihre Tätigkeit unterbrochen hatte, um besser hören zu können. »Was soll ich dem Burschen sagen?«
    »Er soll uns in Ruhe lassen!«
    »Seit wann?«
    »Wir haben uns bereits einmal wegen ihm gezankt, das genügt mir.«
    Ich sah sie gedankenverloren an und wußte mit einemmal, was ich zu tun hatte.
    »Gerne«, rief ich zurück, »aber wir wollen zuerst eine Kleinigkeit essen.«
    Ein kräftiger Stoß in den Rücken ließ mich beinahe über Bord gehen.
    Er nickte: »In Ordnung! Ich lasse uns inzwischen einen Tisch im Speisesaal reservieren!«
    Nun hagelten die Schläge so dicht, daß ich mich kaum im Fensterrahmen aufrecht halten konnte.
    »In zehn Minuten sind wir bei Ihnen«, rief ich.
    Dann ging ich unter ihren Fausthieben in die Knie.
    »Bist du wahnsinnig?« zischte sie mich an. »Ich habe dir doch gesagt —«
    »Man kann es ihm nicht abschlagen«, unterbrach ich sie, während ich mir die blauen Flecken rieb. »Immerhin hat er sich uns gegenüber sehr hilfsbereit gezeigt.«
    »So, jetzt auf einmal.«
    »Ich habe es mir überlegt. Ich möchte mein schlechtes Benehmen wiedergutmachen.«
    Sie musterte mich argwöhnisch.
    »Wie du willst«, sagte sie, »aber du wirst dich täuschen, wenn du glaubst, daß ich dir wie ein Gimpel auf den Leim gehe.«
    Das Essen verlief in einer Stimmung, als handelte es sich um eine Trauersitzung. Sie verhielt sich reserviert und gab, wenn überhaupt, nur kurze Antworten, so daß seine Forschheit bald wie ein Krokus unter unerwartetem Schneefall einschrumpfte. Der einzige, der sich gut unterhielt, war ich.
    Ich war es auch, der zum Aufbruch drängte. Ich tat dies um so lieber, als ich sah, wie sehr er die Lust an dem Ausflug verloren hatte.
    »Ich fürchte«, flüsterte sie beim Hinausgehen, »daß wir heute noch ein zweitesmal aneinandergeraten werden.«
    »Bestimmt nicht«, versicherte ich ihr.
    »Und warum nicht?« fragte sie gereizt.
    »Weil ich nicht will.«
    »Soll das etwa heißen, daß du sonst den Streit suchst?«
    »Manchmal ja!«
    »Du bist das widerwärtigste Mannsbild, dem ich je begegnet bin.«
    Statt einer Antwort küßte ich sie auf den Nacken, worauf sie zusammenzuckte, als wäre sie von einer giftigen Viper gebissen worden.
    Der Aufstieg vollzog sich in einer ähnlichen Atmosphäre wie das Mittagessen. Der Fremde schritt voran und trat keuchend die Spur. Isabell ging in der Mitte, und ich bildete die fröhliche Nachhut.
    Als ich zum achtzehntenmal den Triumphmarsch aus Aida gepfiffen hatte, hielt er inne, wandte sich um und fuhr mich an: »Ist dieses Zeug das einzige, was Sie können?«
    »Durchaus nicht«, erwiderte ich freundlich, »aber ich finde die Melodie so passend.«
    »Wie originell«, sagte er wütend.
    Isabell sagte überhaupt nichts.
    Der Rest des Weges war so steil, daß wir ausschließlich mit unseren Lungen beschäftigt waren. Dazu pfiff ein eiskalter Wind, der uns den Schneestaub in die Augen trieb.
    Auf dem Gipfel angekommen, schien es zunächst, als hätte die gemeinsame Anstrengung allen Hader ausgelöscht. Wir putzten uns den Schnee von den Anzügen und marschierten mit zitternden Knien im Kreis, um nicht zu rasch auszukühlen. Man hätte meinen können, wir gehörten im Zeichen des völkerversöhnenden Sports wie drei

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