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Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Georg Kaufmann
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doch ulkig. Findest du nicht auch?«
    »Ja, zum Totlachen.«
    »Ich werde nie vergessen, wie du so plötzlich auf tauchtest — wie ein Maulwurf.«
    Unwillkürlich riskierte ich einen Blick in den Spiegel. Tatsächlich: ich sah aus wie ein Schiffsmaschinist. Gesicht und Haare waren verkleistert. Selbst der funkelnagelneue Anorak hatte etliche Flecken abbekommen. Es war zum Weinen.
    »Du nimmst mir den Spaß doch nicht übel?« fragte sie.
    »Ich bin dir immerhin dankbar, daß du mich nicht zu deinem Vater oder zu deiner Mutter gemacht hast.“
    »Nein«, sagte sie ernsthaft, »das wäre nicht glaubwürdig gewesen.«
    Der Kerl hinter uns wurde langsam gefährlich. Er war dazu übergegangen, abwechselnd bis auf Handbreite aufzuholen und dann unter großem Gekreische schlagartig wieder abzustoppen.
    »Bei Gott«, fluchte ich, »ich hetze ihm die Polizei auf den Hals. Dem passieren wohl noch zu wenig Unfälle.«
    »Sei nicht kleinlich! Wir haben allen Grund, ihm dankbar zu sein.«
    Ich zuckte hämisch die Schultern. »Vielleicht du! Mir hat er nicht den Hof gemacht.«
    »Er hat uns geholfen.«
    »Er hat mich lächerlich gemacht, unter deiner Assistenz. Das hat er.«
    »Schade, daß du ein Sauertopf bist«, sagte sie kühl, indem sie ein paar Zentimeter von mir abrückte. »Ich glaubte, du hättest mehr Sinn für einen Spaß.«
    »Das war kein Spaß, das war eine Schweinerei.«
    Blitzschnell fuhr sie herum.
    »Sag das noch einmal!« schrie sie. »Wage das noch einmal zu sagen!«
    »Es war eine Schweinerei«, wiederholte ich notgedrungenermaßen.
    Daraufhin nahm sie den Ausdruck einer ägyptischen Mumie an und würdigte mich keines Blickes mehr.
    Wir erklommen die ersten Steigungen. Die Straße, verschneit und glatt, wurde von Kilometer zu Kilometer schwieriger. Auch der Fremde hatte seine Kunststücke aufgegeben. Trotzdem dachte ich nicht daran, Schneeketten anzulegen. Ich war von der Idee besessen, meine Wut würde sie ersetzen. Filippo war sachlicher. Er weigerte sich, die Steilstücke mit Gefühlen zu bewältigen. Unwillig hielt ich an und kletterte ins Freie.
    Eine Minute später war auch der Fremde da.
    »Haben Sie schon einmal Schneeketten aufgezogen?« erkundigte er sich.
    »Nein«, erwiderte ich kurz.
    »Dann werde ich Ihnen behilflich sein.«
    »Nicht nötig. Ich habe mein eigenes System, fahren Sie ruhig weiter!«
    Damit hob ich zwei Reservereifen aus dem Gepäckraum, auf die bereits die Ketten montiert waren.
    »Auch eine Lösung«, sagte er, fuhr aber trotzdem nicht weiter.
    Statt dessen machte er sich an Isabell heran, die, ohne von mir Notiz zu nehmen, mit ihm schäkernd die Straße entlangschlenderte. Am liebsten hätte ich ihnen den Wagenheber nachgeworfen, der so verrostet war, daß er ohnehin nicht mehr zum Radwechsel taugte. Ich hätte den Kerl doch lieber beim Auto beschäftigen sollen.
    Inzwischen war die Sonne durch die Wolken gebrochen und beleuchtete eine zauberhafte Winterlandschaft. Meinethalben hätte der Schneesturm die ganzen armseligen Berge hinwegfegen können, einschließlich meiner schweißgebadeten, vor Anstrengung keuchenden Person.
    Urlaub? Flitterwochen? Alles Unsinn! Alles Betrug!
    Schließlich schaffte ich es doch, nicht ohne geschworen zu haben, sofort nach meiner Rückkehr den Autosport aufzugeben.
    »Hoffentlich habt ihr euch gut unterhalten, während ich geschuftet habe?« sagte ich sarkastisch, als wir wieder einstiegen.
    Sie sah starr vor sich hin.
    »Wenn du lieber mit deinem neuen Galan fahren willst, bitte!«
    Sie sagte noch immer nichts.
    »Du weißt, daß ich dir keine Schwierigkeiten mache. Du brauchst nur ein Wort zu sagen.«
    Langsam wandte sie mir ihr Gesicht zu: »Wenn du es wünschst?«
    Ich sah, daß sie nur mit Mühe die Tränen zurückhielt. Trotzdem erwiderte ich kalt: »Ich wünsche es nicht, ich stelle es dir frei. Nun?«
    »Fahr los, du Scheusal«, heulte sie, »ich hasse dich!«
    Befriedigt ließ ich den Motor an. Ich hatte gesiegt, zumindest dachte ich es.
    Es war aber kein Sieg. Es war eine Niederlage, wie sich bereits auf der halben Paßhöhe herausstellte. Ich beging nämlich den Fehler (ich begehe ihn heute noch und werde ihn immer begehen und daher nie siegen), den Sieg zu rechtfertigen.
    »Du mußt mich verstehen«, sagte ich einlenkend. »Aber du hast mich verletzt.«
    »Ich? Dich?«
    »Hattest du es notwendig, mich vor diesem Snob zu verleugnen?«
    »Ich habe aus Taktgefühl gesagt, daß du mein Bruder bist. Es wäre für uns alle peinlich gewesen,

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