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Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Georg Kaufmann
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wenn er die Wahrheit erfahren hätte, nachdem du eine Viertelstunde lang stumm wie ein Fisch unter dem Wagen gelegen bist und ihn die Reparatur durchführen ließest.«
    »Du hast mit ihm geflirtet!«
    »Ich habe verhindert, daß wir auf der Straße liegen bleiben.«
    »Er hat dir imponiert!«
    »Dazu ist er viel zu geschniegelt.«
    »Warum dann also das Ganze?«
    »Das möchte ich eben von dir wissen.«
    »Du wirst doch zugeben —«
    »Ich habe nichts zuzugeben. Du bist mißtrauisch, hartherzig und ein Spielverderber, das ist alles. Außerdem bist du ordinär.«
    Das Ende war, daß ich mich entschuldigte. Ich wußte nicht einmal mehr recht, wofür. Sie nahm die Entschuldigung an und küßte mich. Das war ihre Entschuldigung. Allerdings nannte sie es Vergebung.
    Filippo setzte zum Endspurt an. Nur ein kurzes Stück trennte uns noch von der Paßhöhe und dem Hotel, wo wir unseren Urlaub verbringen wollten. Die Straße war jetzt ganz schmal und stieg steil in den Himmel.
    »Du Gütiger, du Mächtiger, du Großartiger«, feuerte ich Filippo an.
    Und dann, als die Ketten immer hohler rasselten: »Du Elender, du Aas, du verdammte Fehlkonstruktion!«
    Die Wirkung blieb nicht aus. Ich spürte, wie die Reifen griffen und der Motor sein Bewußtsein wiederfand.
    Mein Herz hüpfte voll Freude. Ich sah mich schon an der Theke der Hotelbar stehen und einen Doppelten auf diese sportliche Höchstleistung kippen.
    »Mörderische Straße«, würde der Mixer sagen.
    »Ich habe schon Schlimmeres geschafft«, würde ich antworten und dabei einen großartigen Eindruck machen.
    Hurra! Das breitausladende Dach des Hotels wuchs aus den Wipfeln der Tannen.
    In diesem Augenblick verließ mich Filippo. Langsam rutschte ich zurück, mit dem Heck genau in eine mächtige Baumwurzel.
    Immerhin war es mir gelungen, die Auffahrt so geschickt zu blockieren, daß der Fremde, der ahnungslos um die Kurve schnaufte, vom gleichen Schicksal ereilt wurde.
    Mit rotem Gesicht kam er auf uns zu, nachdem er seinen Wagen mit Steinen und Tannenzweigen gegen ein weiteres Zurückgleiten abgesichert hatte.
    »Was ist denn nun schon wieder los?« fragte er mißmutig.
    »Wir sitzen fest«, bemerkte ich ebenso treffend wie geistreich.
    »Das sehe ich. Motorschaden?«
    »Nein. Zu geringe Belastung. Die Räder greifen trotz der Ketten nicht mehr!«
    »Ich werde anschieben!«
    Das sollte er, das war mir recht. Meine Stimmung besserte sich zusehends.
    Der erste Versuch mißlang, obwohl er hinter mir gewaltig stöhnte.
    »Mehr Gas!« schrie er.
    Ich trat aufs Pedal, daß die Reifen zischten.
    »Aufhören!« brüllte er, »aufhören!«
    Ich kletterte wieder ins Freie. Da stand er und troff von Kopf bis Fuß von Schneematsch und Dreck.
    »Das tut mir schrecklich leid«, sagte ich zufrieden. »Doch wenn es trocken ist, fällt es von selbst wieder ab.«
    »Danke!«
    »Bitte!«
    »Sie werden schaufeln müssen!«
    »Das denke ich auch.«
    »Warum tun Sie es dann nicht?«
    »Weil ich keine Schaufel habe.«
    »O Sie — na ja!«
    Verwünschungen murmelnd, stapfte er zu seinem Wagen zurück.
    »Schämst du dich nicht?« flüsterte mir Isabell zu, die wortlos die Szene beobachtet hatte.
    »Nicht im geringsten.«
    Der Fremde, der Schaufel, Sandsack und Keilhölzer geholt hatte, enthob sie einer Antwort.
    Ohne aufgefordert worden zu sein, ging er ans Werk. Er tat, als ob ich überhaupt nicht vorhanden wäre, während er ihr mit betonter Liebenswürdigkeit jeden Handgriff auseinandersetzte. Dieses Vergnügen gönnte ich ihm.
    »Fertig!« erklärte er schließlich schwitzend. »Jetzt muß es klappen. Ihr Bruder soll in Gottes Namen fahren und wir beide setzen uns in den Gepäckraum, damit der elende Karren schwerer wird.«
    Nun ging es wunderbar. Drei Minuten später hielten wir in der strahlenden Mittagssonne vor dem Hotel.
    Nach einer galanten Verbeugung vor ihr und einem verächtlichen Blick in meine Richtung ging er zurück, um sein eigenes Auto zu holen.
    Ich sah ihm gelassen nach.
    »Weißt du«, fragte Isabell neben mir, und ihre Stimme klang gepreßt, »was ich in deinem Gepäckraum gefunden und noch rechtzeitig versteckt habe?«
    »Nun was?«
    »Eine Schaufel, einen Sandsack und Keilhölzer!«

7

    Ich lümmelte träge im Fenster, während die Glocke der Bergkapelle dünn und gebrechlich den Mittag einläutete. Isabell rumorte im Hintergrund und war mit der Emsigkeit einer noch wenig strapazierten Hausfrau damit beschäftigt, aus dem Kunterbunt meines Koffers geometrisch

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