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Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Georg Kaufmann
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der Sprache, die sich einem erst nach entsprechender Praxis erschließen.«
    »So! Und wie heißt dann kalt auf italienisch?«
    Ich dachte verzweifelt nach. Glücklicherweise fiel es mir ein.
    »Freddo!« sagte ich stolz.
    Mit einemmal war sie voll Mißtrauen.
    »Wie kommt es«, fragte sie, »daß hier in der Bildunterschrift acqua calda steht und du bei deiner Übersetzung kein Wort von einem Wasser gesagt hast, weder von einem kalten noch von einem warmen?«
    Betretenes Schweigen.
    »Nun?«
    »Das Wasser«, sagte ich unsicher, der ich die Bildunterschrift vorhin gar nicht erst zu übersetzen versucht hatte, »das Wasser ist in diesem Zusammenhang völlig bedeutungslos.«
    Darauf erwiderte sie nichts. Aber sie war auch nicht mehr voll Hochachtung.
    Hatte ich dabei immerhin noch halbwegs mein Gesicht gewahrt, so gestaltete sich mein nächster Auftritt zu einer einwandfreien Pleite. Ich wurde das Opfer meiner eigenen Ähnlichkeitstheorie, als ich mich im Hotel auf ein gabinetto mit zwei Betten versteifte, obwohl mir der Hotelier dringend davon abriet.
    »Gabinetto, ein Kabinett mit zwei Betten«, wiederholte ich und war fest entschlossen, nicht locker zu lassen.
    »Oh, signore, non gabinetto a due letti! No, no! Soltanto camera a due letti! Soltantocamera!«
    »Camera?« sagte ich herablassend, »eine Kammer? Meinetwegen, dann soll es eben eine camera sein.«
    Der Mann strahlte über das ganze Gesicht: »Si, signore, camera a due letti — mit zwei Betten!«
    Isabell fand wenig später heraus, daß gabinetto das Wasserklosett bedeutete. Ein Wasserklosett mit zwei Betten gab es verständlicherweise in ganz Florenz nicht.
    »Das sind eben die Feinheiten einer Sprache, die sich einem erst nach entsprechender Praxis erschließen«, war das einzige, was sie darauf sagte.
    Mein dritter Streich war nicht minder schlimm. In dem dumpfen Gefühl, die Scharte möglichst schnell auswetzen zu müssen, betrat ich eine panificio, eine Bäckerei, um vier Semmeln als Wegzehrung zu kaufen.
    »Quattro bambini!« rief ich inmitten einer Schar palavernder Hausfrauen und knallte herausfordernd einen Tausend-Lire-Schein auf den Verkaufstisch.
    »Quattro bambini?«
    Lähmendes Entsetzen im Raum.
    »Si, si. Quattro bambini, vier Semmeln, vier Brötchen!«
    Das homerische Gelächter, das nun ausbrach, ist unbeschreiblich.
    »Quattro bambini«, riefen die Signoras.
    »Quattro bambini«, schrie die Verkäuferin und fiel vornüber auf das Pult.
    Eine würdige Signora, die ein wenig deutsch konnte, erbarmte sich meiner.
    »Keine bambini, signore«, sagte sie freundlich. »Panini, quattro panini! Bambini sind kleine Kinder. Italienische Frauen lieben Kinder, nicht verkaufen in panificio.«
    Vernichtet trat ich auf die Straße.
    »Ich sehe jetzt ein«, sagte Isabell, »daß es höchste Zeit war, deine Italienisch-Kenntnisse aufzufrischen.«
    Ich nickte ergeben.
    »Es ist aber auch höchste Zeit, dafür zu sorgen, daß wenigstens deine Versprechungen von den Schuhen, Handtaschen und Schmucksachen in Erfüllung gehen.«
    Sie gingen in Erfüllung. Als wir Florenz verließen, war ich ein armer Mann.
    In Siena erwachte ich zu neuem Leben. Isabell, die Landkarte auf den Knien, hatte die Aufgabe übernommen, Filippo mit präzisen Richtungsangaben durch den Ort zu schleusen. Bisher war dies relativ gut gelungen, obwohl ich den Verdacht nicht los wurde, sie betrachte im Vorüberfahren mehr die Geschäfte als die Wegweiser.
    Siena lieferte den Beweis dafür. Sie lotste uns in eine völlig falsche Richtung und behauptete noch nach dreißig Kilometern, auf der richtigen Straße zu sein. Erst als die Straße, die längst keine Straße mehr gewesen war, in ein trockenes Flußbett mündete, räumte sie die Möglichkeit eines Irrtums ein.
    Nun waren die Italiener schuld, dieses »total unsinnige« Volk, das nicht einmal imstande war, die Straßenschilder übersichtlich anzubringen. Als ich das »total unsinnig« von den Italienern etwas auf ihre eigene Person verschoben wissen wollte, fiel sie über mich her. Wieder in Siena angekommen, hatte sie mich mit einer solchen Menge von Beschimpfungen und Verdächtigungen belegt, daß jeder Richter unsere Ehe ohne Zaudern geschieden hätte.
    Dann geschah, was weder sie noch ich für möglich gehalten hätten: wir verließen die Stadt zum zweitenmal in der falschen Richtung.
    »Was regst du dich auf«, erklärte sie lakonisch. »Hast du nicht selbst einmal gesagt, daß nach einem alten Sprichwort alle Wege nach Rom

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