Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Georg Kaufmann
Vom Netzwerk:
führen?«
    Doch Hader und Mißmut währen nicht lange unter der südlichen Sonne. Als wir über die Via Flaminia in Rom einfuhren, war alles verziehen und vergessen. Wir hätten die Ewige Stadt in schönstem Seelenfrieden genießen können, wenn uns nicht ein neues Mißgeschick zugestoßen wäre.
    Sichtlich erhoben von einem Besuch des Vatikans, betrachtete ich versonnen die Trümmer des Forum Romanum — Isabell fotografierte auf der anderen Straßenseite die ehrwürdigsten davon —, als der Chefredakteur vor mir stand.
    »Oh«, sagte er.
    »Ah«, sagte ich.
    Dann sagten wir beide eine Weile gar nichts. Ich wechselte meinen Standpunkt, um ihm die Aussicht in Richtung Isabell wenigstens einigermaßen zu verstellen.
    »Was für ein komischer Zufall«, nahm er wieder das Wort.
    »Sehr komisch«, bekräftigte ich.
    »Das italienische Außenamt hat mich zu einer Stippvisite eingeladen«, fuhr er fort, während er interessiert die Damenhandtasche musterte, die ich mir von Isabell unglücklicherweise hatte aufhalsen lassen. »Ich fliege leider abends wieder zurück.«
    »Oh«, bedauerte ich.
    »Ah«, bedauerte er.
    Dann sagten wir wieder eine Weile nichts.
    »Sie sind in Begleitung?« forschte er.
    »Nein — das heißt — ich weiß nicht, wie ich mich ausdriicken soll — Sie glauben vielleicht —«
    Mit einemmal begannen wir beide zu lachen. Wir lachten so herzlich, daß sich die Passanten nach uns umdrehten. Am herzlichsten und lautesten lachte ich. Ich konnte mich gar nicht beruhigen vor Heiterkeit.
    »Warum treten Sie ständig von einem Bein auf das andere?« fragte er, »Sie sind doch nicht etwa krank?«
    Mit einem verstohlenen Blick hinüber zum Forum Romanum — hoffentlich fand sie noch viele dieser Ruinen zum Fotografieren — beeilte ich mich zu versichern, daß ich mich im Gegenteil überaus wohl fühle. Meinen Worten zufolge hatte ich mich überhaupt noch nie so wohl gefühlt wie jetzt.
    Jäh wurde er todernst.
    »Ich muß weiter«, sagte er mit einem Blick auf die Uhr. »In einer halben Stunde beginnt der Empfang im Quirinal.«
    Ich bedauerte dies zutiefst.
    »Amüsieren Sie sich gut, mein Sohn«, meinte er zum Abschied. »Und kommen Sie heil zurück!«
    Dann, als er sich schon einige Schritte entfernt hatte, drehte er sich noch einmal um.
    »Beinahe hätte ich es vergessen«, rief er, »herzlichen Dank für Ihre Karte aus Stuttgart!«
    Stuttgart!
    Isabell rüttelte mich an den Schultern: »Schläfst du mit offenen Augen?«
    »Wie?«
    »Ich habe den Namen des alten Römers vergessen, der seine rechte Hand in das Feuer steckte. Wie heißt er doch bloß?«
    Ich brach aus wie ein Vulkan: »Dieser Idiot! Oh, dieser...«
    »Der Mucius Scävola? — Siehst du, jetzt ist mir der Name von selbst eingefallen.«
    »Mein Freund in Stuttgart«, schrie ich aufgebracht. »Mein Freund, der mein Freund gewesen ist.«
    »Ist dir nicht gut?« fragte sie besorgt.
    »Nein, ganz und gar nicht«, tobte ich. »Ich fühle mich entsetzlich. Und schuld daran ist dieses geistig unterentwickelte Subjekt!«
    »Wir wollen einen Schluck trinken«, sagte sie besänftigend und faßte mich wie ein kleines Kind an der Hand, »das wird dir guttun.«
    Auf dem Weg in die Bar erklärte ich ihr, was vorgefallen war.
    »Wie schade«, sagte sie, »daß ich nicht in die Szene hineingeplatzt bin.«
    »Das bedauerst du?« entrüstete ich mich, »und ich tanze vor dem Kerl wie ein Medizinmann auf und ab, nur um dir die Schmach des Entdecktwerdens zu ersparen.«
    »Was heißt Schmach? Ich finde das Ganze einfach köstlich.«
    »Dabei bin ich nicht einmal überzeugt, daß er dich nicht doch gesehen hat. Ich fürchte, er ahnt alles.«
    »Du bist ein Hasenfuß«, sagte sie wegwerfend, »andere Männer wären glücklich, mit mir ertappt zu werden.«
    »Das wäre ich als Junggeselle auch gewesen.«
    Wenig später kabelte ich nach Stuttgart: »Schafskopf. Stop. Offenbar vereinbartes Datum vergessen. Stop. Karten zu früh losgelassen. Stop. Freundschaft im Eimer. Stop.«

14

    Ein kluger Mann soll einmal gesagt haben, daß man in Neapel leichter lebe als irgendwo anders in der Welt. Er hatte recht. Schon auf der Höhe von Gaeta spürt man, wie sich der Akzent des Lebens nach der heiteren Seite hin zu verschieben beginnt. Aller Ballast, der uns daheim bedrückt, alles, was jenseits des Apennins Zentnergewicht besitzt, wird federleicht. So leicht, daß man es mit dem Finger wegschnippen kann.
    Wichtig sind eigentlich nur Dinge wie Liebe, Makkaroni und ein Glas

Weitere Kostenlose Bücher