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Hochzeit des Lichts (German Edition)

Hochzeit des Lichts (German Edition)

Titel: Hochzeit des Lichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Camus
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zwischen der Unsterblichkeit und der heimatlichen Erde wählen. Er wählt die Erde und mit ihr den Tod. Eine so einfache Größe ist uns heute fremd. Andere werden sagen, wir hätten keine Demut. Doch dieses Wort ist im Grunde doppelsinnig. Ähnlich jenen Narren Dostojewskijs, die sich über alles rühmen, zu den Sternen steigen und schließlich ihre Schande am erstbesten öffentlichen Ort preisgeben, so fehlt uns der Stolz des Menschen, der nichts anderes ist als Treue zu seinen Grenzen, hellsichtige Liebe zu seiner Bedingung.
    »Ich hasse meine Epoche«, schrieb Saint-Exupéry vor seinem Tod, aus Gründen, die sich nicht sehr von meinen Ausführungen unterscheiden. So erschütternd dieser Schrei dessen ist, der die Menschen in dem, was sie Wunderbares haben, liebte, sind wir doch nicht dafür verantwortlich. Wie groß ist doch in manchen Stunden die Versuchung, sich von dieser düsteren und abgezehrten Welt zu wenden! Aber es ist unsre Epoche, und wir können nicht leben, indem wir uns selbst hassen. Sie ist nur durch das Übermaß ihrer Tugenden und durch die Größe ihrer Fehler so tief gesunken. Wir wollen für jene Tugend und jenes Gut kämpfen, die von Weitem kommen. Welche? Die Pferde des Patroklus beweinen ihren toten Herrn. Alles ist verloren. Doch der Kampf beginnt von Neuem mit Achilles, und am Ende davon steht der Sieg, weil die Freundschaft gemordet wurde: Die Freundschaft ist ein solches Gut.
    Das Erkennen der Unwissenheit, das Verneinen des Fanatismus, die Grenzen der Welt und des Menschen, das geliebte Antlitz, die Schönheit endlich, dies ist der Ort, wo wir die Griechen wieder erreichen werden. Auf eine gewisse Art ist der Sinn der Geschichte von morgen anders, als man glaubt. Er besteht im Kampf zwischen der Schöpfung und der Inquisition. Trotz des Preises, den die Künstler mit ihren leeren Händen werden bezahlen müssen, dürfen wir auf den Sieg hoffen. Wieder einmal wird sich die Philosophie des Dunkels verflüchtigen über dem strahlend hellen Meer. O Gedanke des Mittags, der Trojanische Krieg findet fern von den Schlachtfeldern statt. Auch dieses Mal werden die schrecklichen Mauern der modernen Stadt fallen, um »mit heiterer Seele wie die Stille des Meeres« Helenas Schönheit auszuliefern.

Das Rätsel
    Vom Scheitel des Himmels herniederfallend, werden die Fluten des Sonnenlichts hart von der Landschaft um uns her zurückgeworfen. Alles schweigt vor diesem Getöse, und der Luberon, dort drüben, ist nur noch ein ungeheurer Block des Schweigens, dem ich unablässig zuhöre. Ich lausche, von ferne eilt es zu mir, unsichtbare Freunde rufen mich, meine Freude wächst, dieselbe wie vor Jahren. Von Neuem hilft mir ein glückhaftes Geheimnis, alles zu verstehen.
    Wo ist die Sinnlosigkeit der Welt? Ist es dieses glänzende Strahlen oder die Erinnerung an sein Fehlen? Wie konnte ich mit so viel Sonne im Gedächtnis über den Widersinn wetten? Man wundert sich darüber rund um mich herum; auch ich wundere mich manchmal. Ich könnte antworten, und mir antworten, dass ebendiese Sonne mir half und dass ihr Licht durch seine Dichte und Intensität das Universum mit seinen Formen zu einer dunklen Verblendung gerinnen lässt. Man kann das auch anders sagen, und ich möchte, angesichts dieser weißen und schwarzen Klarheit, die für mich immer diejenige der Wahrheit bedeutet, mich ganz einfach über diese Absurdität ausdrücken, die ich allzu gut kenne, als dass ich es ertragen könnte, wenn man über sie nur oberflächlich spricht. Davon zu sprechen, wird uns übrigens wieder zur Sonne führen.
    Kein Mensch kann sagen, was er ist. Doch vermag er manchmal zu sagen, was er nicht ist. Man will, dass der noch Suchende schon gefunden habe. Tausend Stimmen verkünden ihm schon, was er gefunden hat, und doch weiß er, dass es nicht das Richtige ist. Suchen und die andern reden lassen? Sicherlich. Aber man muss sich ab und zu wehren. Ich weiß nicht, was ich suche, ich nenne es mit Vorsicht, ich widerrufe, wiederhole mich, ich dringe vor und weiche zurück. Man zwingt mich jedoch, Namen zu nennen, oder den Namen, ein für alle Mal. Dann ereifere ich mich; ist das Genannte nicht schon verloren? Das ist’s, was ich zu sagen versuchen kann.
     
    Wenn ich einem meiner Freunde glauben soll, hat ein Mann immer zwei Charaktere, den seinen und jenen, den ihm seine Frau zuschreibt. Ersetzen wir Frau durch Gesellschaft, und wir verstehen, dass eine Formel, die ein Schriftsteller einmal für den ganzen Zusammenhang eines

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