Hochzeit im Herbst
Ihnen auf den Füßen rumzustehen. Stecken Sie mich einfach in ein kleines Zimmer oben in Ihrer Mansarde, wenn es so weit ist. Mehr brauche ich nicht. Ich werde mich um meine Angelegenheiten kümmern und Sie in Ruhe lassen.”
Shane setzte zu einer Erwiderung an, doch als ihr ein leiser, erstickter Schrei entfuhr, wandte er sich ihr erstaunt zu. Sie saß kerzengerade in ihrem Sitz. „Was ist denn los?”
Es gelang ihr kaum, den Kopf zu schütteln, so überrascht war sie über den Anblick, der sich ihr bot. Einen Moment lang hatte sie das Gefühl, das alles schon einmal erlebt zu haben. Die Hügel beiderseits der Straße stiegen sanft an, und zwischen dem saftig grünen Gras ragten silberne Felsnasen empor. Die hohen Berge im Hintergrund zeichneten sich als purpurfarbene Silhouetten gegen den diesigen Horizont ab. Weiter vorn lag ein goldenes Kornfeld, an dessen äußerstem Rand sich dunkel und geheimnisvoll der Wald erstreckte. Auf einer Böschung grasten schwarz-weiße Kühe. Ein Bild wie aus dem Bilderbuch.
„Es ist wunderschön hier”, sagte sie leise. „Fast zu schön, um wahr zu sein.”
„Danke. Das ist das MacKade-Land.” Während Shane das Tempo ein wenig drosselte, fühlte er plötzlich einen fast unbändigen Stolz in sich aufsteigen. MacKade-Land. Sein Land. „Um diese Jahreszeit kann man das Haus von hier aus nicht sehen. Das Laubwerk ist zu dicht.”
Sie blickte auf die von Bäumen gesäumte Schotterstraße vor sich, die in einiger Entfernung nach links abzweigte. Plötzlich klopfte ihr Herz schneller, und sie wusste nicht, warum.
Hierher würde sie zurückkehren. Und sie würde hierbleiben, bis sie die Antworten auf all die Fragen gefunden hatte, die sie bewegten.
Rebecca holte tief Luft. „Wie weit ist es von hier bis zur Stadt?”
„Nur noch ein paar Meilen.” Als er sie jetzt ansah, nahmen seine Augen einen Ausdruck von Besorgnis an. Sie war auf einmal ganz blass geworden. „Ist mit Ihnen alles in Ordnung?”
„Oh ja, danke.” Aber sie öffnete dennoch das Fenster und sog die warme Sommerluft tief in die Lungen. „Mir geht es gut.”
2. KAPITEL
R egan beobachtete durchs Schaufenster, wie der Track hinter der Kurve hielt. Ein Kind an der Hand, das andere auf dem Arm, eilte sie freudig erregt nach draußen.
„Dr. Knight.”
„Mrs. MacKade.” Rebecca kletterte schnell aus dem Track und umarmte die Freundin voller Wärme und Herzlichkeit.
Shane registrierte, dass die Kühle und Professionalität, die sie die ganze Zeit über ausgestrahlt hatte, schlagartig verschwunden waren, und er hatte Mühe, sich ein Lächeln zu verkneifen, während er die beiden Frauen bei ihrer Begrüßungszeremonie beobachtete.
„Oh Regan, ich habe dich so vermisst. Wenn du wüsstest, wie sehr ich dich vermisst habe”, sagte Rebecca ein ums andere Mal mit Freudentränen in den Augen. „Ach, und diese süßen Babys. Wie hast du das bloß geschafft?”
Jetzt ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Vor Regan brauchte sie sich ihrer Gefühle nicht zu schämen. Schniefend streichelte sie Nates Wange und fuhr dann mit dem ausgestreckten Zeigefinger dem Baby über den samtweichen Haarflaum.
„Da sieht man sich ein paar Jahre nicht, und gleich heiratest du und wirst Mutter von zwei Kindern.”
Nate, der keine Scheu vor Fremden kannte, machte auf sich aufmerksam.
„Du siehst bestimmt aus wie dein Daddy”, sagte Rebecca.
„Daddy”, stimmte Nate zu. „Ball spielen. Shane, hoppe hoppe Reiter!” Er hüpfte auf und nieder wie ein Gummiball.
„Ich hab schon befürchtet, du kennst deinen Onkel nicht mehr.” Shane lachte und setzte sich den Dreijährigen auf die Schultern. Nate krähte laut und vergnügt.
„Ich bin froh, dass ihr beide euch gefunden habt. Tut mir leid, dass ich nicht selbst kommen konnte, Rebecca.”
„Ich sehe doch, dass du alle Hände voll zu tun hast”, erwiderte Rebecca.
„Und dein Schwager hat sich wirklich bestens bewährt.” Sie lächelte Shane zu. „Alles in allem.”
„Du bist bestimmt sehr müde. Komm doch mit rein, ich wollte den Laden gerade schließen. Shane, leiste uns doch einfach auch noch einen Moment Gesellschaft.”
„Ich muss gleich wieder zurück, aber trotzdem vielen Dank, Regan. Runter mit dir, Nate.” Nachdem er den Jungen von der Schulter genommen hatte, wirbelte er ihn noch ein paarmal im Kreis herum und stieß ein lautes Bellen aus, was Nate so zum Kreischen brachte, dass er einen Schluckauf bekam.
Regan nahm Shane ihren Sohn ab und
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