Hochzeit im Herbst
sowie der Duft nach Zimt und Äpfeln. Und die brennenden Holzscheite im Herd knisterten anheimelnd. Al diese Dinge machten aus diesem Haus ein Zuhause. Obwohl …
Plötzlich fröstelte Rebecca, die Augen noch immer geschlossen, den Körper angespannt. Wie kam sie auf Bratenduft? In der Backröhre war kein Braten, wie konnte sie ihn dann riechen? Und im Herd brannte doch auch überhaupt kein Feuer, woher kam also das anheimelnde Knistern?
Langsam öffnete sie die Augen. Der Raum schwankte leicht und begann vor ihren Augen zu verschwimmen: ein gusseiserner Küchenherd, in dem ein Feuer lichterloh brannte, das Fenster war weit geöffnet, Sonnenstrahlen fielen herein, und auf dem Fensterbrett stand ein frisch gebackener Apfelkuchen zum Auskühlen.
Sie blinzelte, dann war das Bild verschwunden. Jetzt sah sie nur noch blitzende Kacheln und Holz, hörte das leise Summen des Kühlschranks.
Nur die Gerüche blieben. Wie ein Echo glaubte sie das leise Weinen eines Babys zu vernehmen.
„Okay, Rebecca”, flüsterte sie mit bebenden Lippen vor sich hin. „Du wolltest es so. Scheint so, als hättest du eben genau das bekommen, was du dir gewünscht hast.”
Sie stand auf und eilte ins Wohnzimmer, wo ihre Videokamera und zahlreiche andere Geräte zwischen den gemütlichen Sesseln, dem Schaukelstuhl und den Bücherregalen herumstanden. Einen Temperatursturz hatte ihr Messgerät nicht registriert, aber sie spürte die starke elektrische Aufladung der Atmosphäre. Dazu brauchte sie kein Messgerät. Ein Schauder überlief sie.
Sie war nicht allein.
Das Baby weinte. Eine Hand auf ihren Mund gepresst, starrte sie auf ihren Rekorder. Ob das leise Weinen hörbar sein würde, wenn sie das Band zurückspulte und es abspielte? Oben wurde eine der Schlafzimmertüren behutsam geschlossen. Dann hörte sie, wie die Wiege hin- und hergeschaukelt wurde. Das Weinen verstummte mit einem Mal.
Jemand wiegt das Baby in den Schlaf, dachte sie. Es wurde beschützt und geliebt. Beschützt und geliebt, wie auch sie sich hier in diesem Haus fühlte.
Erst nachdem alles wieder ruhig geworden war, ging sie an ihren Computer und begann, die Ereignisse sorgfältig zu protokollieren.
Es war fast Mitternacht, als Shane nach Hause kam und Rebecca genau dort vorfand, wo er sie verlassen hatte. Sein Zorn war verraucht.
Zwar hatte keiner seiner Brüder ihm den Gefallen getan, sich auf einen Boxkampf mit ihm einzulassen, doch Devin war es immerhin gelungen, ihm seine schlechte Laune zu nehmen.
Als er allerdings jetzt Rebecca mit zerzausten Haaren und halb von der Nase heruntergerutschter Brille vergnügt vor ihrem Laptop sitzen sah, hatte er die schlimmsten Befürchtungen, dass seine schlechte Laune zurückkehren könnte.
„Willst du nicht endlich Schluss machen? Es ist schon sehr spät.”
„Ich bin zwanghaft besessen. Hi.”
„Hi.” Als er auf ihre geröteten Wangen und das Lächeln, das ihre Mundwinkel umspielte, aufmerksam wurde, zog er die Augenbrauen zusammen. „Was treibst du denn?”
„Nichts. Ich habe nur ein bisschen mit den Geistern gespielt. Sie sind sehr nett.”
Er trat näher. Neben ihrem Computer stand eine fast leere Flasche Wein. Und ein halb volles Glas. Er schenkte ihr einen zweiten Blick und lachte dann laut heraus.
„Sie sind abgefüllt, Dr. Knight.”
„Falls du damit zum Ausdruck bringen willst, dass ich betrunken bin, kann ich nicht umhin, deiner Diagnose zuzustimmen. Ich bin sehr, sehr betrunken.”
Sie hob das Glas und schaffte es, daran zu nippen, ohne etwas zu verschütten. „Ich weiß auch nicht, was passiert ist. Vielleicht hab ich deshalb ein bisschen viel getrunken.”
Sie lächelte … beschwipst. Mehr als beschwipst. Die Tatsache, dass es ganz offensichtlich auch ihr nicht in jeder Situation gelang, die Kontrolle zu behalten und alles rein wissenschaftlich anzugehen, erfüllte ihn mit tiefer Befriedigung.
„Genau das wollte ich.” Er legte ihr einen Finger unters Kinn und hob sanft ihren Kopf. „Hast du denn etwas gegessen?”
„Wie denn? Ich kann doch nicht kochen.” Das fand sie dermaßen lustig, dass sie sich ausschüttete vor Lachen.
Es war unmöglich, ihr böse zu sein. Sie sah so süß aus. Er nahm ihr die Brille ab und legte sie auf den Tisch. „Lass uns raufgehen, Baby.”
„Willst du mich denn vorher nicht wenigstens mal küssen?” Nach diesen Worten rutschte sie langsam vom Stuhl und sank zu Boden.
Shane fluchte leise und bückte sich, um sie aufzuheben. Auch wenn sie wesentlich
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