Hochzeit im Herbst
legte ihr die Hand unters Kinn, sodass sie gezwungen war, ihm in die Augen zu sehen. „Frannie kam vorbei, um mich zu fragen, ob ich nicht Lust hätte, heute Abend mit ihr ein Bier trinken zu gehen. Ich habe nein gesagt. Sie wollte wissen, ob wir beide, du und ich, eine Beziehung hätten. Ich sagte ,Ja, eine sehr heftige Beziehung sogar’.
Dann haben wir uns noch einen Moment unterhalten, bis sie sich schließlich verabschiedete. Das war’s. Zufrieden?”
Ihr Herzschlag hatte sich beschleunigt, doch ihre Stimme klang kühl und sachlich. „Habe ich dir den Eindruck vermittelt, dass ich unzufrieden bin?”
Seine Augen blitzten gefährlich. Rebecca empfand angesichts seiner Reaktion eine tiefe Befriedigung. Und der Fluch, der ihm über die Lippen kam, ehe er sich umdrehte und davonging, befriedigte sie nicht minder.
Gut gemacht, Dr. Knight, lobte sie sich selbst. Es war schwer vorstellbar, dass Shane in allernächster Zeit große Lust verspüren würde, eine andere Frau zu küssen. Vergnügt vor sich hin summend, schlenderte sie ins Haus.
Du musst heute unbedingt noch was tun, dachte sie, als sie in der Küche an ihrem Computer vorüberging. Doch erst wollte sie sich noch einen Augenblick Ruhe gönnen und ihren Triumph voll und ganz auskosten.
Der arme Junge war ja so berechenbar. Er zeigte ganz klassische Reaktionen. Der Gedanke, dass etwas von ihm, und sei es noch so harmlos, falsch interpretiert werden könnte, versetzte ihn in Alarmbereitschaft. Hinzu kam, dass der Ruf des Herzensbrechers schwer auf seinen Schultern lastete. Herzensbrecher, nicht Frauenheld. Eines Tages würde sie ihm vielleicht den feinen Unterschied erklären zwischen einem Mann, der die Frauen liebte, und einem, der sie lediglich benutzte.
Von ihrer rationalen Reaktion hatte er sich offensichtlich stark verunsichert gefühlt. Sie war ein direkter Anschlag auf sein männliches Ego gewesen.
Wirklich höchst interessant, was zwischen Männern und Frauen so al es ablief.
Vielleicht sollte sie irgendwann einmal etwas darüber schreiben. Sie ging zum Fenster. Dafür musste sie jedoch erst einmal den richtigen Abstand haben. Und bis dahin jedoch würde sie nicht nur wissen, wie es war, sich zu verlieben und zu lieben, sondern auch, wie man sich fühlte, wenn man diese Liebe wieder verlor.
Eines Tages würde sie vielleicht den Mut aufbringen, ihn zu fragen, was sie ihm bedeutet und wie er ihre gemeinsame Zeit empfunden hatte. Ja, dachte sie, belustigt über sich selbst. In einem Jahrzehnt vielleicht oder auch erst in zweien.
Noch immer in Hochstimmung, beschloss sie, sich an eine Aufgabe heranzuwagen, die ihr nicht zu bewältigen erschien. Sie würde heute ihr Abendessen selbst zubereiten. Vielleicht gelang es ihr ja, noch ein paar zusätzliche Lorbeeren einzuheimsen.
So schwierig konnte es schließlich nicht sein. Immerhin hatte sie in ihrer Handtasche das Rezept, nach dem Regan ein Brathähnchen zubereitete.
Nachdem sie den zusammengeknüllten Zettel aus ihrer Tasche genommen hatte, steckte sie sich als Schürzenersatz ein Geschirrtuch in den Hosenbund. Dann machte sie sich frohgemut an die Arbeit.
Kochen hat tatsächlich etwas Beruhigendes, sinnierte sie, während sie das Hähnchen würzte. Zumindest rein oberflächlich betrachtet. Doch wenn man es Tag für Tag nach einem anstrengenden Arbeitstag machen musste, sah die Sache wahrscheinlich ganz anders aus.
Als Hobby jedoch hatte es durchaus etwas für sich. Vorausgesetzt, man übertrieb es nicht in der Weise, dass man, wie viele ihrer Geschlechtsgenossinnen, eine Berufung daraus machte, hielt sie es nicht für ausgeschlossen, dass man sich damit anfreunden könnte. Die Wissenschaft war schließlich nicht alles auf der Welt.
Nachdem sie das Hähnchen in heißem Ol angebraten hatte, trat sie stolz einen Schritt zurück und gratulierte sich selbst. Es roch gut, es sah gut aus.
Demzufolge musste es auch gut schmecken.
Shane würde Augen machen, wenn er zurückkommen und eine warme Mahlzeit vorfinden würde.
Melkzeit, dachte sie und stach mit der Gabel in die knusprige Kruste. Es wurde schon merklich früher dunkel, der Winter stand vor der Tür …
Ob sie den Schein der Lagerfeuer sehen würde, wenn sie aus dem Fenster schaute? Die Soldaten waren ganz nah und warteten auf den Beginn der Schlacht.
Sie wünschte sich, John würde endlich heimkommen, damit sie das Haus abschließen konnte. Sie sagte sich, dass sie keine Angst zu haben brauchte. Hier waren sie sicher. Sie mussten
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